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19.02.2015
Grundsteuer/ Grunderwerbsteuer

Grundsteuerreform: Es währt schon lange, wann wird es gut ?

Der Bundesfinanzhof hält in einem aktuellen Vorlagebeschluß zum BVerfG die aktuelle Einheitsbewertung für Grundsteuerzwecke ab dem 1.1.2009 für verfassungswidrig. Die Finanzminister diskutieren seit einigen Jahren über eine sachgerechte und zugleich möglichst einfache Neubewertung und geraten hierbei nun unter einen nochmals verstärkten Zeitdruck.

Hintergrund

Die Grundsteuer bemisst sich nach den Einheitswerten, die in den alten Bundesländern nach den Wertverhältnissen per 1.1.1964, in den neuen Bundesländern per 1.1.1935, ermittelt und festgestellt werden.

Vor 20 Jahren entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die Einheitsbewertung von Grundbesitz für Zwecke der Erbschaftsteuer und der Vermögensteuer schon damals verfassungswidrig war, soweit sie Grundbesitz in unverhältnismäßiger Weise begünstigte. Die Vermögensteuer wurde daraufhin nicht mehr erhoben. Für die Erbschaftsteuer sowie später auch für die Grunderwerbsteuer wurden eigenständige, zumindest am Verkehrswert orientierte Bewertungsverfahren eingeführt. Die Einheitsbewertung gilt heute nur noch für die Grundsteuer und für die sogenannte „Normalkürzung“ bei der Gewerbesteuer.

Aktuelle Diskussion
Während der Bundesfinanzhof in 2010 die Verfassungsmäßigkeit der Einheitswerte für die Grundsteuer bis zum Jahr 2007 trotz erheblicher Bedenken noch anerkannte, ist nun offenbar das Maß voll: Im Beschluss vom 22.10.2014 geht der BFH von der Verfassungswidrigkeit der Einheitsbewertung für Zwecke der Grundsteuer seit dem 1.1.2009 aus und legt diese Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor. Gemessen am gemeinen Wert, auf den hin eine steuerliche Bewertung ausgerichtet sein sollte, brandmarkt der BFH die fehlende Aktualität der Bewertung im Hinblick auf die technische und wirtschaftliche Entwicklung der Werte von Grund und Boden sowie Gebäuden. Innerhalb einer Kommune können die Einheitswerte die relative Bewertungsgerechtigkeit nicht mehr gewährleisten; es kommt zu verfassungswidrigen Verzerrungen zwischen Einheitswerten und der tatsächlichen Bewertungswirklichkeit.

Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit der Einheitsbewertung zumindest ab 2009, möglicherweise sogar – auf der Grundlage von Verfassungsbeschwerden gegen die BFH-Entscheidung aus 2010 – auch für frühere Jahre feststellt. Eigentlich fordert das Bundesverfassungsgericht nämlich für steuerliche Zwecke eine an den Gegenwartswerten ausgerichtete Bewertung und hält selbst ein 10-jähriges gesetzliches Moratorium für die Geltungsdauer einer steuerlichen Bewertung für in verfassungswidriger Weise zu lang.

Auch die Finanzverwaltung dürfte an der Verfassungswidrigkeit der Einheitsbewertung nicht wirklich zweifeln; jedenfalls werden seit einigen Jahren Feststellungen und Fortschreibungen von Einheitswerten sowie Festsetzungen von Grundsteuermessbeträgen im Hinblick auf die Vorlagebeschlüsse nur vorläufig durchgeführt.

Gleichzeitig dürfte es aber ausgeschlossen sein, auf die Erhebung der Grundsteuer künftig gänzlich zu verzichten; denn mit gut 20 % leistet die Grundsteuer einen erheblichen Beitrag zum kommunalen Steueraufkommen.

Da der Bund offenbar seine Gesetzgebungshoheit in Fragen der Grundsteuer anerkennt, das Aufkommen hieraus jedoch den Kommunen zusteht, wurden die Länder aufgefordert, sich zunächst auf ein neues Bewertungsverfahren zu einigen. Zielsetzungen der hierzu seit Jahren geführten Diskussion sind neben der Aktualität der Bewertung ein möglichst geringer Umstellungsaufwand durch Nutzung pauschalierend-vereinfachender Bewertungsmethoden, eine gleichwohl möglichst große Bewertungsgerechtigkeit durch hinreichende Differenzierungen und auch die Aufkommensneutralität der Grundsteuerreform, wobei die Kommunen aufgrund ihrer aktuellen Finanznöte sicherlich gegen ein reformbedingt höheres Grundsteueraufkommen nichts einzuwenden hätten. Sicher ist jedenfalls, dass es im Zuge der Reform Verlierer und Gewinner geben wird.

Das "Kompromissmodell"
Nachdem drei über einen längeren Zeitraum hinweg diskutierte Bewertungsmodelle wieder verworfen wurden, verfolgt die Finanzministerkonferenz nach unserem aktuellen Erkenntnisstand nunmehr ein sogenanntes „Kompromissmodell“ mit wohl im Wesentlichen folgenden Merkmalen:

Grundkonzept Wertorientierte Erfassung sowohl des Grund und Bodens als auch der Gebäude in pauschaler Form
Wertermittlungsmethode 1. Grundsatz: Sachwertverfahren
2. Bodenwert: Grundstücksflache x differenzierte Bodenrichtwerte
3. Gebäudewert: Bruttogrundfläche x differenzierte Regelherstellungskosten (wohl analog Anlage 24 zu § 190 Abs. 1 BewG)
Noch ungewiss: Konzeptionelle Bedeutung des Verkehrswerts • Angleichung des Sachwerts an den Verkehrswert durch Sachwertfaktoren (vgl. § 191 Abs. 1 BewG) ?
• Eröffnung der Möglichkeit zum Nachweis niedrigerer Verkehrswerte (analog §§ 138 Abs. 4 (GrESt.) und 198 (ErbSt.) BewG) ?

Nach unserem Kenntnisstand wird derzeit angestrebt, das Bewertungsmodell noch in 2015 zu verabschieden. Möglicherweise entscheidet auch das Bundesverfassungsgericht noch in 2015 oder in 2016, sodass dann mit einem Gesetzentwurf zur Reform der Bewertung und ggf. auch des Grundsteuergesetzes zu rechnen ist. Dem Vernehmen nach rechnet die Finanzverwaltung mit einem etwa 4-jährigen Anpassungsprozess, denn immerhin sind 35 Mio. Grundstücke neu zu bewerten.

Schon jetzt zeichnet sich ab, dass Gesetzgeber und Verwaltung im Zuge der Grundsteuerreform in vermutlich nicht unerheblichem Maße auf die Mitwirkung der Eigentümer der Grundstücke angewiesen sind. Denn eine möglichst aktuelle und zugleich hinreichend auf die Bewertungswirklichkeit ausgerichtete Bewertung bedarf der Erfassung dieser aktuellen Wirklichkeit bzgl. der technischen und wirtschaftlichen Bewertungsdeterminanten für Grundstücke und Gebäude. Zu vermuten ist, dass es hierfür Datenerfassungsbögen geben wird, die von den Steuerpflichtigen für jedes Bewertungsobjekt auszufüllen sind und die mit Sicherheit elektronisch zu versenden sein werden. Gleichzeitig ist zu bedenken, dass der Gesetzgeber mutmaßlich ein Verfahren einführen wird, das in regelmäßigen Abständen aktualisierte Werte produzieren soll, sodass Unternehmen und Privatleute sicherlich gut beraten sind, im Zuge der Reform Systeme zu installieren, die die Bewertung für Grundsteuerzwecke bestmöglich automatisieren und die vorhandenen Systeme zur Ermittlung und Fortschreibung von Grundbesitzwerten für andere Zwecke ergänzen.

Hinreichende Sicherheit wird über den konkreten Handlungsbedarf allerdings erst dann bestehen, wenn das von der Finanzverwaltung intendierte Bewertungsverfahren feststeht und der Gesetzgebungsprozess in Gang kommt – was nach aktueller Einschätzung während der nächsten zwei Jahre der Fall sein sollte.

Wir werden diesen Prozess höchst aufmerksam verfolgen, um unseren Mandanten in sämtlichen denkbaren Dimensionen einer sich abzeichnenden Grundsteuerreform:

  • neues steuergesetzliches Bewertungsverfahren in materieller und verfahrensmäßiger Hinsicht (weiterhin gesonderte Feststellungen ?),
  • Reform des Grundsteuerrechts (?), 
  • Methoden und Systeme zur Erfassung und Auswertung der geforderten Bewertungsdaten, ggf. unter Nutzung unserer immobilienwirtschaftlichen Datenbank-Lösung „innosys“, 
  • Einrichtung automatisierter Bewertungsverfahren und -systeme und deren Integration in das betriebliche Rechnungswesen einschließlich der automatisierten Generierung von Steuererklärungen, 
  • Klärung rechtlicher Zweifelsfragen bei der Verwaltung und Umlage der neuen Grundsteuer etc.

eine gebündelte und schlagkräftige Hilfestellung anbieten zu können.

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