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20.10.2016
Grundsteuer/ Grunderwerbsteuer

BFH: Insolvenz des Grundstückskäufers führt nicht zur Änderung der Grunderwerbsteuer

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage ist in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Abschluss des Kaufvertrags. Der Ausfall der Kaufpreisforderung infolge einer (späteren) Insolvenz des Grundstückskäufers rechtfertigt daher keine Änderung der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer.

Sachverhalt

Die A-GmbH erwarb durch notariell beurkundeten Vertrag vom 30.12.1998 ein Grundstück, welches sie nach erfolgter Parzellierung weiterverkaufen wollte. Der Kaufpreis wurde bis zum Abverkauf der einzelnen Baugrundstücke verzinslich gestundet. Das Finanzamt setzte auf Basis des Kaufpreises die Grunderwerbsteuer fest.

Im Jahr 2010 wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter beantragte eine Herabsetzung der Grunderwerbsteuer, mit dem bis zu Eröffnung des Insolvenzverfahrens gezahlten Teil des Kaufpreises als Bemessungsgrundlage. Das Finanzamt lehnte eine Änderung ab. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Entscheidung

Das Finanzamt habe die Herabsetzung der Grunderwerbsteuer zu Recht abgelehnt. Die Insolvenz des Käufers und der damit einhergehende Ausfall der Kaufpreisforderung führe nicht zur Änderung der Bemessungsgrundlage für die durch den Grundstückskauf angefallene Grunderwerbsteuer.

Die Grunderwerbsteuer bemisst sich gem. § 8 Abs. 1 GrEStG nach dem Wert der Gegenleistung, welche sich im Falle eines Grundstückskaufes nach dem Kaufpreis und sonstigen, vom Käufer übernommenen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen bestimme (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG). Da die Grunderwerbsteuer unter § 1 Abs. 1 BewG falle, richte sich die Bewertung der Gegenleistung nach dem BewG. Die Kaufpreisforderung stelle eine Kapitalforderung i. S. d. § 12 BewG dar (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 12.10.1994). Soweit der BFH im Urteil vom 08.03.1989 entschieden habe, dass bei einem betragsmäßig festgelegten Kaufpreis zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ein Zurückgreifen auf den allgemeinen Teil des BewG nicht erforderlich ist, halte er daran nicht mehr fest. Die Kaufpreisforderung sei mit ihrem Nennwert anzusetzen (§ 12 Abs. 1 S. 1 BewG), soweit nicht besondere Umstände einen höheren oder niedrigeren Wert begründen.

Diese besonderen Umstände müssten aber bereits im Zeitpunkt der Verwirklichung des grunderwerbsteuerbaren Tatbestandes – im Falle des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG also im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses – vorgelegen haben. Sie müssten überdies der Kapitalforderung immanent sein (vgl. BFH-Urteil vom 17.02.2010). Da bei Vertragsabschluss davon ausgegangen werden könne, dass der Kaufpreis auch entrichtet werde, sei die Kaufpreisforderung mit dem Nennwert anzusetzen. Für die Anwendung von § 12 Abs. 2 BewG, nach dem uneinbringliche Forderungen außer Ansatz bleiben, bliebe daher für Zwecke der Grunderwerbsteuer regelmäßig kein Raum. Es bleibe ohne Einfluss auf die Bewertung, ob der Schuldner den Kaufpreis später tatsächlich entrichte oder die Kaufpreisforderung zu einem späteren Zeitpunkt ganz oder teilweise ausfalle.

Der teilweise eintretende Ausfall der Kaufpreisforderung infolge einer Insolvenz stelle auch kein rückwirkendes Ereignis im Sinne des §175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO dar. Unter einem rückwirkenden Ereignis werde jeder rechtlich oder tatsächlich bedeutende Vorgang verstanden, der insofern Rückwirkung entfalte, dass dieser anstelle des vorherigen Sachverhalts der Besteuerung zugrunde zu legen sei. Zwar könne durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die ursprüngliche Kaufpreisforderung nicht mehr eingebracht werden, jedoch ändere sich dadurch weder der Wert der Kaufpreisforderung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch werde der Kaufvertrag unwirksam. Demzufolge liege kein Fall des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO vor.

Außerdem läge keine Herabsetzung im Sinne des § 16 Abs. 3 GrEStG vor, da die Kaufpreisforderung trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens in voller Höhe bestehen bleibe. Zudem sei die Insolvenz nicht innerhalb der nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG maßgeblichen Zweijahresfrist ab Entstehen der Steuer eingetreten. Ferner liege auch keine Herabsetzung gem. § 16 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG (Mängel beim gekauften Grundstück) vor.

Schließlich komme auch keine Änderung wegen der verzinslichen Stundung und des Ausfalls der geschuldeten Zinsen in Betracht. Die Verzinsung sei eine ausreichende Gegenleistung für die Stundung des Kaufpreises. Dass die Zinsen tatsächlich nicht gezahlt wurden, sorge nicht dafür, dass eine unverzinsliche Forderung i. S. d. § 12 Abs. 3 S. 1 BewG anzunehmen sei. Die Zinsforderung als solche bleibe – wie auch die Kaufpreisforderung – trotz der Insolvenz bestehen.

Betroffene Normen

§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, § 8 Abs. 1 GrEStG, § 12 BewG

Streitjahr 1998

Anmerkung

Der vom BFH entschiedene Fall betrifft zwar einen Fall, in dem der Käufer die Grunderwerbsteuer schuldet. Eine Minderung der Grunderwerbsteuer sollte jedoch beim Zahlungsausfall des Käufers auch dann nicht in Betracht kommen, wenn der Verkäufer Grunderwerbsteuerschuldner wäre. 

Vorinstanz

Finanzgericht Köln, Urteil vom 14.05.2014, 5 K 1515/11, EFG 2014, S. 1705

Fundstellen

BFH, Urteil vom 12.05.2016, II R 39/14, BStBl II 2017 Seite 63

Pressemitteilung, Nr. 66/16 vom 19.10.2016

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 17.02.2010, II R 23/09, BStBl. II 2010, S. 641, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 12.10.1994, II R 4/91, BStBl. II 1995, S. 69

BFH, Urteil vom 08.03.1989 II R 37/86, BStBl. II 1989, S. 576

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