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25.08.2010
Arbeitnehmerbesteuerung/ Sozialversicherung

Unklarheiten zur Bemessungsgrundlage des § 37b EStG

Auch knapp vier Jahre nach Einführung der Pauschalbesteuerung nach § 37b EStG bestehen zum Teil noch grundlegende Unklarheiten zum Anwendungsbereich der Vorschrift. In der Praxis tauchen vermehrt Fragen auf, oftmals im Rahmen von Lohnsteueraußenprüfungen, die zu Unsicherheiten bei der Anwendung des § 37b EStG führen.

Das am 29.04.2008 erlassene Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) nimmt zwar ausführlich Stellung zum Anwendungsbereich der Vorschrift, doch gibt auch das BMF-Schreiben selbst Anlass zu kritischen Fragen.

Eine durch das BMF-Schreiben vom 29.04.2008 selbst aufgeworfene Frage stellt sich in Bezug auf die Textziffer 13 des Schreibens, welche wie folgt lautet:

„In die Bemessungsgrundlage sind alle Zuwendungen einzubeziehen; es kommt nicht darauf an, dass sie beim Empfänger im Rahmen einer Einkunftsart zufließen (zu den Besonderheiten bei Zuwendungen an Arbeitnehmer siehe Tz. 3).“

Die Finanzverwaltung berücksichtigt gemäß o.g. BMF-Schreiben alle Zuwendungen bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage, unabhängig davon, ob sie beim Empfänger im Rahmen einer der sieben Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 EStG zufließen. So bezieht die Finanzverwaltung auch Sachzuwendungen in die Bemessungsgrundlage für § 37b EStG mit ein, die Privatleute erhalten, welche die Sachzuwendung nicht im Rahmen einer Einkunftsart erhalten. Hierzu gehört beispielsweise der über 10 EUR teure Blumenstrauß oder die Sektflasche, die der Autohändler an seinen Endkunden bei Abholung des neuen Autos überreicht.

Die Ansicht der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 29.04.2008, wonach es nicht darauf ankomme, dass die Zuwendung dem Empfänger im Rahmen einer Einkunftsart zufließe, vermag unseres Erachtens steuerrechtlich nicht zu überzeugen.

Zwar trägt der Gesetzgeber mit der Begrenzung des Pauschalsteuersatzes von 30% der Tatsache Rechnung, dass nicht alle Empfänger von Sachzuwendungen der Besteuerung mit dem Spitzensteuersatz unterliegen. Auch wurde bei der Bemessung des Steuersatzes berücksichtigt, dass durch die Einbeziehung sämtlicher steuerpflichtiger Sachzuwendungen eines Wirtschaftsjahres in die Bemessungsgrundlage auch solche Zuwendungen besteuert werden, die im Falle der individuellen Besteuerung beim Empfänger nicht zu einer Einkommensteuerpflicht führen würden. Daher sieht das Gesetz unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Belastung der Empfänger (einschl. Geringverdienern) einen gewichteten Durchschnittssteuersatz von 30% vor.

Nach der Rechtssystematik des Einkommensteuergesetzes ist aber unverzichtbares Tatbestandsmerkmal für die Besteuerung einer Zuwendung, dass diese zu den steuerpflichtigen Einnahmen einer der sieben Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 EStG zählt. Bezüge (Einnahmen/Erträge), die außerhalb der sieben Einkunftsarten des § 2 EStG anfallen, sind nicht steuerbar. Nur wer den Tatbestand verwirklicht, an den das Einkommensteuergesetz die Entstehung einer Steuer knüpft, erzielt Einkünfte und hat sie zu versteuern. Die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen für die Erzielung von Einkünften (Steuergegenstand) sind in § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG festgelegt. Die Pauschalierungsvorschrift des § 37b EStG begründet keine achte Einkunftsart.

In einer parlamentarischen Anfrage vom 23.04.2008 wurde ebenfalls die Frage aufgegriffen, ob mit §37b EStG ein neuer Einkunftstatbestand geschaffen wurde. Dies wurde von der Bundesregierung zwar verneint, gleichzeitig aber hervorgehoben, dass § 37b EStG eine einfach anzuwendende Vorschrift sein solle. Würden nur nach den allgemeinen Vorschriften steuerpflichtige Sachzuwendungen in die Anwendung der Pauschalsteuer einbezogen, müsste der Zuwendende zuvor bei jeder Sachzuwendung ermitteln, ob sie dem Empfänger im Rahmen einer Einkunftsart zufließt, was die Anwendbarkeit erschweren würde. Die Tatsache, dass durch die Ausgestaltung des § 37b EStG auch Zuwendungen besteuert werden, die nicht im Rahmen einer Einkunftsart zufließen, sei bei der Bemessung des Steuersatzes bereits berücksichtigt worden.

In informellen Gesprächen mit Vertretern aus dem Finanzministerium und dem BFH war allerdings der Tenor, dass der BFH bei einem entsprechend an ihn herangetragenen Fall vermutlich gegen die – auch innerhalb der Finanzverwaltung nicht unumstrittene – Auffassung des BMF entscheiden würde.

Da somit erhebliche Gründe gegen den Einbezug des Personenkreises, der den Sachbezug außerhalb einer Einkunftsart erzielt, in die Pauschalierungsvorschrift des § 37b EStG existieren, empfehlen wir, dies im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung vorzutragen und zu beantragen, die entsprechenden Sachzuwendungen an diese Personen nicht der Pauschalversteuerung zu unterwerfen. Letztlich könnte es allerdings darauf hinauslaufen, dass diese Rechtsauffassung nur vor Gericht durchsetzbar ist, da sich ein Lohnsteueraußenprüfer bei Festsetzung der Bemessungsgrundlage für die Pauschalsteuer vermutlich nach der Verwaltungsanweisung des Bundesfinanzministeriums richten wird.

Es ist unseres Erachtens in Einzelfällen durchaus lohnenswert, ein Klageverfahren anzustreben, um eine Reduzierung der Bemessungsgrundlage vor Gericht durchzusetzen.

Gerne unterstützen wir Sie diesbezüglich bei laufenden Lohnsteueraußenprüfungen und dem Führen von Klageverfahren.

Fundstelle

BMF, Schreiben vom 29.04.2008, IV B 2 - S 2297-b/07/0001, BStBl I 2008 S. 566.
Bundesregierung, Antwort auf Kleine Anfrage vom 23.04.2008, BT-Drs. 16/9198.

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