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04.05.2012
Erbschaftsteuer

Hessisches FG: Schenkung eines Kommanditanteils unter Vorbehalt eines quotalen Nießbrauchs

Für die Übertragung eines Kommanditanteils unter Vorbehalt eines quotalen Nießbrauchs im Wege der vorweggenommenen Erbfolge kann der Betriebsvermögensfreibetrag und der Bewertungsabschlag nach § 13a ErbStG insgesamt und nicht nur für den unbelasteten Anteil beansprucht werden. Der nicht mit dem Nießbrauch belastete Teil reicht aus, um insgesamt eine Mitunternehmerstellung zu vermitteln.

Sachverhalt

Der Kläger war als Kommanditist an der X GmbH & Co. KG beteiligt und übertrug seine Anteile unter Übernahme der anfallenden Schenkungsteuer unentgeltlich auf seine Tochter. Der Kläger behielt sich dabei an einem Großteil der Anteile den lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauch vor und legte außerdem vertraglich fest, dass ihm die Stimm- und Mitverwaltungsrechte zustehen, die Tochter den Kläger zu deren Ausübung bevollmächtigt und sich verpflichtet, von ihrem eigenen Stimmrecht insoweit keinen Gebrauch zu machen, ersatzweise auf Wunsch des Klägers nach dessen Weisung zu handeln. Bei seiner Schenkungsteuererklärung machte der Kläger den Betriebsvermögensfreibetrag und den Bewertungsabschlag nach §13a ErbStG geltend. 

Das Finanzamt gewährte bei der Festsetzung der Steuer den Freibetrag und den Bewertungsabschlag lediglich für den anteiligen Erwerb des nicht mit dem Nießbrauchrecht belasteten Anteils, denn die Tochter ist nicht Mitunternehmerin geworden, da sie durch die Stimmrechtsvollmacht für den Kläger praktisch keine Möglichkeit habe, für den mit dem Nießbrauch belasteten Kommanditanteil ein eigenes Stimmrecht auszuüben.

Entscheidung

Das Finanzamt hat zu Unrecht die Begünstigung für Betriebsvermögen nur hinsichtlich des unbelasteten Anteils gewährt.

Bei einer Übertragung von Anteilen an einer Kommanditgesellschaft im Wege der vorweggenommenen Erbfolge können bei der Ermittlung des schenkungsteuerpflichtigen Erwerbs ein Freibetrag und ein Bewertungsabschlag (§ 13a ErbStG) geltend gemacht werden, wenn der Übertragende Mitunternehmer gewesen ist und der Beschenkte aufgrund des ihm zugewandten Vermögens ebenfalls eine Mitunternehmerstellung erlangt hat. Die Person muss also Mitunternehmerinitiative entfalten und Mitunternehmerrisiko tragen können.

Ein dem Schenker vorbehaltenes Nießbrauchsrecht an einem übertragenen Kommanditanteil steht hiernach der Begünstigung nach § 13a ErbStG nicht entgegen, wenn der Beschenkte ertragsteuerlich Mitunternehmer wird. Dies ist der Fall, wenn der Beschenkte einen hinreichenden Bestand an vermögensrechtlicher Substanz des belasteten Gesellschaftsanteils und an gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsrechten erhält, die seine Stellung als Gesellschafter und Mitunternehmer begründen (vgl. BFH¬-Urteil vom 01.03.1994). Ist der Nießbrauch vertraglich zugunsten des Nießbrauchers derart ausgestaltet, dass die Stimm- und Mitwirkungsrechte sowie der Ertrag nahezu ausschließlich dem Nießbraucher zustehen, ist die Begünstigung nicht zu gewähren.

Im Streitfall hat sich der Kläger hinsichtlich des belasteten Teilanteils ohne erkennbare Einschränkung sämtliche Stimmrechte und Mitverwaltungsrechte vorbehalten und sich insoweit umfassend bevollmächtigen lassen. Darüber hinaus hat sich die Tochter verpflichtet, von einem eigenen Stimmrecht keinen Gebrauch zu machen bzw. nach seinen Weisungen abzustimmen, wobei die Einhaltung der Regelungen zusätzlich durch ein Recht zum Widerruf der Schenkung abgesichert wurde. Zudem stehen dem Kläger sowohl der auf den Teilanteil entfallende Gewinn als auch der Verlust zu. Unter diesen Umstanden fällt der Tochter hinsichtlich des belasteten Teilanteils in nennenswertem Umfang weder Mitunternehmerinitiative noch Mitunternehmerrisiko zu. Gleichwohl ist hinsichtlich des unbelasteten Teilanteils die Tochter des Klägers in dessen Mitunternehmerstellung eingetreten, da sie als Kommanditistin insoweit Mitunternehmerinitiative entfaltet und Mitunternehmerrisiko trägt. Eine absolute oder relative Mindestbeteiligung an der KG ist dabei nicht erforderlich. Eine Aufteilung des Gesellschaftsanteils in einen belasteten und unbelasteten ideellen Teil ist bei einer Belastung mit einem quotalen Nießbrauchsrecht nicht möglich. Daher kann die Mitunternehmerstellung der Tochter des Klägers als Kommanditistin nicht aufgeteilt werden (vgl. BFH-Urteil vom 23.02.2010). Vielmehr reichen bereits die über den unbelasteten Anteil vermittelte Mitunternehmerinitiative und das Mitunternehmerrisiko aus, um der Tochter insgesamt eine Mitunternehmerstellung zu vermitteln. Soweit der BFH in seinem Urteil vom 23.02.2010 eine getrennte Zuordnung von Gesamthandsanteilen befürwortet, greift diese Ansicht im Streifall nicht, denn es handelt sich dort um die Frage, ob beim Zusammenfallen von unbelasteten und mit einem Nießbrauch belasteten Anteilen diese gesellschaftsrechtlich erhalten bleiben und nicht wie im vorliegenden Streitfall um die Frage, ob bei einem quotalen Nießbrauchsrecht eine zivilrechtliche Unterteilung des Gesellschaftsanteils und eine steuerrechtliche Aufteilung der Mitunternehmerschaft möglich ist.

Bei der im Streitfall gewählten Gestaltung eines quotalen Vorbehaltsnießbrauchs an dem übertragenen Kommanditanteil handelt es sich auch nicht um einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts im Sinne von § 42 AO. Die vorliegend gewählte Gestaltung gemessen an dem angestrebten Ziel, die nachfolgende Generation schrittweise an den Betrieb der KG heranzuführen, ohne dass der Antragsteller als bisher bestimmender Gesellschafter diese Stellung bereits endgültig aufgibt, kann nicht als unangemessen betrachtet werden. Denn durch den nur quotalen Nießbrauchsvorbehalt war die Tochter bereits in die Lage versetzt, an der Willensbildung und den Entscheidungsprozessen im Unternehmen, wenn auch nicht bestimmend, mitzuwirken und auf diese Weise Einblick zu gewinnen. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (BFH-anhängig: II R 5/12).

Betroffene Norm

§ 13a ErbStG, Streitjahr 2006

Fundstelle

Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 25.10.2011, 1 K 1507/08, BFH-anhängig: II R 5/12

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 01.03.1994, VIII R 35/92, BStBI II 1995, S. 241
BFH, Urteil vom 23.02.2010, II R 42/08, BStBl II 2010, S. 555, siehe Deloitte Tax- News

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