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10.11.2010
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

FG München: Streit um Fahrzeitersparnis bei der Entfernungspauschale

Sachverhalt

Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung gab der Arbeitnehmer bei den Werbungskosten zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die einfache Entfernung zwischen seiner Wohnung und seiner Arbeitsstätte mit 41 km an. Der Arbeitnehmer fuhr auch tatsächlich täglich 41 km von seinem Wohnort zu seiner Arbeitsstätte. Hierbei handelte es sich nicht um die kürzeste, sondern um die zeitlich günstigste Straßenverbindung. Das Finanzamt berücksichtige im Einkommensteuerbescheid abweichend die einfache Entfernung lediglich mit 33 km als der kürzesten Wegstrecke. Der Einspruch des Arbeitnehmers gegen seinen Einkommensteuerbescheid blieb erfolglos. Daraufhin legte er Klage beim Finanzgericht München ein und beantragte die Berücksichtigung von 41 km im Rahmen der Entfernungspauschale. Zur Begründung seiner Klage verwies der Arbeitnehmer auf das BMF-Schreiben vom 1. Dezember 2006, wonach eine von der kürzesten Straßenverbindung abweichende Strecke verkehrsgünstiger sei, wenn der Arbeitnehmer die regelmäßige Arbeitsstätte in der Regel schneller und pünktlicher erreicht. Auf die Höhe der Zeitersparnis komme es dabei nicht an. Ist die verkehrsgünstigere Straßenverbindung länger als die kürzeste Straßenverbindung, so ist die längere Strecke als Entfernungspauschale zu gewähren.

Entscheidung

Die Klage war nicht erfolgreich. Das Finanzgericht München vertritt wie das Finanzamt die Auffassung, dass für die Berechnung der Entfernungspauschale die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte maßgebend sei; eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt wird.

Für die Frage, wann eine Straßenverbindung offensichtlich verkehrsgünstiger ist, ist nach Auffassung des Finanzgerichts weiterhin das BFH-Urteil vom 10. Oktober 1975 heranzuziehen. Danach kann nach Auslegung des BFH eine längere Strecke als die kürzeste Straßenverbindung bei der Berechnung der Entfernungspauschale zugrunde gelegt werden, wenn der Arbeitnehmer auf diese Weise die Arbeitsstätte trotz gelegentlicher Verkehrsstörungen in der Regel schneller und pünktlicher erreicht. Zum Umfang einer Zeitersparnis durch die Wahl einer anderen als der kürzesten Straßenverbindung hat sich der BFH in dem Urteil vom 10. Oktober 1975 nicht ausdrücklich geäußert. Er hat jedoch darauf abgestellt, welche Straßenverbindung im Rahmen des Zumutbaren für den Steuerpflichtigen benutzbar sei. Im Urteilsfall verkürzte sich die Fahrzeit zur Arbeitsstätte um 20 bis 30 Minuten trotz einer um 7 km längeren Fahrtstrecke gegenüber der kürzesten Verbindung. Das Finanzgericht München kommt daher zu dem Entschluss, dass eine offensichtlich verkehrsgünstigere Strecke nach Auffassung des BFH dann vorliegt, wenn sich die Fahrzeit zur Arbeitsstätte bei Nutzung einer längeren Straßenverbindung um mindestens 20 bis 30 Minuten verkürzt.

Im vom Finanzgericht München zu beurteilenden Fall betrug die Fahrzeitersparnis ca. fünf Minuten. Daher handelt es sich nach Auffassung des Finanzgerichts nur um eine unwesentliche Zeitersparnis, die nicht dazu führt, dass eine gegenüber der kürzesten Straßenverbindung tatsächlich benutzte längere Strecke bei der Entfernungspauschale zugrunde gelegt werden kann. Hierfür ist nach dem Urteil des BFH vom 10. Oktober 1975 mindestens eine Zeitersparnis von 20 bis 30 Minuten erforderlich. Auch die Tatsache, dass die Strecke vom Arbeitnehmer als angenehmer und stressfreier empfunden wird, spielt für die Beurteilung der Frage, ob es sich um eine offensichtlich verkehrsgünstigere Strecke handelt, keine Rolle

Anhängiges Revisionsverfahren beim BFH

Die Revision wurde erst vom BFH zugelassen, nachdem der Arbeitnehmer Nichtzulassungsbeschwerde eingereicht hat. Der BFH muss somit nun entscheiden, ob bei einer Zeitersparnis von ca. fünf Minuten die tatsächlich benutzte längere Strecke als „offensichtlich verkehrsgünstiger“ bei der Berechnung der Entfernungspauschale zugrunde gelegt werden kann. Betroffene Steuerpflichtige können unter Hinweis auf das anhängige Verfahren Einspruch einlegen und ihre Steuerbescheide offen halten.

Betroffene Norm

§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG

Fundstelle

Finanzgericht München, Urteil vom 14.07.2009, 13 K 55/08; Revison BFH: VI R 3/10.

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 10.10.1975, IV R 33/74.
BMF, Schreiben vom 31.08.2009, IV C 5 – S 2351/09/10002, BStBl I S. 536.

Ansprechpartner

Efthimia Bichmann | Düsseldorf
Jochen Schreiber | Düsseldorf

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