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16.09.2010
Indirekte Steuern/Zoll

Änderung bei Energie- und Stromsteuer: Mehrbelastungen für Unternehmen drohen

Die Bundesregierung hat am 01.09.2010 den Gesetzentwurf für ein Haushaltbegleitgesetzes 2011 verabschiedet, der für viele Unternehmen zu einer drastischen Erhöhung der Energie- und Stromkosten führen wird. Mit dem Gesetzentwurf sollen die Subventionen aus der ökologischen Steuerreform reduziert werden. Die Steuerentlastungen in Höhe von insgesamt rund 9 Milliarden Euro pro Jahr im Energie- und Stromsteuerrecht sollen gekürzt werden. Durch die geplanten Änderungen erhofft sich die Bundesregierung den Bundeshaushalt pro Jahr um 1,5 Mrd. Euro zu entlasten. Die in diesem Gesetzentwurf vorgesehenen Änderungen haben insbesondere für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes weitreichende Bedeutung.

Die Einzelheiten der geplanten Änderungen ab dem 01.01.2011 werden im Folgenden kurz darstellen.

Energiesteuer

Reduzierung der Steuerentlastungsbeträge nach § 54 EnergieStG

Die Steuerentlastungen für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes als Verwender von Energieerzeugnissen zum Verheizen oder zur Verwendung in begünstigten ortsfesten Anlagen (z.B. KWK-Anlagen, soweit dafür nicht bereits eine vollständige Begünstigung nach § 51 EnergieStG möglich ist) werden nach § 54 EnergieStG zum Teil um 50% im Vergleich zur derzeit bestehenden Gesetzeslage reduziert.

Steuerentlastung nach § 54 Absatz 2 EnergieStG für Energieerzeugnisse Derzeitige Steuerentlastung Steuerentlastung nach dem Entwurf der Bundesregierung
1.000 l nach § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 oder Nr. 3 versteuerte Energieerzeugnisse z.B. Diesel 16,36 Euro 12,27 Euro
1 MWh nach § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 versteuerte Energieerzeugnisse Erdgas 2,20 Euro 1,10 Euro
1.000 kg nach § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 versteuerte Energieerzeugnisse Flüssiggase 24,24 Euro 12,12 Euro
1 GJ nach § 2 Abs. 4a* versteuerte Energieerzuegnisse z.. B. Sekundärbrennstoffe wie z. B. Altreifen oder Kunststoffverpackungen - 0,35 Euro

* Die Einführung einer Besteuerung für Sekundärbrennstoffe nach deren Heizwert ist im Rahmen des Gesetzes zur Änderung des Energie- und Stromsteuergesetzes zum 01.01.2011 geplant.

Durch diese Reduzierung macht die Steuerentlastung nach § 54 EnergieStG für Unternehmen des Produzierenden Gewerbe lediglich 20% der Regelsteuersätze aus.

Unternehmen mit geringem Energiebedarf werden aufgrund der Anhebung der sogenannten Sockelbeträge von derzeit 205 Euro auf 500 Euro von der Steuerbegünstigung ausgenommen. D.h. dass die Verwendung von Energieerzeugnissen in Höhe von 500 Euro Energiesteuer voll besteuert wird.

Erfreulich ist, dass die Steuerentlastung nach § 51 EnergieStG für bestimmte Prozesse und Verfahren beibehalten werden soll. Hier ist im Rahmen des Gesetzes zur Änderung des Energie- und Stromsteuergesetzes jedoch eine geänderte Definition der begünstigten Prozesse und Verfahren beabsichtigt.

Reduzierung der Steuerentlastung beim sog. „Spitzenausgleich“

Darüber hinaus wird die Steuerentlastung aus dem sogenannten „Spitzenausgleich“ nach § 55 EnergieStG durch die Reduzierung des Steueranteils derzeit höchstens 95% auf höchstens 73% gemindert. Der Spitzenausgleich dient der Ökosteuerentlastung für energieintensive Betriebe, d.h. deren Personaleinsatz im Verhältnis zur verbrauchten Energie eher geringer ist und die daher durch die Ökosteuer höher belastet sind, als sie von dem Herabsenken der Rentenversicherungsbeiträge profitieren. Gleichzeitig wird der, der Steuerentlastung zugängliche Steueranteil nach § 55 Absatz 2 EnergieStG erhöht, um der o.g. Minderung der grundsätzlichen Steuerentlastung von Unternehmen des produzierenden Gewerbes Rechnung zu tragen.

Steueranteil nach § 55 Absatz 2 EnergieStG für derzeitiger Steueranteil Steueranteil nach Entwurf der Bundesregierung
1 MWh Erdgas oder 1 MWh gasförmige Kohlenwasserstoffe nach § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 1,46 Euro 2,56 Euro
1.000 kg Flüssiggase nach § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 10,80 Euro 22,92 Euro
für 1.000 l Schweröle nach § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 oder Nr. 3 4,09 Euro 8,18 Euro
1 GJ nach § 2 Abs. 4a versteuerte Energieerzeugnisse - 0,23 Euro

Der sich aus der oben genannten Tabelle ergebende Steueranteil wird um 2.000 Euro vermindert

Durch die oben genannte Reduzierung des Steueranteils für den Spitzenausgleich ist im Ergebnis jedoch gleichwohl eine geringere Entlastung nach Anwendung beider Entlastungsvorschriften für Unternehmen des produzierenden Gewerbes gegeben.

Stromsteuer

Wegfall des Erlaubnisverfahrens

Wesentliche Neuerung im Bereich des Stromsteuerrechts ist der Wegfall des sog. „Erlaubnisverfahrens nach § 9 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 StromStG“. Dies hat zur Folge, dass Unternehmen des Produzierenden Gewerbes entgegen derzeitiger Rechtslage nicht mehr Strom zum reduzierten Steuersatz beziehen können.

Durch die Neuregelung und dem Wegfall des bisherigen Erlaubnisverfahrens nach § 9 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 StromStG wird die Systematik des Stromsteuerrechts an die Systematik des Energiesteuerrechts angepasst. Von daher ist der Strom vom Versorger zunächst mit dem vollen Stromsteuerregelsatz i.H.v. 20,50 Euro/ MWh zu versteuern. Dieser stellt die Stromsteuer zukünftig mit dem Regelsteuersatz in Höhe von 20,50 Euro/ MWh in Rechnung (Ausnahme: bei Lieferung an einen Versorger). Im Ergebnis verteuert sich der Stromeinkauf zunächst um 8,20 Euro/ MWh.

Einführung einer nachgelagerten Erstattung

Gleichzeitig wird eine nachgelagerte Steuerentlastung für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes in Höhe von 4,10 Euro/MWh eingeführt.

Im Ergebnis wird somit nicht nur die Steuerentlastung deutlich reduziert, sondern durch den Wegfall des Erlaubnisverfahrens ist auch erheblicher Liquiditätsnachteil verbunden, da der Strom vom Lieferanten zunächst zum vollen Steuersatz bezogen und bezahlt werden muss und die Steuererstattung regelmäßig erst zeitlich versetzt beantragt werden kann.

Zudem wird diese Steuerentlastung nur gewährt, sofern der Entlastungsbetrag im Kalenderjahr den Betrag von 500 Euro übersteigt.

Wegfall der Vergütung der Steuer nach § 17 Stromsteuer-Durchführungsverordnung

Bis zum 31.12.2010 wird Unternehmen des Produzierenden Gewerbes oder der Land- und Forstwirtschaft, die als Mieter, Pächter oder vergleichbare Vertragspartei desjenigen, der den Strom leistet, Strom zum Regelsteuersatz (20,50 Euro/MWh) beziehen, auf Antrag eine Vergütung in Höhe von 8,20 Euro /MWh gewährt, soweit der Strom über eine Menge von 25 MWh hinaus für betriebliche Zwecke entnommen wird. Durch die neue Systematik der Besteuerung und der Steuerentlastung fällt die bisher mögliche Vergütung der Stromsteuer nach § 17 Stromsteuer-Durchführungsverordnung ersatzlos weg.

Reduzierung der Steuerentlastung beim sog. „Spitzenausgleich“

Im Bereich des Spitzenausgleiches nach § 10 StromStG wird der Steuerentlastungsbetrag von max. 95% derzeit auf höchstens 73% gesenkt.

Ferner wird der sog. „Sockelbetrag“ von derzeit 512,50 Euro auf 2.500 Euro erhöht.

Genehmigungsvorbehalt

Die im vorliegenden Gesetzentwurf niedergelegten Steuerbegünstigungen werden grundsätzlich bis Ende des Jahres 2012 befristet, da die ursprüngliche beihilferechtliche Genehmigung der Europäischen Kommission bis zum Ende des Jahres 2012 befristet worden ist. Inwieweit über das Jahr 2012 hinaus energie- und stromsteuerliche Begünstigungen gewährt werden, ist derzeit noch offen, da für eine Fortführung der Begünstigungen ab dem Jahr 2013 eine gesetzliche Regelung erforderlich ist, die einer neuen beihilferechtlichen Genehmigung der Europäischen Kommission bedarf. Im Gesetzentwurf ist jedoch angekündigt, dass die Vorarbeiten für eine neue gesetzliche Regelung und der beihilferechtlichen Genehmigung im Frühjahr 2011 mit dem Ziel aufgenommen werden, eine Nachfolgeregelung bis spätestens zum Sommer 2012 herbeizuführen.

Änderungen der Energie- und Stromsteuervergünstigungen in „Contracting“-Fällen

Die Bundesregierung begegnet mit dem Gesetzesentwurf der Kritik des Bundesrechnungshofes für den Bereich des sog. „Contracting“, in dem die Mitnahmeeffekte, die durch die Auslagerung der Energieerzeugung durch Unternehmen, die keine Unternehmen des Produzierenden Gewerbes sind (z.B. Supermärkte, Krankhäuser, Banken, Versicherungen), entstanden sind, eingeschränkt werden. Zukünftig werden daher Steuerentlastungen für Energieerzeugnisse zur Erzeugung von Wärme bzw. Strom, der zur Erzeugung von Wärme , Licht, Kälte, Druckluft und mechanischer Energie entnommen worden ist, nur noch dann zugelassen, soweit die vorgenannten Erzeugnisse nachweislich durch ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes genutzt worden sind. Aus Sicht der Bundesregierung wird mit dieser Maßnahme einer Fehlentwicklung entgegengewirkt und Steuerbegünstigungen von Energieverbrauchern reduziert, die nicht zum Kreis derjenigen gehören, die ursprünglich entlastet werden sollten.

Fundstellen

Bundesregierung, Regierungsentwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 2011.
Bundesregierung, Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Energie- und Stromsteuergesetzes.

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HBeglG 2011: Bundesrat entscheidet zum Gesetz - 30.11.2010
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