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08.05.2023
Grundsteuer/ Grunderwerbsteuer

FG Nürnberg: Grunderwerbsteuerliche Konzernklausel bei Ausgliederung zur Aufnahme

Wird im Wege der Ausgliederung zur Aufnahme Grundbesitz auf eine vor weniger als fünf Jahren von der herrschenden Gesellschaft neu gegründete abhängige Gesellschaft übertragen, unterliegt der Grundstückserwerb mangels Einhaltung der Vorbehaltensfrist nach § 6a S. 4 GrEStG nicht der Grunderwerbsteuerbefreiung des § 6a GrEStG. In diesen Fällen beruht die Nichteinhaltung der Vorbehaltensfrist, anders als bei einer Ausgliederung zur Neugründung, nicht auf umwandlungsbedingten Gründen.

Sachverhalt

Alleinige Gesellschafterin einer GmbH, welche im März 2015 gegründet wurde, ist eine Gemeinde. Im Wege der Ausgliederung zur Aufnahme gem. § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG übertrug die Gemeinde als übertragende Rechtsträgerin mit Vertrag vom 30.11.2015 ihren Regiebetrieb auf die GmbH. In diesem Zusammenhang wurde auch Grundbesitz übertragen. Als Ausgliederungsstichtag wurde im Innenverhältnis zwischen der Gemeinde und der GmbH der 01.04.2015 bestimmt; steuerlicher Übertragungsstichtag war der 31.03.2015. Die Übertragung des auszugliedernden Vermögens erfolgte mit dinglicher Wirkung zum Zeitpunkt der Eintragung der Ausgliederung in das Handelsregister der GmbH (09.12.2015). Das Finanzamt setzte für die Übertragung des Eigentums an dem Grundbesitz gegenüber der GmbH Grunderwerbsteuer fest.

Entscheidung

Das FG kommt übereinstimmend mit der Ansicht des Finanzamts zu dem Ergebnis, dass die im Wege der Ausgliederung zur Aufnahme erfolgte Übertragung des Grundbesitzes auf die bereits bestehende GmbH nicht gemäß § 6a GrEStG begünstigt ist und somit der Grunderwerbsteuer unterliegt.

Gesetzliche Grundlagen

Nach § 6a S. 1 Hs. 1 GrEStG wird für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 1, Abs. 2, 2a, 3 oder Abs. 3a GrEStG steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG die Steuer nicht erhoben. Die Nichterhebung der Steuer setzt voraus, dass an dem Umwandlungsvorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind (§ 6a S. 3 GrEStG). Im Sinne von Satz 3 abhängig ist eine Gesellschaft, an deren Kapital oder Gesellschaftsvermögen das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor dem Umwandlungsvorgang (Vorbehaltensfrist) und fünf Jahren nach dem Umwandlungsvorgang (Nachbehaltensfrist) unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar zu mindestens 95% ununterbrochen beteiligt ist (§ 6a S. 4 GrEStG).

Bisherige BFH-Rechtsprechung

Die Regelung in § 6a S. 4 GrEStG ist dabei nach der bisherigen BFH-Rechtsprechung dahingehend auszulegen, dass die dort genannten Fristen nur insoweit eingehalten werden müssen, als sie aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs auch eingehalten werden können (vgl. BFH-Urteile jeweils vom 21.08.2019, II R 21/19-II R 56/15, II R 15/19-II R 50/13 und vom 22.08.2019 II R 17/19-II R 62/14). So muss die Nachbehaltensfrist bei der Verschmelzung und die Vorbehaltensfrist bei der Abspaltung oder Ausgliederung zur Neugründung nicht eingehalten werden, um die Begünstigung zu erlangen (vgl. BFH-Urteile vom 22.08.2019, II R 17/19 und vom 21.08.2019, II R 16/19).

Einhaltung der Vor- und Nachbehaltensfristen bei Ausgliederung zur Aufnahme

Auf die im Streitfall erfolgte Ausgliederung zur Aufnahme ist die Steuerbefreiung des § 6a GrEStG aus Sicht des FG jedoch nicht anzuwenden. Die GmbH stelle keine von der Gemeinde i.S.d. § 6a S. 3 GrEStG abhängige Gesellschaft dar. Zwar war die Gemeinde zum Zeitpunkt der Eintragung der Ausgliederung in das Handelsregister an der GmbH zu 100% beteiligt. Sie hielt diese Beteiligung zum Zeitpunkt der Ausgliederung jedoch erst seit der Gründung der GmbH und damit erst wenige Monate und nicht, wie von § 6a S. 3 und 4 GrEStG gefordert, fünf Jahre.

Anders als in den vom BFH kürzlich entschiedenen Fällen, in denen die Vergünstigung des § 6a GrEStG auch bei Nichteinhaltung der Vor- bzw. Nachbehaltensfrist gewährt wurde, beruhe die Nichteinhaltung der Vorbehaltensfrist im Streitfall nicht auf umwandlungsbedingten Gründen. Im streitgegenständlichen Fall liege kein Umwandlungsvorgang vor, bei dem die Vorbehaltensfrist aus Rechtsgründen nicht eingehalten werden kann, weil die neu gegründete Gesellschaft durch den Vorgang neu entsteht. Die GmbH sei vielmehr bereits vor der begünstigten Umwandlungsmaßnahme gegründet worden.

Kein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot

Eine nach der konkret verwirklichten Umwandlungsmaßnahme (Ausgliederung zur Neugründung und Ausgliederung zur Aufnahme) differenzierende Auslegung des Anwendungsbereichs der nach § 6a S. 4 GrEStG einzuhaltenden Vorbehaltensfrist verstößt nach Auffassung des FG auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).​ 

Betroffene Normen

​§ 6a GrEStG

Streitjahr ​2015

Fundstelle

​Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 14.07.2022, 4 K 59/21

Weitere Fundstellen

​BFH, Urteile jeweils vom 21.08.2019, II R 21/19 -II R 56/15, BStBl II 2020, S. 344; II R 15/19 -II R 50/13, BStBl II 2020, S. 329 und vom 22.08.2019 II R 17/19 -II R 62/14, BStBl II 2020, S. 348, siehe Deloitte Tax-News

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