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30.10.2013
Grundsteuer/ Grunderwerbsteuer

FG Nürnberg: Grunderwerbsteuerliche Vorbehaltensfrist bei neu gegründeter abhängiger Konzerngesellschaft

Aktuell: Der BFH hat sieben zur grunderwerbsteuerlichen Konzernklausel anhängige Verfahren entschieden. Dabei legt er die Regelungen der Grunderwerbsteuerbefreiung des § 6a GrEStG weit aus. Insbesondere müssen die für die Steuerbegünstigung vorausgesetzten Vor- und Nachbehaltensfristen nur insoweit eingehalten werden, als sie aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs auch eingehalten werden können (siehe unter Anmerkungen).

BFH, Urteile vom 21.08.2019, II R 15/19, II R 16/19, II R 19/19, II R 20/19, II R 21/19 und vom 22.08.2019, II R 17/19, II R 18/19, siehe Deloitte Tax-News 
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FG Nürnberg, Beschluss vom 27.06.2013, 4 V 1742/12:

Es ist zweifelhaft, ob der grunderwerbsteuerlichen Vergünstigung nach § 6a GrEStG (Konzernklausel) entgegensteht, wenn die abhängige Gesellschaft vom herrschenden Konzernunternehmen neu gegründet wird und nachfolgend vor Ablauf von fünf Jahren an einem konzerninternen Umwandlungsvorgang beteiligt ist. Der gleich lautende Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder vom 19.06.2012 bejaht ein Nichteingreifen der Vergünstigungsvorschrift in diesem Fall.

Sachverhalt

Die Holding KG (KG) hat die Antragstellerin, die M-GmbH, in 2009 gegründet. Die M-GmbH gründete gleichzeitig eine 100%ige Tochter, die Z-GmbH. Die KG hielt zudem 100% der Anteile an der P-GmbH, die ihrerseits 100% der Anteile an der grundbesitzenden C-GmbH hielt. In 2010 übertrug die KG durch Ausgliederung (§ 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG) ihre gesamte Beteiligung an der P-GmbH auf die M-GmbH, die sodann die P-GmbH samt der C-GmbH und deren Grundbesitz auf die Z-GmbH ausgliederte.

Das Finanzamt stellte hinsichtlich der betroffenen Grundstücke der C-GmbH wegen einer mittelbaren Anteilsübertragung nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG durch die Übertragung der Anteile der P GmbH auf die Antragstellerin einen grunderwerbsteuerpflichtigen Tatbestand fest und versagte eine Steuervergünstigung nach § 6a GrEStG. Die Antragstellerin erhob Einspruch, über den noch nicht entschieden wurde, und beantrage Aussetzung der Vollziehung (AdV), welche abgelehnt wurde.

Entscheidung

AdV ist zu gewähren. Es bestehen ernstliche Zweifel, ob die an sich nicht eingehaltene Vorbehaltensfrist von fünf Jahren nach § 6a S. 4 GrEStG der Anwendung der Vergünstigungsvorschrift entgegensteht.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Übertragung aller Anteile an der P GmbH auf die Antragstellerin im Wege der Ausgliederung wegen der grundbesitzhaltenden 100%igen Tochtergesellschaft, der C GmbH, gem. § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG steuerbar ist.

Die Steuer wird jedoch gem. § 6a GrEStG nicht erhoben, wenn an dem steuerbaren Umwandlungsvorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind (§ 6a S. 3 GrEStG). Abhängig ist eine Gesellschaft, an deren Kapital oder Gesellschaftsvermögen das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar zu mindestens 95% ununterbrochen beteiligt ist (§ 6a S. 4 GrEStG). Diese Vorbehaltensfrist von fünf Jahren ist für die Antragstellerin nicht erfüllt.

Die Vor- und Nachbehaltensfrist gem. § 6a S. 4 GrEStG stellt ausschließlich auf das Abhängigkeitsverhältnis zwischen herrschendem Unternehmen und abhängiger Gesellschaft ab, nicht auf eine Haltefrist für die vom Umwandlungsvorgang betroffenen Grundstücke. Der Zweck dieser Vor- und Nachbehaltensfrist könne demnach nur darin bestehen, Rechtsvorgänge von der Begünstigung auszuschließen, die im Zusammenhang mit nur kurzfristig im Konzern gehaltenen Beteiligungen verwirklicht werden. Dadurch werde die Vergünstigungsvorschrift des § 6a GrEStG empfindlich eingeschränkt, da weder Verwaltung noch Rechtsprechung legitimiert seien, die Vergünstigung über den gesetzlichen Rahmen hinaus auszudehnen.

Gleichwohl wird § 6a S. 4 GrEStG entgegen des insoweit eindeutigen Wortlauts im Schrifttum – in der Rechtsprechung ist die Frage ersichtlich noch nicht entschieden worden –, auch von namenhaften Kommentaren, einschränkend dahingehend ausgelegt, dass die Vorbehaltsfrist als eingehalten angesehen wird, wenn innerhalb der Frist von fünf Jahren vom herrschenden Unternehmen eine abhängige Gesellschaft gegründet wird und diese nachfolgend vor Ablauf von fünf Jahren an einem konzerninternen Umwandlungsvorgang beteiligt ist.

Demnach bestehen nach Ansicht des FG durchaus Zweifel, ob nicht entgegen der Auffassung des Finanzamts im Streitfall die Vorbehaltensfrist nach § 6a S. 4 GrEStG doch als gewahrt anzusehen ist.

Die Beschwerde wird insbesondere auch im Hinblick auf die vom Schrifttum abweichende Meinung der Finanzverwaltung (Tz. 4 des gleichlautenden Erlasses der obersten Finanzbehörden der Länder vom 19.06.2012) zugelassen.

Anmerkungen

 

Aktuell: BFH, Urteile vom 21.08.2019, II R 15/19, II R 16/19, II R 19/19, II R 20/19, II R 21/19 und vom 22.08.2019, II R 17/19, II R 18/19

 

Beim BFH waren sieben Verfahren zu den Anwendungsvoraussetzungen des § 6a GrEStG anhängig, die bisher aufgrund des Vorlagebeschlusses vom 30.05.2017 (II R 62/14, siehe Deloitte Tax-News) ausgesetzt waren. Nachdem der EuGH mit seinem Urteil vom 19.12.2018 in der Rechtssache C-374/17 (A-Brauerei) dem von Deloitte vertretenen Standpunkt gefolgt ist und entschieden hat, dass die Steuerbefreiung in § 6a GrEStG keine verbotene Beihilfe darstellt (siehe Deloitte Tax-News), wurden die Verfahren fortgeführt. Zu den mündlichen Verhandlungen beim BFH hatten wir bereits berichtet (siehe Deloitte Tax-News). In seinen Urteilen vom 21.08.2019 und vom 22.08.2019 (siehe Deloitte Tax-News) legt der BFH die Regelungen der grunderwerbsteuerlichen Vergünstigung nach § 6a GrEStG nun weit aus. Das gilt sowohl für den in der Norm verwendeten Begriff des herrschenden Unternehmens als auch für die von der Steuerbegünstigung erfassten Umwandlungsvorgänge. Insbesondere müssen die für die Steuerbegünstigung vorausgesetzten Vor- und Nachbehaltensfristen nur insoweit eingehalten werden, als sie aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs auch eingehalten werden können. 

Betroffene Norm

§ 6a GrEStG

Streitjahr 2010

Fundstelle

Finanzgericht Nürnberg, Beschluss vom 27.06.2013, 4 V 1742/12, Beschwerde zugelassen

Weitere Fundstellen

Beitrittsaufforderung an das BMF: BFH, Beschluss vom 25.11.2015, II R 36/14

Gleich lautender Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder vom 19.06.2012, Tz. 4, BStBl I 2012, S. 662

Englische Zusammenfassung

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