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30.06.2021
Indirekte Steuern/Zoll

Änderungen der Straf- und Bußgeldvorschriften im UStG ab 01.07.2021 – (K)Ein Grund zur Panik?

Durch das JStG 2020 treten Änderungen der Straf- und Bußgeldvorschriften in Kraft. Betroffen sind nicht nur die Fälle der besonders schweren Steuerhinterziehung.

Bußgeldvorschriften - insbesondere der neue § 26a Abs. 1 UStG ab dem 01.07.2021

Durch das JStG 2020 sind alle umsatzsteuerlichen Ordnungswidrigkeitstatbestände in § 26a UStG zusammengeführt worden. Die bisher in § 26b UStG geregelte Schädigung des Umsatzsteueraufkommens findet sich in geänderter Form in § 26a Abs. 1 UStG wieder, der zusätzlich um die Verweise auf alle neu aufgenommenen Entrichtungsgebote ergänzt wurde (§§ 18, 18i, 18j, 18k UStG). Im Rahmen der Novelle wurde das ursprüngliche Tatbestandsmerkmal des § 26b UStG „in einer Rechnung ausgewiesene Steuer“ gestrichen, so dass es für das Vorliegen einer Pflichtverletzung nur noch darauf ankommt, dass die fällige Umsatzsteuer nicht rechtzeitig gezahlt wird. Ausreichend ist jede Form der vorsätzlichen und rechtswidrigen Nichtzahlung einer angemeldeten oder festgesetzten Umsatzsteuer. Nach der Gesetzesbegründung sind auch erstmalige Verstöße grundsätzlich ahndungswürdig. Das erforderliche Verschulden des Steuerpflichtigen richtet sich dabei nach den allgemeinen Regeln des OWiG. Bei der Verfolgung von Gesetzesverstößen wird dem im Ordnungswidrigkeitsrecht geltenden Opportunitätsgrundsatz daher eine tragende/zentrale Rolle zukommen. Die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Verfolgungsbehörde. Zudem wurde der obere Bußgeldrahmen für die Fälle der Nichtzahlung der Umsatzsteuer von 50.000 EUR auf 30.000 EUR herabgesetzt und der unmittelbar mit § 26b UStG zusammenhängende Straftatbestand des § 26c UStG redaktionell angepasst. Die Änderungen treten mit Wirkung ab 01.07.2021 in Kraft.

Auswirkungen für die Praxis: Unterschied zwischen Theorie und Praxis

Jede Nichtzahlung der Umsatzsteuer erfüllt den objektiven Tatbestand des § 26a Abs. 1 UStG. Das gilt unabhängig vom Vorliegen eines möglichen Hinterziehungssachverhalts. Damit werden auch die Fälle erfasst, in denen der Steuerpflichtige schlicht vergisst, die angemeldete Umsatzsteuer fristgemäß zu zahlen oder etwa zahlungsunfähig ist. Im Rahmen der Verfolgung ist der Steuerpflichtige somit von der Ermessensausübung der Verwaltung abhängig. Anders formuliert: Bei einem Masseverfahren, wie dem der Umsatzsteuererhebung, wird die Verwaltung den ihr zustehenden Ermessensspielraum im Rahmen des Entschließungs- und Auswahlermessen schon im eigenen Interesse praktisch dahingehend ausüben, weniger schwerwiegende Verstöße von Steuerpflichtigen nicht weiter zu verfolgen. Schon aus personellen Gründen wird die Verwaltung nicht jeden Fall, den sie theoretisch der Bußgeld- und Strafsachenstelle melden könnte, weil der objektive Tatbestand verwirklicht wurde, tatsächlich auch weitergeben. Denn das hätte nichts mehr mit der Bekämpfung der organisierten Umsatzsteuerhinterziehung zu tun, die den Sinn und Zweck der Vorschrift bildet und auch nach der ausführlichen Gesetzesbegründung angestrebt wird. Offen ist bislang, ob die Finanzverwaltung ein BMF-Schreiben plant, in dem sie sich über die Art der fehlenden Zahlung (Nichtzahlung,​ verspätet, über welchen Zeitraum), eine mögliche Zahlungshöhe sowie die Frage, in welcher Höhe eine Sanktion durch Bußgeld erfolgen kann, äußern wird. Damit würde jedenfalls eine einheitliche Anwendung der Vorschriften sichergestellt werden.

Verlängerung der strafrechtlichen Verjährungsfrist für Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen ab dem 01.01.2021 - § 376 Abs. 1 AO

Seit dem Inkrafttreten des JStG 2020 am 29.12.2020 gilt für alle bis dahin noch nicht verjährten Steuerhinterziehungen in besonders schweren Fällen die strafrechtliche Verjährungsfrist von 15 Jahren. Zu den Steuerhinterziehungen in besonders schweren Fällen zählt auch die Hinterziehung im großen Ausmaß. Eine Hinterziehung im großem Ausmaß liegt regelmäßig vor, wenn der Hinterziehungsbetrag 50.000 EUR je Tat übersteigt. Dieser Betrag ist bei der Umsatzsteuer schnell erreicht. Die Verpflichtung zur Berichtigung sowie die Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige sind die Folge. Aufgrund der Verlängerung der strafrechtlichen Verjährungsfrist gilt allerdings auch ein 15jähriger Berichtigungszeitraum im Rahmen von Offenlegungen. Zudem kommt es durch die Verlängerung der strafrechtlichen Verjährungsfrist im Ergebnis auch zu einer Verlängerung der steuerlichen Festsetzungsverjährung (durch Ablaufhemmung). Auswirkungen hat die Verlängerung auch auf die Dauer der Aufbewahrung von steuerrelevanten Unterlagen. Die Regelung ist zum 29.12.2020 in Kraft getreten und ist auf alle Taten, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährt waren, anzuwenden.

Betroffene Normen

§§ 26a Abs. 1, 26b, 26c, §§ 18, 18i, 18j, 18k UStG
§ 376 Abs. 1, 371, 153, 169, 171 Abs. 7 AO

Fundstelle

​Jahressteuergesetz 2020 (JStG 2020) vom 21.12.2020, BGBl I 2020, S. 3096 ff (Leseversion)

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