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10.08.2018
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

Förderung von Geringverdienern durch Förderung des Arbeitgebers

Die Regelungen zur Förderung der betrieblichen Altersversorgung von Geringverdienern nach einem Jahr Betriebsrentenstärkungsgesetz im Praxistest.

Hintergrund

Das Betriebsrentenstärkungsgesetz beinhaltet neben der typischerweise im Fokus der Betrachtungen stehenden reinen Beitragszusage und der Entlastung der Sozialversicherungsbeitragspflicht bei Riester-geförderter bAV eine Reihe weiterer Neuregelungen. (zum Gesetzgebungsverfahren siehe Deloitte Tax-News)

Fördermaßnahmen für Geringverdiener

Eine der Neuregelungen des Betriebsrentenstärkungsgesetzes findet sich in § 100 EStG.

Ziel dieser Neuregelung ist es laut Gesetzesbegründung, „den Verbreitungsgrad der betrieblichen Altersversorgung von Arbeitnehmern mit unterdurchschnittlichem Einkommen [zu] erhöhen, denn der Arbeitgeber wird durch die staatliche Förderung motiviert, zusätzliche Mittel für die betriebliche Altersversorgung seiner Mitarbeiter aufzubringen.“

Worin besteht nun die Förderung des Arbeitgebers?

Der Arbeitgeber erhält zum einen unter gewissen Voraussetzungen für das Zahlen eines Arbeitgeberbeitrags für die betriebliche Altersversorgung von Geringverdienern einen sogenannten Förderbetrag

Des Weiteren ist der Arbeitgeberbeitrag unter gewissen Voraussetzungen lohnsteuerfrei für den Arbeitnehmer.

Förderbetrag für den Arbeitgeber

Zunächst zu den Voraussetzungen für das Gewähren des Förderbetrags:

1. der Arbeitnehmer muss im Inland dem Lohnsteuerabzug unterliegen

2. es muss sich bei dem Arbeitnehmer um einen Geringverdiener handeln; d.h., dass im Zeitpunkt der Leistung des Arbeitgeberbeitrags das Arbeitsentgelt nicht mehr beträgt als

a. 73,34 Euro bei einem täglichen Lohnzahlungszeitraum,
b. 513,34 Euro bei einem wöchentlichen Lohnzahlungszeitraum,
c. 2.200 Euro bei einem monatlichen Lohnzahlungszeitraum oder
d. 26.400 Euro bei einem jährlichen Lohnzahlungszeitraum

Der Arbeitgeber muss natürlich seinen Arbeitgeberbeitrag für die Altersversorgung des Mitarbeiters leisten.

3. er muss für den Arbeitnehmer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn im Kalenderjahr mindestens einen Betrag in Höhe von 240 Euro an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung zahlen

4. nicht zu den zusätzlichen Arbeitgeberbeiträgen zählen:

a. im Gesamtbeitrag enthaltene Finanzierungsanteile des Arbeitnehmers
b. Beiträge nach § 1a Abs. 1a BetrAVG, die der Arbeitgeber aufgrund von Sozialversicherungsbeitragsersparnis bei Entgeltumwandlung zahlen muss
c. individuell zugeordnete Sicherungsbeiträge nach § 23 Abs. 2 BetrAVG bei Entgeltumwandlung im Rahmen einer Beitragszusage
d. individuell zugeordnete Sicherungsbeiträge nach § 23 Abs. 1 BetrAVG bei Arbeitgeberfinanzierung im Rahmen einer Beitragszusage

Ferner gilt:

5. die Versorgungsträger müssen die betriebliche Altersversorgung im Wege des Kapitaldeckungsverfahren aufbauen

Für die Ausgestaltung der betrieblichen Altersversorgung gelten folgende Anforderungen:

6. die späteren Leistungen zur Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung müssen in Form einer Rente oder eines Auszahlungsplans erfolgen. Dabei ist zu beachten, dass im Rahmen einer reinen Beitragszusage die laufenden Leistungen unter gewissen Voraussetzungen gesenkt werden müssen. Das BMF-Schreiben vom 06.12.2017 stellt klar, dass dies aber dem Charakter einer Rente nicht entgegensteht.

7. ferner hat die tarifliche Ausgestaltung derart zu erfolgen, dass die Vertriebskosten als gleichbleibender prozentualer Anteil von den jeweiligen Beiträgen erhoben werden; es darf also nicht gezillmert werden. Diese Voraussetzung erfüllen bestehende Tarife regelmäßig nicht. Zwar versucht die Finanzverwaltung in vorgenanntem BMF-Schreiben die bestehenden Verträge der schon in der Vergangenheit vorsorgenden Arbeitgeber und Arbeitnehmer in die Förderung des § 100 EStG zu integrieren. Sie formuliert die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben: 

„Bei am 1. Januar 2018 bereits bestehenden Verträgen kann die steuerliche Förderung ausnahmsweise in Anspruch genommen werden, sobald für die Restlaufzeit des Vertrages sichergestellt ist, dass
– die verbliebenen Abschluss- und Vertriebskosten und
– die ggf. neu anfallenden Abschluss- und Vertriebskosten
jeweils als fester Anteil der ausstehenden laufenden Beiträge einbehalten werden.“ 


Eine vorbehaltlose Einbeziehung der bestehenden Verträge erscheint den Verfassern sachgerechter. So fallen beispielsweise Abschluss- und Vertriebskosten regelmäßig dann neu an, wenn der Vertrag eine Anpassung der Prämienzahlung an die Entwicklung der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung vorsieht (sogenannte BBG-Dynamik). Umschichtungen in neue Verträge oder ein Neuabschluss allein für die Erhöhungsbeiträge erscheinen vor dem Hintergrund der aktuellen Garantieverzinsung für Neuabschlüsse im Vergleich zu den Konditionen eines bestehenden Vertrags fraglich. Auch könnte mit einem vorbehaltlosen Einbezug bestehender Verträge in die Regelung des § 100 EStG Verwaltungsaufwand bei Arbeitgebern und Versorgungsträgern vermieden werden.

Die Dimension des dem Arbeitgeber gewährten Förderbetrags unterliegt Grenzen:

8. der beträgt im Kalenderjahr 30 Prozent des zusätzlichen oben erwähnten Arbeitgeberbeitrags. Allerdings ist er auf 144 € maximiert. 30 Prozent eines Arbeitgeberbeitrags von 480 € sind gerade die vorstehenden 144 €. Betrachtet man den Mindest-Arbeitgeberbeitrag von 240 €, so beträgt der Mindest-Förderbetrag gerade 72 €. 

In Fällen, in denen der Arbeitgeber bereits im Jahr 2016 einen zusätzlichen Arbeitgeberbeitrag an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung leistet, ist der jeweilige Förderbetrag auf den Betrag beschränkt, den der Arbeitgeber darüber hinaus leistet.

Dazu ein Beispiel:

  • Der Arbeitgeber zahle seit 2014 – also insbesondere in 2016 – einen Beitrag von 200 € p.a. an eine Versorgungseinrichtung
  • Der Arbeitgeber erhöht ab 01.01.2018 die Beitragszahlung um 40 € auf  240 € p.a.
  • 30 Prozent von 240 € sind 72 €.

    Da aber der vom Arbeitgeber im Vergleich zu 2016 geleistete zusätzliche Beitrag nur 40 € beträgt, greift die nachfolgende Beschränkung:

    Der bAV-Förderbetrag beläuft sich in diesem Fall nicht auf die vorstehenden 72 €, sondern auf den Betrag von 40 €, also auf den Betrag, um den sich der Arbeitgeberbeitrag im Vergleich zur Zahlung in 2016 erhöht hat.

Der Förderbetrag wird dem Arbeitgeber grundsätzlich für den Lohnsteuer-Anmeldungszeitraum, dem der jeweilige Beitrag des Arbeitgebers zuzuordnen ist, im Wege der Verrechnung mit der von ihm abzuführenden Lohnsteuer gewährt.

Bei dem Förderbetrag handelt es sich um einen Jahresbetrag, der auch in entsprechenden Teilbeträgen bei der jeweiligen Lohnsteueranmeldung geltend gemacht werden kann. Entrichtet der Arbeitgeber den zusätzlichen Arbeitgeberbeitrag als Einmalbeitrag, so brauchen nur im Zeitpunkt der Beitragsentrichtung die Voraussetzungen für das Gewähren des Förderbetrags geprüft zu werden. Zudem bleiben bei der Prüfung der Einkommensgrenzen bestimmte steuerfreie Lohnbestandteile (z.B. steuerfreier Arbeitslohn nach DBA, steuerfreie Beiträge nach § 3 Nr. 63 EStG, Sachbezüge, die unter die 44 €-Freigrenze oder den Rabattfreibetrag fallen) unberücksichtigt. Wird der jährliche Mindest-Arbeitgeberbeitrag von 240 € aus Gründen, die zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Förderbetrags nicht absehbar waren, nicht erreicht, ist der Förderbetrag nicht rückgängig zu machen. Anderes gilt bei Fehlberechnungen.

Auch hierzu ein Beispiel:

  • Der Arbeitnehmer habe ein monatliches Einkommen von 2.150 €, also weniger als 2.200 €
  • Der zusätzliche Arbeitgeberbeitrag betrage 40 € monatlich
  • Der Arbeitgeber macht den Förderbetrag i.H.v. 12 € mtl. geltend
  • Am 30. Oktober wird Gehaltserhöhung rückwirkend ab August vereinbart
    Das monatliche Arbeitnehmer-Einkommen betrage ab August 2.215 €
  • Ab Oktober kann der Förderbetrag nicht mehr beansprucht werden, da in diesem Monat die Gehaltserhöhung vereinbart wurde.

Lohnsteuerfreiheit des Arbeitgeberbeitrags

Die Lohnsteuerfreiheit des zusätzlichen Arbeitgeberbeitrags zur betrieblichen Altersversorgung für Geringverdiener ist in § 100 Abs. 6 EStG geregelt:

„Der Arbeitgeberbeitrag im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 2 ist steuerfrei, soweit er im Kalenderjahr 480 Euro nicht übersteigt. Die Steuerfreistellung des § 3 Nummer 63 bleibt hiervon unberührt.“

Damit tritt die Steuerfreiheit für den zusätzlichen Arbeitgeberbeitrag nach § 100 Abs. 6 EStG neben die Regelungen des § 3 Nr. 63 EStG und hat sogar Vorrang gegenüber § 3 Nr. 63 EStG. Sollte der Arbeitgeber einen höheren Beitrag als 480 EUR zahlen, so kann grundsätzlich der die 480 EUR übersteigende Betrag den Regelungen des § 3 Nr. 63 EStG unterworfen werden.

Sobald der Arbeitgeber feststellt, dass er den Förderbetrag nicht voll ausschöpft, aber dennoch auch bereits Arbeitgeberbeiträge zur betrieblichen Altersversorgung anderweitig steuerlich behandelt hat (z.B. nach § 3 Nr. 63 EStG oder § 40b EStG a. F.), muss er aufgrund des Vorrangs von § 100 EStG diese bisher anderweitige steuerliche Behandlung rückgängig machen (spätester Zeitpunkt hierfür ist die Übermittlung oder Erteilung der Lohnsteuerbescheinigung). Alternativ kann auch der monatliche Teilbetrag künftig so geändert werden, dass der BAV-Förderbetrag bei Jahresbetrachtung wieder voll ausgeschöpft wird. Diese Regelung bedeutet dann im Einzelfall insbesondere für den Arbeitgeber zusätzlichen Verwaltungsaufwand. Gleichwohl ist sie steuersystematisch nachvollziehbar.

Weitere Regelungen des § 100 EStG werden an dieser Stelle nicht behandelt. Alles in Allem erscheint das Instrument des bAV-Förderbetrags geeignet, das eingangs formulierte Ziel des Gesetzgebers, die betriebliche Altersversorgung im Bereich der Geringverdiener zu fördern, zu erreichen. In einigen Punkten könnte man pragmatischere Ansätze in Erwägung ziehen, wie beispielsweise bei der Handhabung schon am 31.12.2017 bestehender Verträge.

Fundstellen

Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze (Betriebsrentenstärkungsgesetz), BGBl I 2017 S. 3214 

BMF, Schreiben vom 06.12.2017, IV C 5 - S 2333/17/10002 

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