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20.07.2017
Indirekte Steuern/Zoll

BFH: Organisatorische Eingliederung durch Beherrschungsvertrag

 Die auf einem Beherrschungsvertrag beruhenden umfassenden Weisungsrechte führen nach Ansicht des BFH – anders als die sich aus der Stellung als Mehrheitsgesellschafter ergebenden Weisungsrechte – zur organisatorischen Eingliederung im Sinne einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft.

Sachverhalt

 Mit notariellem Vertrag schloss die Klägerin als herrschendes Unternehmen mit ihrer Tochtergesellschaft in Gründung einen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag. Danach unterstellte sich die Tochtergesellschaft der Leitung der Klägerin. Nach dem Vertrag ist diese berechtigt, der Geschäftsführung der Tochtergesellschaft sowohl hinsichtlich der Leitung der Gesellschaft als auch allgemein oder auf Einzelfälle bezogene Weisungen zu erteilen. Die Tochtergesellschaft verpflichtete sich, den Weisungen zu folgen. Die Geschäftsführungen der Klägerin und ihrer Tochtergesellschaft waren personenverschieden.

Das FA behandelte die beiden Gesellschaften als ein Unternehmen in Gestalt einer umsatzsteuerlichen Organschaft. Die Klägerin machte demgegenüber geltend, dass mangels Personenidentität in den Geschäftsführungen der beiden Gesellschaften eine organisatorische Eingliederung als Voraussetzung einer umsatzsteuerlichen Organschaft nicht vorliege.

Entscheidung

 Der BFH teilt die Rechtsauffassung des Finanzamtes und bejaht das Vorliegen einer Organschaft. Eine juristische Person ist organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert, wenn der Organträger die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft in der laufenden Geschäftsführung wahrnimmt, wobei er die Organgesellschaft durch die Art und Weise der Geschäftsführung beherrschen muss. Die organisatorische Eingliederung erfordert im Regelfall eine personelle Verflechtung über die Geschäftsführung der juristischen Person als Organgesellschaft.

Unterstellt eine juristische Person gemäß oder entsprechend § 291 AktG die Leitung ihrer Gesellschaft einem anderen Unternehmen, so führen die auf diesem Beherrschungsvertrag beruhenden umfassenden Weisungsrechte anders als die sich aus der Stellung als Mehrheitsgesellschafter ergebenden Weisungsreche zur organisatorischen Eingliederung. Zwar berechtigt auch die mit der finanziellen Eingliederung einhergehende Stellung als Mehrheitsgesellschafter gem. § 46 Nr. 6 GmbHG zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung des beherrschten Unternehmens und zur Erteilung von Weisungen. Dieses Weisungsrecht erfüllt aber nach ständiger Rechtsprechung nicht das selbständige Tatbestandsmerkmal der organisatorischen Eingliederung. Etwas anderes gilt demgegenüber für die weitergehenden Rechte aus einem Beherrschungsvertrag; sie führen zur organisatorischen Eingliederung, weil sich das Weisungsrecht nach § 308 AktG nicht auf die Überwachung beschränkt, sondern darüber hinaus auf die Leitung der Gesellschaft bezieht.

Anmerkung

 Das Urteil enthält eine wichtige Klarstellung im Sinne der herrschenden Meinung (vgl. die umfangreichen Literaturhinweise in dem besprochenen Urteil) und der Verwaltungsauffassung (Abschn. 2.8 Abs. 10 Satz 4) zu dieser Rechtsfrage und erhöht damit die Rechtssicherheit. In der Diskussion (vgl. z.B. Wäger UR 2012, 125) um die Voraussetzungen der organisatorischen Eingliederung tauchte immer wieder die Frage auf, ob ein Beherrschungsvertrag nicht lediglich die Stellung des Mehrheitsgesellschafters in seiner Stellung als Gesellschafter stärke und daher nur im Rahmen der finanziellen Eingliederung zu berücksichtigen sei. Dieser Diskussion dürfte durch die vorliegende Entscheidung endgültig der Boden entzogen sein. Angesichts der Tatsache, dass der BFH die Rechtsauffassung der Verwaltung stützt, kann davon ausgegangen werden, dass das Urteil kurzfristig im BStBl. veröffentlicht werden wird.

Betroffene Norm

 § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG, Art. 11 MwStSystRL

Vorinstanz

 FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.07.2015, 6 K 1352/14

Fundstelle

 BFH, Urteil vom 10.05.2017, V R 7/16

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