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17.03.2016
Indirekte Steuern/Zoll

BFH: Umsätze aus der Aufnahme und Verpflegung von Begleitpersonen von Patienten nicht steuerfrei

Der BFH entscheidet, dass die Gewährung von Unterkunft und Verpflegung gegenüber Begleitpersonen von Patienten und die Verpflegung von Mitarbeitern in Reha-Kliniken umsatzsteuerpflichtig sind.

Sachverhalt

Die Klägerin ist Trägerin verschiedener Reha-Kliniken und erbrachte krankenhausübliche Nebenleistungen, wie z.B. die Zurverfügungstellung von Telefonen und Fernseher. Zu diesen krankenhausüblichen Nebenleistungen gehörten auch die Verpflegung von Begleitpersonen durch die Kantinen der Kliniken und die Aufnahme der Begleitpersonen, in der Regel mit Zusatzbett im Patientenzimmer, gelegentlich in Gästezimmern. Die Unterbringung von Begleitpersonen wurde auf den Internetseiten der jeweiligen Kliniken der Klägerin gesondert angeboten und beworben. Je nach Klinik sahen die Aufnahmeverträge bzw. Buchungen vor, dass der Patient für die Begleitperson oder die Begleitperson für sich selbst eine verbindliche Anmeldung abzugeben hatte.

Streitig ist im Rahmen der Umsatzsteuer-Festsetzung, ob Umsätze betreffend die Aufnahme und Verpflegung von Begleitpersonen von Patienten hoheitlich und somit nicht umsatzsteuerbar sind oder ob diese Umsätze nicht jedenfalls gemäß § 4 Nr. 15 UStG als Umsätze eines Trägers der gesetzlichen Sozialversicherung gegenüber Versicherten oder als mit dem Krankenhausbetrieb eng verbundene Umsätze nach § 4 Nr. 16 UStG umsatzsteuerfrei sind. Außerdem ist streitig, ob Umsätze betreffend die Verpflegung von Mitarbeitern als Umsätze eines Trägers der gesetzlichen Sozialversicherung gegenüber Versicherten im Sinne des § 4 Nr. 15 UStG umsatzsteuerfrei sind.

Das FG Münster hat die Klage der Kläger mit Urteil vom 19.11.2013 abgewiesen. Die Klägerin sei durch die Gewährung von Unterkunft und Verpflegung gegenüber Begleitpersonen von Patienten und der Verpflegung von Mitarbeitern in ihren Reha-Kliniken unternehmerisch tätig geworden und erbringe umsatzsteuerpflichtige Leistungen. Hiergegen hat sich die Klägerin mit der vom FG zugelassenen Revision gewendet.

Entscheidung

Der BFH hat die Revision der Klägerin nunmehr als unbegründet zurückgewiesen und das Urteil des FG Münster bestätigt.

Zunächst stellt der BFH fest, dass die Klägerin durch die auf privatrechtlicher Grundlage erfolgte unentgeltliche Unterbringung und Verpflegung von Begleitpersonen von Patienten sowie durch die Verpflegung von Mitarbeiterin unternehmerisch i.S.d. § 2 Abs. 3 UStG tätig geworden sei.

Die seitens der Klägerin erbrachten, umsatzsteuerbaren Leistungen sind weiterhin nicht nach § 4 Nr. 15 Buchst. b), Nr. 16 Buchst. a) a.F. UStG von der Umsatzsteuer befreit.

Die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 5 Buchst. b) UStG sei im Lichte des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g) der Richtlinie 2006/112/EG des Rats vom 28.11.2006 (MwStSystRL) auszulegen. Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g) MwStSystRL sind nur die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen und Lieferung von Gegenständen steuerfrei. Hingegen sind Dienstleistungen und Lieferung von der Befreiung ausgeschlossen, wenn sie zur Ausübung der Tätigkeiten, für die die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich sind und im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die unmittelbaren Wettbewerb mit Tätigkeiten von der MwSt unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden. Insofern können bei der gebotenen richtlinienkonformer Auslegung nicht alle Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherungsträger an ihre Versicherten nach § 4 Nr. 15 Buchst. b) UStG steuerfrei sein. Steuerfrei sind vielmehr nur die Dienstleistungen der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit oder damit eng verbundene Leistungen. Im Streitfall wurden die Unterbringung von Begleitpersonen und die Verpflegung von Mitarbeitern jedoch außerhalb eines bestehenden Sozialversicherungsverhältnisses erbracht. Ferner kann die Klägerin auch ohne die Unterbringung und Verpflegung von Begleitpersonen bzw. die Verpflegung von Mitarbeitern ihre medizinischen Leistungen zur Rehabilitation mit der gleichen Qualität erbringen, so dass die streitgegenständlichen Leistungen für die Tätigkeit als Rehabilitationsklinik auch nicht unerlässlich sind. Mit den seitens der Klägerin erbrachten Unterbringungs- und Verpflegungsleistungen tritt diese zudem in unmittelbaren Wettbewerb mit Tätigkeiten von der MwSt unterliegenden Unternehmen (z.B. Hotels und Gaststätten).

Die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 16 Buchst. a) UStG a.F. sah u.a. vor, dass die mit dem Betrieb der Krankenhäuser eng verbundenen Umsätze steuerfrei sind, wenn sie – wie im Streitfall – von juristischen Personen des öffentlichen Rechts betrieben wurden. Der EuGH hat zu der Vorschrift, auf der § 4 Nr. 16 Buchst. a) UStG beruhte (vgl. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b) der Richtlinie 77/388/EWG) entschieden, dass Dienstleistungen, die – wie hier – dazu dienen, den Komfort und das Wohlbefinden der Krankenhauspatienten zu verbessern, grundsätzlich nicht steuerfrei sind. Eine Ausnahme soll nur dann gelten, wenn diese Leistungen zur Erreichung der mit der Krankenhausbehandlung verfolgten therapeutischen Ziele unerlässlich sind. Gerade dies ist nach Ansicht des BFH bei der Unterbringung und Verpflegung von Begleitpersonen der Patienten sowie bei der Verpflegung der eigenen Mitarbeiter nicht der Fall.

Betroffene Normen
UStG § 4 Nr. 14a; MwStSystRL Art. 132 Abs. 1, Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i und j

Vorinstanz
FG Münster, Urteil vom 19.11.2013, 15 K 2352/10 U, EFG 2014, S. 311, siehe Deloitte Tax-News

Fundstelle
BFH, Urteil vom 16.12.2015, XI R 52/13

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