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10.06.2011
Erbschaftsteuer

BFH: Schenkung unter Leistungsauflage

Sachverhalt

Die Schenkerin übertrug im Mai 1997 Gesellschaftsanteile an einer GmbH & Co. KG und an einer GmbH an ihren Neffen, den Kläger und Revisionskläger (Kläger). Der Verkehrswert der Anteile betrug 34.444.000 DM, der Steuerwert 31.157.788 DM. Der Kläger zahlte einen Kaufpreis von 9.300.000 DM und räumte den Adoptivkindern der Schenkerin ein lebenslängliches obligatorisches Nutzungsrecht an den geschenkten Anteilen ein. Die Adoptivkinder sollten für die Dauer ihres Lebens die auf diese Gesellschaftsanteile entfallenden entnahmefähigen Gewinne erhalten. Der Verkehrs- und Steuerwert des Nutzungsrechts betrug 12.968.939 DM.

Finanzamt und Finanzgericht beurteilten das Nutzungsrecht als Nutzungsauflage und haben den Kapitalwert der Nutzungsauflage anteilig vom unentgeltlichen Anteil der Schenkung abgezogen. Der Kläger beantragte, dass das Nutzungsrecht in voller Höhe von 12.968.939 DM abgezogen wird.

Entscheidung

Das obligatorische Nutzungsrecht ist - anders als vom FG und den Beteiligten angenommen - als Leistungsauflage zu beurteilen. Die Bemessungsgrundlage der Leistung der Schenkerin ist nach den Grundsätzen der gemischten Schenkung zu ermitteln. Die vom Finanzamt festgesetzte Steuer ist danach zu niedrig, die Vorentscheidung hat aufgrund des Verböserungsverbots Bestand.

Bei der Ermittlung der Bereicherung einer Schenkung unter einer Leistungsauflage ist nur der die Gegenleistung übersteigende Wert der (gemischten) freigebigen Zuwendung schenkungsteuerrechtlich relevant, wohingegen bei Nutzungs- oder Duldungsauflagen der Abzug der Last zu berücksichtigen ist (vgl. BFH-Urteil vom 12.04.1989). Für die Beurteilung, ob eine Leistungs- oder eine Nutzungs-/Duldungsauflage gegeben ist, ist der Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen maßgebend.

Eine Leistungsauflage liegt vor, soweit dem Bedachten Aufwendungen auferlegt sind, er also zu Leistungen verpflichtet ist, die er unabhängig vom Innehaben des auf ihn übergegangenen Gegenstandes oder Rechts auch aus seinem persönlichen Vermögen erbringen kann oder soweit er den Zuwendenden von diesem obliegenden Leistungspflichten (zumindest im Innenverhältnis) zu befreien hat (vgl. BFH-Urteil vom 12.04.1989). Ist der Bedachte durch die Auflage zu Geldzahlungen verpflichtet, ist regelmäßig von einer Leistungsauflage auszugehen. Eine Leistungsauflage liegt auch vor, wenn sich die Höhe der Zahlungsverpflichtung nach den Erträgnissen bestimmt, die mit dem vom Schenker hingegebenen Vermögensgegenstand erwirtschaftet werden (vgl. BFH-Urteil vom 12.04.1989).

Bei Nutzungs- und Duldungsauflagen handelt es sich um die einer Schenkung beigefügte Nebenabrede, wonach der Bedachte zwar um das Eigentum am Zuwendungsgegenstand bzw. um das zugewendete Recht bereichert ist, ihm aber die Nutzungen (§ 100 BGB) der Sache oder des Rechts nicht sofort gebühren sollen (z.B. ein dingliches Nutzungsrecht (Nießbrauch, §§ 1030 ff. BGB), eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§§ 1090 ff. BGB, insbesondere ein Wohnrecht), oder ein obligatorisches Nutzungsrecht). In einem solchen Fall bewirkt die Nebenabrede nur ein Hinausschieben des mit dem Eigentumsübergang bzw. der Rechtsübertragung grundsätzlich verbundenen vollen Nutzungsrechts auf Zeit (vgl. BFH-Urteil vom 12.04.1989).

Der Beurteilung des obligatorischen Nutzungsrechts als Leistungsauflage steht nicht entgegen, dass der BFH in seinem Urteil vom 12.04.1989 das "obligatorische Nutzungsrecht" beispielhaft für ein als Nutzungsauflage zu beurteilendes Recht nennt. Eine Nutzungsauflage liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn der Bedachte im Zusammenhang mit der Übertragung von Gesellschaftsanteilen das Recht zur Fruchtziehung (Gewinnbezugsrecht) erhält, aber verpflichtet ist, die ihm aufgrund der Beteiligung zustehenden Gewinne an den Schenker oder einen vom Schenker benannten Dritten auszukehren. Denn der Bedachte kann zur Begleichung seiner Zahlungsverpflichtung sein persönliches Vermögen einsetzen. Im Streitfall handelt es sich bei dem vereinbarten obligatorischen Nutzungsrecht an den Gesellschaftsanteilen um eine Leistungsauflage. Denn Inhalt des Nutzungsrechts ist ein Zahlungsanspruch, den der Kläger unabhängig vom Innehaben der auf ihn übergegangenen Gesellschaftsanteile auch aus seinem persönlichen Vermögen erfüllen kann.

Betroffene Norm

§ 10 Abs. 1 ErbStG 1997, A 17 Abs. 2 ErbStR 2003
Streitjahr 1997

Vorinstanz

Finanzgericht Münster, Urteil vom 22.01.2009, 3 K 5462/06 Erb, EFG 2009, S. 1056

Fundstelle

BFH, Urteil vom 13.04.2011, II R 27/09, BStBl II 2011, S. 730 

Weitere Fundstellen

BFH, Beschluss vom 11.01.2002, II B 55/00, BFH/NV 2002, S. 790
BFH, Urteil vom 12.04.1989, II R 37/87, BStBl II 1989, S. 524

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