Der der Grunderwerbsteuer unterliegende Wechsel im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Kommanditgesellschaft aufgrund einer Einbringung der Anteile der Kommanditisten an dieser Gesellschaft in eine Vorrats-GmbH kann von der Grunderwerbsteuer befreit sein. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass der Einbringende im Zeitpunkt der Einbringung mehr als fünf Jahre zu mehr als 95 % an der Vorrats-GmbH beteiligt war. Auf die Einhaltung der Vorbehaltensfrist kann in diesem Fall im Unterschied zur Ausgliederung zur Neugründung nicht verzichtet werden.
BFH, Urteil vom 25.09.2024, II R 46/22
An einer grundbesitzenden GmbH & Co. KG waren sieben natürliche Personen als Kommanditisten beteiligt. Sie erwarben im Jahr 2013 jeweils als Alleingesellschafter eine eigene Vorrats-GmbH. In 2014 brachten sie ihren jeweiligen Kommanditanteil an der GmbH & Co. KG in die ihnen gehörige Vorrats-GmbH mit Wirkung zum 01.01.2014 zu Buchwerten ein und traten zeitgleich ihren Kommanditanteil an die jeweilige GmbH ab.
Das Finanzamt ging wegen der vollständigen Änderung im Gesellschafterbestand der GmbH & Co. KG von einem Erwerbsvorgang gem. § 1 Abs. 2a GrEStG aus und setzte dementsprechend Grunderwerbsteuer fest. Das sah auch das FG so. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung gemäß § 6a GrEStG seien nicht erfüllt, da die gesetzlich vorgesehene fünfjährige Vorbehaltensfrist nicht eingehalten worden sei, weil alle GmbHs erst in 2013 erworben worden seien.
Der BFH bestätigt die Entscheidung des FG, dass für die Einbringung aller Anteile an der GmbH & Co. KG in die sieben Vorrats-GmbHs die Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG nicht greift, weil die nach § 6a S. 4 GrEStG einzuhaltende fünfjährige Vorbehaltensfrist nicht gewahrt wurde.
Gesetzliche Grundlagen
Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von fünf Jahren (aktuell: 10 Jahren) der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 % (aktuell: 90 %) der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies nach § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft.
Nach § 6a S. 1 GrEStG wird für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1, Abs. 2, 2a, 3 oder Abs. 3a GrEStG steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG, bei Einbringungen sowie bei anderen Erwerbsvorgängen auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage die Steuer nicht erhoben.
Nach § 6a Satz 3 GrEStG gilt die Steuerbegünstigung nach § 6a S. 1 GrEStG nur, wenn an dem Umwandlungsvorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind. Im Sinne von § 6a S. 3 GrEStG abhängig ist eine Gesellschaft, an deren Kapital oder Gesellschaftsvermögen das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang (Vorbehaltensfrist) und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang (Nachbehaltensfrist) unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar zu mindestens 95 % ununterbrochen beteiligt ist (§ 6a S. 4 GrEStG).
Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG wurde erfüllt
Mit der Einbringung aller Kommanditanteile und der zeitgleichen Abtretung wurden die Vorrats-GmbHs neue Gesellschafter der GmbH & Co. KG. Der Gesellschafterbestand der GmbH & Co. KG hat sich folglich dahingehend geändert, dass 100 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergegangen sind.
Nicht entscheidungserheblich für den Gesellschafterwechsel bei der GmbH & Co. KG ist, dass Alleingesellschafter der Vorrats-GmbHs jeweils die Kommanditisten der GmbH & Co. KG waren. Für die Beurteilung, ob mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen der GmbH & Co. KG auf neue Gesellschafter übergegangen sind, kommt es nur auf die Ebene der nach der Übertragung als neue Gesellschafter beteiligten Vorrats-GmbHs an.
Hinweis: Für die Beurteilung, ob gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen einer grundbesitzenden Kommanditgesellschaft auf neue Gesellschafter übergegangen sind, kommt es nur auf die Ebene der nach der Übertragung als neue Gesellschafter beteiligten Vorrats-GmbHs an. Unerheblich ist hier daher, dass Alleingesellschafter der Vorrats-GmbHs jeweils die Kommanditisten der GmbH & Co. KG waren.
Ergebnis: Keine Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG
Der Gesellschafterwechsel ist nicht nach § 6a GrEStG von der Steuer befreit. Die Voraussetzungen des § 6a S. 1 Alt. 2 GrEStG sind zwar erfüllt. Jedoch wurde die fünfjährige Vorbehaltensfrist im Sinne des § 6a S. 4 GrEStG nicht eingehalten. § 6a S. 4 GrEStG ist nach Ansicht des BFH nicht dahingehend auszulegen, dass die Vorbehaltensfrist im Fall der Einbringung von Anteilen am Gesellschaftsvermögen einer grundbesitzenden Kommanditgesellschaft auf Vorrats-GmbHs nicht eingehalten werden muss.
Begründung
§ 6a GrEStG
Streitjahr 2014
Einordnung in die Rechtsprechung
Der BFH hat für Umwandlungsfälle bereits entschieden, dass bei der Aufspaltung zur Neugründung, der Abspaltung zur Neugründung und der Ausgliederung zur Neugründung die Einhaltung der Vorbehaltensfrist in Bezug auf die neu gegründete Gesellschaft rechtlich nicht möglich und daher entbehrlich ist (BFH-Urteile vom 21.08.2019, II R 19/19 (II R 63/14) und II R 21/19 (II R 56/15). Das sieht der BFH nun für eine kurz zuvor gegründete Vorrats-GmbH anders. Hier ist es grundsätzlich möglich, die Vorrats-GmbHs schon früher zu erwerben, um die fünfjährige Vorbehaltensfrist vor der Einbringung einzuhalten.
Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 18.10.2022, 5 K 914/21, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 25.09.2024, II R 46/22
BFH, Urteil vom 21.08.2019, II R 15/19 (II R 50/13), BStBl. II 2020, S. 329, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 21.08.2019, II R 16/19 (II R 36/14), BStBl. II 2020, S. 333, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 21.08.2019, II R 19/19 (II R 63/14), BStBl. II 2020, S. 337, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 21.08.2019, II R 21/19 (II R 56/15), BStBl. II 2020, S. 344, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Beschluss vom 30.05.2017, II R 62/14, BStBl. II 2017, S. 916, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 25.09.2024, II R 2/22
BFH, Beschluss vom 03.05.2023, II B 27/22, BFH/NV 2024, S. 920, siehe Deloitte Tax-News
Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Anwendung des § 6a GrEStG vom 25.05.2023, BStBl. I 2023, S. 995, siehe Deloitte Tax-News
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