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06.12.2022
Grundsteuer/ Grunderwerbsteuer

JStG 2022: Bedeutung der grunderwerbsteuerlichen Anzeigepflichten beim Share Deal nimmt zu

Hintergrund

 Hintergrund der Regelung ist die Einführung des § 1 Abs. 2b GrES tG mit Wirkung zum 01.07.2021 durch das Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes (siehe Deloitte Tax-News). Dieser sieht vor, dass die Übertragung von mindestens 90 % der Anteile an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft auf neue Gesellschafter innerhalb von zehn Jahren Grunderwerbsteuern auslöst. Das grunderwerbsteuerauslösende Ereignis ist hierbei das Closing, d.h. der (mittelbare) Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an den Anteilen der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft, und Steuerschuldner ist die grundbesitzende Kapitalgesellschaft.

Wenn bei solch einem Share Deal mindestens 90 % der Anteile an der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar durch einen Erwerber erworben werden oder diese Beteiligungsschwelle bei einem Erwerber durch Aufstockung bereits gehaltener Anteile erreicht wird, wird zugleich der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 3 GrEStG verwirklicht. Hierbei ist das grunderwerbsteuerauslösende Ereignis das Signing, d.h. der Abschluss eines wirksamen schuldrechtlichen Vertrags, und Steuerschuldner ist i.d.R. der Erwerber der Anteile.

Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass die Konkurrenzregelung des § 1 Abs. 3 GrEStG, nach der eine Besteuerung nach § 1 Abs. 3 GrEStG nur erfolgen soll, wenn eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2a und 2b GrEStG nicht in Betracht kommt, diese Problematik nicht lösen könne. Die Vorschriften des GrEStG seien stichtagsbezogen auszulegen. Wenn Signing und Closing zeitlich auseinanderfallen, komme zum Stichtag des Signings eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2b GrEStG nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des Closings zu diesem Zeitpunkt nicht gegeben sind. Nach den gleichlautenden Erlassen der Länder vom 10.05.2022 (siehe Deloitte Tax-News) soll eine zweifache Besteuerung dadurch vermieden werden, dass in der Regel nur eine Festsetzung für das Closing nach § 1 Abs. 2b GrEStG erfolgen soll. Klares Ziel der Erlasse ist es, eine zweifache Belastung eines Share Deals mit Grunderwerbsteuer zu vermeiden.

Gesetzliche Regelung durch das JStG 2022

Die Neuregelung des § 16 Abs. 4a GrEStG soll, der Intention des Erlassgebers folgend, eine zweifache Besteuerung desselben Anteilserwerbs vermeiden und als gesetzliche Regelung entsprechend für Rechtsklarheit und Rechtssicherheit sorgen. Die Regelung sieht vor, dass die Steuerfestsetzung für das Signing nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 3 GrEStG bei einer nachfolgenden Grunderwerbsteuerfestsetzung nach § 1 Abs. 2b GrEStG für das Closing aufgehoben oder geändert werden soll, sodass im Ergebnis nur eine Festsetzung nach § 1 Abs. 2b GrEStG verbleibt. Voraussetzung der Aufhebung oder Änderung nach § 16 Abs. 4a GrEStG ist nach Abs. 5 Satz 2 der Vorschrift jedoch, dass beide Vorgänge, d.h. Signing und Closing, rechtzeitig und vollständig angezeigt worden sind. Rechtzeitig ist die Anzeige, wenn sie dem zuständigen Finanzamt spätestens zwei Wochen nach Kenntniserlangung vom grunderwerbsteuerauslösenden Vorgang zugegangen ist; bei nicht in Deutschland ansässigen Steuerschuldnern verlängert sich diese Frist auf einen Monat. Vollständig ist die Anzeige, wenn die nach § 20 GrEStG erforderlichen Inhalte, also insbesondere umfangreiche Details zu den jeweiligen Grundstücken enthalten sind. An die Selbstverständlichkeit, dass ein und derselbe Erwerb von Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft nur einmal Grunderwerbsteuer auslösen sollte, werden somit sehr hohe formale Anforderungen geknüpft.

Die Einführung des § 16 Abs. 4a GrEStG führt dazu, dass Grunderwerbsteuer sowohl für das Signing als auch für das Closing endgültig festgesetzt werden, wenn nur einer dieser beiden Vorgänge nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig angezeigt worden sind. Der Gesetzesentwurf sieht derzeit keine Regelung zur zeitlichen Anwendbarkeit des § 16 Abs. 4a und 5 Satz 2 GrEStG vor, sodass dieser grundsätzlich für alle noch offenen Fälle gelten sollte. Da die gesetzliche Vorschrift strenger als die Regelung der gleich lautenden Ländererlasse vom 10. Mai 2022 stellt sich die Frage, ob bereits erfolgte Anteilsübertragungen von dieser Regelung geschützt sind. Insoweit müsste sich die Finanzverwaltung jedenfalls in Widerspruch zu ihrer eigenen in den gleich lautenden Erlassen vertretenen Auffassung in Widerspruch setzen, wenn sie die neue Regelung des § 16 Abs. 4a und 5 Satz 2 GrEStG auf Erwerbsvorgänge vor Inkrafttreten der Regelung anwenden möchte.

Fazit

Zukünftig wird es bei Share Deals insbesondere für den Erwerber der Anteile noch wichtiger die Anzeigen nach §§ 18 ff. GrEStG vorzunehmen bzw. vornehmen zu lassen und diese aufgrund des kurzen Zeitraums weitestgehend bereits vor dem Signing des SPA vorzubereiten. Denn insbesondere bei mittelbaren Anteilsübertragungen besteht erfahrungsgemäß die Herausforderung alle erforderlichen Details über den vorhandenen Grundbesitz zeitnah und vollständig in Erfahrung zu bringen. Je nachdem wie im konkreten Einzelfall die Zugriffsmöglichkeit des (mittelbaren) Erwerbers auf die grundbesitzende Gesellschaft ist, sollten auch entsprechende Regelungen zur Unterstützung und Vornahme der Anzeige in den SPA aufgenommen
werden.

Fundstelle

 Bundestag, Beschlussempfehlung Finanzausschuss Bundestag (so auch vom Bundestag verabschiedet), BT-Drs. 20/4729

Ihr Ansprechpartner

Susanne Hemme
Partnerin

shemme@deloitte.de
Tel.: +49 69 75695 7811

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