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27.07.2018
Indirekte Steuern/Zoll

BMF: Steuerbarkeit von grenzüberschreitenden Innenumsätzen zwischen Hauptniederlassung und einer Organschaft angehörenden Betriebsstätte

In einem Entwurf eines Schreibens nimmt das BMF zum EuGH-Urteil Skandia America Stellung. Bei von einem ausländischen Stammhaus erbrachten Dienstleistungen an einer Organschaft angehörenden Betriebsstätte im Inland handelt es sich um steuerbare Umsätze, die im Inland im Reverse Charge Verfahren zu besteuern sind. Die Zugehörigkeit einer festen Niederlassung zu einer Organschaft hat Vorrang gegenüber der Zugehörigkeit zum Unternehmen des Stammhauses im Drittland.

Hintergrund

Erbringt ein im Ausland ansässiges Stammhaus an seine inländische Betriebsstätte eine Dienstleistung, so ist dieser Vorgang nicht steuerbar, da die Betriebsstätte einen unselbstständigen Teil des im Ausland ansässigen Unternehmens darstellt. Die Betriebsstätte ist aus Sicht des Stammhauses keine „Anderer“ sondern die inländische Präsenz desselben Unternehmers. Die grenzüberschreitende „Dienstleistung“ ist daher ein unternehmensinterner nicht steuerbarer Vorgang. Diese Betriebsstätte kann ihrerseits einer inländischen Organschaft z.B. mit einer inländischen Tochtergesellschaft des im Ausland ansässigen Unternehmers (Stammhaus) als Organträger angehören. Die Betriebsstätte ist in diesem Fall als „Schnittmenge“ gleichzeitig Teil des Unternehmens der Organträgerin und Teil des Unternehmens des Stammhauses. Es besteht daher die Möglichkeit, z.B. Software ohne Umsatzsteuerbelastung vom Stammhaus in die Tochtergesellschaft zu übertragen. Ist der Empfänger z.B. als Finanzdienstleister nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, führt dies mangels Steuerbelastung zu einer Reduzierung der Kosten.
Ein derartiger Sachverhalt lag der Rechtssache Skandia America (EuGH v. 17.9.2014 C- 7/13) zugrunde.

Der EuGH hat entschieden, dass die von einer Hauptniederlassung in einem Drittland zugunsten einer Zweigniederlassung in einem Mitgliedstaat erbrachten Dienstleistungen steuerbare Umsätze darstellen, wenn die Zweigniederlassung einer Gruppe von Personen angehört, die als ein einziger Mehrwertsteuerpflichtiger angesehen werden kann.
Demgegenüber ist die deutsche Finanzverwaltung der Auffassung, dass Innenleistungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte auch bei Einbeziehung in eine Organschaft nicht steuerbar sind (Vgl. Abschn. 2.9 Abs. 2 Satz 2 UStAE.).

Das Urteil in der Rechtssache Skandia hat bislang in den Verwaltungsanweisungen keinen Niederschlag gefunden.
Dies wird sich voraussichtlich ändern, wie der den Verbänden vorliegende Entwurf eines BMF Schreibens zeigt.

BMF-Schreiben (Entwurf)

Nach dem Entwurf des BMF-Schreibens sind die vom EuGH in der Rechtssache Skandia America entwickelten Grundsätze nur auf solche Fälle anzuwenden, in denen Leistungen zwischen einer Hauptniederlassung in einem Drittland und ihrer Betriebsstätte, die in einem Mitgliedstaat einer MwSt-Gruppe angehört, ausgetauscht werden.

Es bleibt jedoch nach Auffassung der Finanzverwaltung dabei, dass grenzüberschreitende Leistungen innerhalb des Unternehmens, insbesondere zwischen dem Unternehmer und seinen Betriebsstätten oder umgekehrt – mit Ausnahme von Warenbewegungen auf Grund eines innergemeinschaftlichen Verbringens – im Regelfall als nicht steuerbare Innenumsätze zu beurteilen sind. Demgegenüber sind Leistungen zwischen einer Hauptniederlassung in einem Drittland und ihren inländischen Betriebsstätten, die im Inland einem Organkreis angehören, keine Innenumsätze.

Die Regelungen sind in allen offenen Fällen anzuwenden, wobei es nicht beanstandet wird, wenn auf vor dem 1.1.2019 ausgeführte Umsätze Abschnitt 2.9 UStAE in der bisherigen Fassung angewendet wird.

Anmerkung

Nach der geänderten Ansicht der Finanzverwaltung gilt für die dem EuGH Urteil Skandia America entsprechende Sachverhaltskonstellationen, dass die Eingliederung in eine MwSt-Gruppe Vorrang vor dem Grundsatz der Unternehmenseinheit von Stammhaus und Betriebsstätte hat. Dies soll allerdings nur für solche Fälle gelten, in denen Leistungen zwischen einem Stammhaus in einem Drittland und ihrer inländischen in eine Organschaft eingegliederte Betriebsstätte ausgetauscht werden. Das BMF äußert sich im Entwurf nicht zu sogenannten „Reverse-Skandia“ Fallkonstellationen, in denen der im Ausland belegene Teil der Unternehmensgruppe Mitglied einer Organschaft ist. Ob auch in diesen Fällen von einem steuerbaren Vorgang auszugehen ist, bleibt damit weiterhin offen.

Der Wortlaut des Schreibens, wonach die Grundsätze der Skandia Entscheidung nur auf gleichgelagerte Sachverhalte anzuwenden ist, legt das Verständnis nahe, dass die Verwaltung grundsätzlich auch weiterhin davon ausgeht, dass Stammhaus und Betriebsstätte unselbständige Unternehmensteile bilden, innerhalb derer steuerbare Leistungen – mit Ausnahme des spezialgesetzlich geregelten innergemeinschaftlichen Verbringes – nicht erbracht werden können.

Dessen ungeachtet bedürfen Leistungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte vor Ablauf der Nichtbeanstandungsfrist einer Prüfung dahingehend, ob die Änderung der Verwaltungsauffassung im konkreten Fall umsatzsteuerrechtliche Konsequenzen nach sich zieht.

Betroffene Norm

Art. 2 Abs. 1 Buchst. c, Art. 11 MwStSystRL; § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG; Abschn. 2.9 UStAE

Weitere Fundstellen

EuGH v. 17.9.2014 C- 7/13, MwStR 2014, 728

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