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08.11.2011
Erbschaftsteuer

BFH: Nießbrauch an einem KG-Anteil

Sachverhalt

Der Ehemann (E) der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) übertrug mit Wirkung zum 31.12.2004 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge seinen Kommanditanteil sowie 60 % der ihm zustehenden Ansprüche aus dem von ihm der KG gewährten Gesellschafterdarlehen auf seine Tochter (T). T bestellte dem E einen lebenslangen und unentgeltlichen Nießbrauch an einem Anteil von 40 % des auf sie übertragenen Kommanditanteils. E war aufgrund des Nießbrauchs zu 40 % an dem auf den Kommanditanteil entfallenden Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven beteiligt. T hatte ihre Stimmrechte zu 40 % gemäß den Weisungen des E auszuüben. T bestellte gleichzeitig der Klägerin aufschiebend bedingt durch den Tod des E ein lebenslanges und unentgeltliches Nießbrauchsrecht, das inhaltlich dem Nießbrauchsrecht des E entspricht. Für die Zuwendung des Kommanditanteils an T wurde der Freibetrag von 225.000 Euro (§ 13a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ErbStG a.F.) in Anspruch genommen. Die Klägerin ist die Alleinerbin des im März 2006 verstorbenen E.

Das Finanzamt setzte den Erbanfall der Klägerin fest, indem es den Wert des Nießbrauchs an der KG (Jahreswert, Vervielfältiger) und das auf die Klägerin übergegangene Gesellschafterdarlehen berücksichtigte, den Freibetrag (§ 13a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ErbStG) sowie den Bewertungsabschlag (§13a Abs. 2 ErbStG) gewährte es nicht.

Entscheidung

Entgegen der Ansicht des FG ist bei der Bemessung der Erbschaftsteuer der Klägerin der Nießbrauch nicht anzusetzen. Zudem ist ihr für den Erwerb der Darlehensforderung gegen die KG der Bewertungsabschlag nach § 13a Abs. 2 ErbStG zu gewähren. Der Freibetrag nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ErbStG steht der Klägerin nicht zu.

Aufgrund des Eintritts der in 2004 vereinbarten aufschiebenden Bedingung ist zugleich mit dem Erlöschen des dem E zustehenden Nießbrauchs an dem Kommanditanteil der T ein entsprechender neuer Nießbrauch in der Person der Klägerin entstanden (§ 158 Abs. 1 BGB). Die Klägerin hat entgegen der Ansicht des Finanzamts mit Eintritt des Erbfalls nicht lediglich einen Anspruch gegen T auf Bestellung des Nießbrauchs erworben, sondern unmittelbar den Nießbrauch; denn im Vertrag von 2004 war nicht nur eine aufschiebend bedingte Verpflichtung der T, der Klägerin nach dem Tod des E einen Nießbrauch einzuräumen, vereinbart, sondern bereits auch das Vollzugsgeschäft aufschiebend bedingt vorgenommen worden. Die Klägerin hat den Nießbrauch im erbschaftsteuerrechtlichen Sinn nicht von T, sondern von E erworben, obwohl der Nießbrauch von T bestellt worden war.

Die Klägerin ist aufgrund des Nießbrauchs mit Eintritt des Erbfalls ebenso Mitunternehmerin der KG geworden wie E bis zu seinem Tod Mitunternehmer gewesen war. Sie kann Mitunternehmerinitiative entfalten, da ihr nach dem Vertrag von 2004 die uneingeschränkten Auskunfts- und Einsichtsrechte eines Gesellschafters zustehen und T ihre Stimmrechte als Gesellschafterin der KG zu 40 % gemäß ihren Weisungen auszuüben hat. Die Klägerin trägt auch Mitunternehmerrisiko. Sie ist nicht nur an dem auf den Kommanditanteil der T entfallenden Gewinn und Verlust beteiligt, sondern auch an bestimmten Ansprüchen der T auf Ausschüttungen infolge der Auflösung von Rücklagen sowie an den Erträgen aus der Auflösung stiller Reserven. Im Falle der Auflösung der KG oder des Ausscheidens der T aus dieser erstreckt sich der Nießbrauch zudem anteilig auf das Auseinandersetzungsguthaben der T bzw. den erhaltenen Kaufpreis.

Aufgrund der Ausgestaltung des Nießbrauchsrechts handelt es sich beim Nießbrauch um notwendiges Sonderbetriebsvermögen II. Die Klägerin wurde mit Eintritt des Erbfalls Mitunternehmerin der KG, sodass bei der Bemessung der gegen die Klägerin festzusetzenden Erbschaftsteuer kein Wert für den Erwerb des Nießbrauchs anzusetzen ist.

Bei dem auf die Klägerin übergegangenen Anteil an dem Gesellschafterdarlehen handelt es sich um Sonderbetriebsvermögen. Der Klägerin steht danach für den Erwerb des anteiligen Gesellschafterdarlehens der Bewertungsabschlag nach § 13a Abs. 2 ErbStG zu. Der Freibetrag nach § 13a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ErbStG ist nicht zu berücksichtigen, weil für die von E an T ausgeführte freigebige Zuwendung der Freibetrag nach dieser Vorschrift in voller Höhe gewährt wurde und daher für den innerhalb von zehn Jahren danach erfolgten Erwerb der Klägerin von E der Freibetrag gemäß § 13a Abs. 1 S. 2 ErbStG nicht in Anspruch genommen werden kann.

Betroffene Norm

§ 13a Abs. 1 ErbStG a.F.
Streitjahr 2006

Vorinstanz

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 28.10.2009, 4 K 169/09, EFG 2010, S. 157, siehe ausführlicher in den Deloitte Tax-News

Fundstelle

BFH, Urteil vom 01.09.2011, II R 67/09, nicht amtlich veröffentlicht

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