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10.09.2020
Indirekte Steuern/Zoll

BFH: Entstehung der Biersteuer für ein Biermischgetränk

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 26.05.2020 (VII R 58/18) entschieden, dass Produktionsverluste während der Herstellung eines Biermischgetränkes Teil der steuerbaren Menge und somit bei der Berechnung der Biersteuer einzubeziehen sind.

Hintergrund

Das Finanzgericht Kassel hatte im Jahr 2017 entschieden, dass Produktionsverluste während der Herstellung eines Biermischgetränkes (aus Vollbier und Fruchtsaftkonzentrat) nicht Teil der steuerbaren Menge nach § 2 Biersteuerverordnung sind und somit bei der Berechnung der Biersteuer außen vor bleiben müssen (Az.: 7 K 1385/17).

Hintergrund des Rechtsstreits war die Festsetzung der Biersteuer gegenüber einer Kelterei, die ein Biermischgetränk in einem mehrstufigen Prozess herstellte. Bei diesem Prozess kam es insgesamt zu einem Verlust der eingesetzten Flüssigkeiten von etwa 18,82%. Die Kelterei bezog zu diesem Zeitpunkt von Dritten voll versteuertes Bier und hatte kein Steuerlager angemeldet.
Da das Hauptzollamt auch den produktionsbedingten Verlust zur steuerbaren Menge gezählt hatte, erhob die Kelterei Klage, in der sie vortrug, dass für die steuerbare Menge lediglich das Fertigerzeugnis maßgeblich sei und die Biersteuer deshalb herabzusetzen sei. Gegen die Entscheidung legte das beklagte Hauptzollamt Revision ein.

Entscheidung

Das Urteil des BFH enthält folgende Kernaussagen:
Produktionsverluste, die während der Herstellung eines Biermischgetränkes, dort jedoch erst nach der Entstehung eines verbrauchsteuerpflichtigen Erzeugnisses eintreten, sind nicht steuermindernd zu berücksichtigen.
Der Steuergegenstand ist in diesem Fall Bier, worunter auch Mischungen von Bier mit nichtalkoholischen Getränken fallen [„(...) Mischungen gegorener Getränke und nichtalkoholischer Getränke, (…)“, Pos. 2206 der Kombinierten Nomenklatur]. Bei einem wörtlichen Verständnis des Positionswortlauts kommt es für die Entstehung dieses Steuergegenstandes nur darauf an, dass zwei (näher bestimmte) Getränke vermischt werden, was auch im Fall von Qualitätsverlusten z.B. durch Ausflockung gegeben wäre.

Der BFH ist der Ansicht, dass im vorliegenden Fall spätestens nach der Absonderung des Flockentrubs, welcher bei der erstmaligen Vermischung des Biers mit dem Saftkonzentrat entsteht, ein Steuergegenstand im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 2 Biersteuergesetz (BierStG) i.V.m. Pos. 2206 der Kombinierten Nomenklatur und § 1 Abs. 3 BierStG vorliegt, weil sich danach keine wesentlichen Bearbeitungsschritte mehr angeschlossen haben und die Herstellung des Biermischgetränks daher spätestens in diesem Zeitpunkt als abgeschlossen betrachtet werden kann.

In diesem Zustand wurde das Getränk auch an die Kunden verkauft, weshalb spätestens in diesem Zeitpunkt von seiner Trinkfertigkeit und seiner Bestimmung zur Abgabe an den Verbraucher auszugehen ist. Dass es zu diesem Zeitpunkt noch nicht in für den Einzelverkauf bestimmte Behältnisse abgefüllt ist, ist unbeachtlich, weil weder die Flaschenabfüllung noch die Pasteurisierung zur Herstellung des Steuergegenstands gehören.
Die Verluste bei der Abfüllung der Mischung in Flaschen durch Überschäumen von Flaschen und Flaschenbruch sind nicht von der steuerbaren Menge abzuziehen, weil das Abfüllen des Bieres in Flaschen nicht mehr zum Herstellungsprozess gehört und die Verluste daher erst nach der Herstellung von Bier iSv § 1 Abs. 1 Nr. 2 BierStG und nach der Entstehung der Biersteuer gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 iVm Abs. 1 BierstG eingetreten sind.

Nach alter Rechtsprechung des BFH konnte das Abfüllen des Bieres noch zum Herstellen gerechnet werden. Dies lag jedoch daran, dass im alten Biersteuergesetz die Herstellung von Bier außerhalb der Brauerei (vergleichbar mit dem heutigen Steuerlager) nicht geregelt war. Somit kannte das alte (rein nationale) BierStG als Steuerentstehungstatbestand im Wesentlichen die Entfernung von Bier aus der Brauerei. Ein Rückgriff auf das BierStG a.F. kommt auch deshalb nicht in Betracht, weil es das Bier in Form einer Mischung aus Bier und einem nichtalkoholischen Getränk nicht kannte.
Die Verluste bei der Abfüllung des Gemisches in Flaschen sind auch nicht gemäß § 14 Abs. 3 S. 1 BierStG steuermindernd zu berücksichtigen, laut dem Bier dann als vollständig zerstört oder unwiederbringlich verloren gegangen gilt, wenn es als solches nicht mehr genutzt werden kann.

Diese Ausnahme setzt nämlich voraus, dass der Steuergegenstand Bier bereits vorliegt, aber die Steuer dafür noch nicht entstanden ist. § 14 Abs. 3 S. 1 BierStG betrifft daher nur die Fälle, in denen sich das Bier noch in einem Verfahren der Steueraussetzung befindet. Für die Herstellung ohne Erlaubnis nach § 5 BierStG – wie in diesem Fall – gilt sie dagegen nicht, weil mit dem Abschluss der Herstellung des Steuergegenstands Bier zugleich die Steuer entsteht.
Entwicklung:
Ob die Biersteuer hier bereits vor oder erst nach der Absonderung des Flockentrubs entstanden ist, konnte der Senat nicht abschließend beurteilen, weil das FG ausgehend von seiner abweichenden Rechtsauffassung diesbezüglich keine ausreichenden Feststellungen getroffen hat. Das FG Kassel wird nun im zweiten Rechtsgang zu prüfen haben, ob hier nach den objektiven Merkmalen und Eigenschaften der Ware der Steuergegenstand bereits vor oder erst nach der Absonderung des Flockentrubs vorlag und ob die Verluste infolge der Ausflockung und Filtrierung des Gemisches vor oder nach der Steuerentstehung eingetreten sind.

Sofern das FG zu dem Ergebnis kommt, dass erst nach der Absonderung des Flockentrubs ein Steuergegenstand i.S. von § 1 Abs. 2 Nr. 2 BierStG vorliegt, wird es zur Feststellung der steuerbaren Menge ermitteln müssen, wie hoch genau der bis dahin eingetretene Produktionsverlust ist. Denn die bisherigen Feststellungen des FG benennen den Produktionsverlust nur insgesamt (bestehend aus Verlust durch Flockentrub und Verlust bei der Abfüllung).

Betroffene Normen

 § 1 Abs. 2 Nr 2 BierStG, § 14 Abs. 3 BierStV § 2, § 14 Abs. 2 Nr 2 BierStG

Vorinstanz

Finanzgericht Hessen, Urteil vom 10.04.2018, 7 K 1385/17

Fundstelle

BFH, Urteil vom 26.05.2020, VII R 58/18

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