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21.02.2023
Indirekte Steuern/Zoll

BMF: Schreiben zum PStTG – wie verhalten sich die verfahrensrechtlichen Normen zu den umsatzsteuerlichen Regelungen und was müssen meldepflichtige Plattformbetreiber künftig beachten?

Für betroffene Plattformbetreiber stellt sich die Frage, welche Auswirkungen die verfahrensrechtlichen Regelungen des Plattformen-Steuertransparenzgesetzes (PStTG) auf die umsatzsteuerlichen Normen im Einzelfall haben. Das BMF nimmt zu den Anwendungsfragen des PStTG im Rahmen eines Frage-Antwort-Katalogs Stellung.

Hintergrund

Bereits seit 2013 gibt es verschiedene Regelungen zur Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung (Directives on Adminstrative Cooperation, „DAC“). Beginnend im Bereich Arbeitseinkommen („DAC1“), über Kapitaleinkommen („DAC2“), Verrechnungspreise („DAC3“) sowie länderspezifische Reports („DAC4“), über Geldwäsche („DAC5“) und Steuergestaltungen („DAC6“), regelt „DAC7“ den grenzüberschreitenden, automatischen Informationsaustausch von Meldepflichten für Betreiber digitaler Plattformen über ihre Verkäufer. Waren, Dienstleistungen, Informationen und Daten werden zunehmend über digitale Geschäftsmodelle vertrieben. Die Regelungen von DAC7 dienen daher im Wesentlichen der Vermeidung von Steuerausfällen, der Schaffung einer höheren Transparenz, sowie dem Ziel, eine faire und einfache Besteuerung von Tätigkeiten auf diesen Handelsplätzen zu erreichen. In Deutschland wurde die DAC7 Richtlinie durch das Plattform-Steuertransparenzgesetz (PStTG) vom 20.12.2022 in nationales Recht umgesetzt (Richtlinie EU 2021/514 des Rates vom 22.03.2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung, siehe Deloitte Tax-News). Das PStTG ist seit dem 01.01.2023 in Kraft und regelt im Wesentlichen den Kreis der meldepflichtigen Plattformbetreiber, den Umfang der umfassenden Melde- und Aufzeichnungspflichten sowie die Sanktionen, die bei einem Verstoß drohen. Rechtliche Auswirkungen auf die Besteuerung von Einkünften oder Umsätzen hat das PStTG nicht. Es beinhaltet ausschließlich steuerliches Verfahrensrecht und berührt die übrigen Steuergesetze (bspw. Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Umsatzsteuergesetz) nicht. Der erste Meldetermin für meldepflichtige Plattformbetreiber ist der 31.01.2024 für den Zeitraum des Kalenderjahres 2023.

Das BMF hat mit Schreiben vom 02.02.2023 auf das Inkrafttreten des PStTG reagiert und nimmt Bezug auf die sachgerechte Umsetzung des PStTG sowie auf praxisrelevante Anwenderfragen (zur allgemeinen Darstellung des BMF-Schreibens zum PStTG siehe Deloitte Tax-News

Zusammenspiel von PStTG und Umsatzsteuer – wesentliche Aussagen des BMF-Schreibens

Die in § 22f UStG geregelten besonderen Aufzeichnungspflichten für Betreiber von elektronischen Schnittstellen sind mit den ausführlichen Melde- und Sorgfaltspflichten für Plattformbetreiber nach dem PStTG nicht zu vergleichen. Der Anwendungsbereich des PStTG ist personell weiter gefasst und enthält auch deutlich härtere Strafen, die dem Plattformbetreiber bei Nichteinhaltung der Melde- oder Sorgfaltspflichten drohen. Davon abgesehen betreffen die verfahrensrechtlichen Vorschriften des PStTG in erster Linie zwar in Deutschland ansässigen Plattformbetreiber, aber auch ausländische Plattformen müssen unter bestimmten Bedingungen im Inland Meldungen abgeben.

Fraglich ist, ob und wenn ja welche Auswirkungen die verfahrensrechtlichen Normen des PStTG auf die umsatzsteuerlichen Regelungen haben. Beispiel: Muss sich der unter die Regelungen des PStTG fallende Plattformbetreiber, der sich bereits nach §§ 22f iVm 25e UStG bei der örtlichen Finanzbehörde registriert hat auch beim BZSt registrieren? Unter Berücksichtigung der geltenden umsatzsteuerlichen Vorschriften ist daher das BMF-Schreiben, das Erläuterungen zum Zusammenspiel der unterschiedlichen gesetzlichen Vorschriften enthält, hilfreich. So stellt das BMF unter anderem klar, dass eine Registrierung nach §§ 22f, 25e UStG bei der örtlichen Finanzbehörde nicht zum Wegfall der Anmeldepflicht des Plattformbetreibers beim BZSt für Zwecke des PStTG führt. Zu den meldepflichtigen Informationen gehört nach dem PStTG auch die Umsatzsteuer, die vom Plattformbetreiber geschuldet und von der an den Anbieter zu zahlenden bzw. gutzuschreibenden Vergütung abgezogen wird, so dass eine Anmeldung für den meldenden Betreiber beim BZSt notwendig ist.

Auch zur Frage, ob das Anbieten von Gutscheinen oder direkten Vergünstigungen von Partnerunternehmen eine relevante und damit meldepflichtige Tätigkeit im Sinne des PStTG darstellt und ob die umsatzsteuerliche wesentliche Unterscheidung zwischen Einzweck- und Mehrzweckgutscheinen überhaupt beachtlich ist, bezieht das BMF Stellung. Wertzeichen wie Gutscheine, Lose, Eintrittskarten, Rabattmarken, Fahrkarten usw., die den Inhaber gegen Vorlage zum Empfang einer Leistung berechtigten und in Form eines körperlichen Gegenstandes vorliegen, sind Waren, deren Verkauf eine relevante Tätigkeit im Sinne des PStTG darstellen kann. Auf die Unterscheidung zwischen Einzweck- und Mehrzweckgutscheinen kommt es hingegen nicht an.

 Im Hinblick auf das Meldeverfahren nach § 15 PStTG führt das BMF aus, dass eine Pflicht zur Registrierung beim BZSt nur für außereuropäische meldende Plattformbetreiber besteht (§§ 12, 3 Abs. 4 Nr. 2 PStTG). Andere meldende Plattformbetreiber müssen sich nicht nach § 12 PStTG beim BZSt registrieren lassen; um allerdings Meldungen entsprechend dem amtlich vorgeschriebenen Datensatz abgeben zu können, ist eine Anmeldung für die Übermittlung des amtlichen Datensatzes beim BZSt notwendig. Bislang ist das für den Datenaustausch zu nutzende XSD-Schema auf den Seiten des BZSt veröffentlicht. Der amtliche Datensatz und die amtlich bestimmte Schnittstelle sollen im Laufe des Jahres bekanntgegeben werden.

Im Rahmen der Überprüfung der meldepflichtigen Informationen durch den Betreiber weist das BMF ausdrücklich darauf hin, dass, sofern ein EU-Mitgliedstaat oder die EU eine elektronische Schnittstelle zur Überprüfung einer Steuer-ID Nr. oder einer USt-ID Nr. (vgl. § 18 Abs. 1 S. 2 PStTG) kostenlos zur Verfügung stellt, diese vom meldenden Betreiber zu nutzen ist. Die aus der Umsatzsteuer bekannte MIAS-Abfrage, die die Gültigkeit der USt-ID Nr. bestätigt, ohne weitere Angaben zum Unternehmen zu machen, dürfte hingegen nur für die meldepflichtigen Plattformbetreiber von Interesse sein, die nach § 25e Abs. 1 UStG nicht zur vollumfänglichen Überprüfung verpflichtet sind (nach § 18 Nr. 2 und 3 UStG gilt dies gerade nicht für Lagerhalter und Betreiber elektronischer Schnittstellen).

Wesentlich sind die Erläuterungen des BMF zu den rechtlichen Konsequenzen, in den Fällen, in denen der Betreiber Informationen an das BZSt gemeldet hat, die nach dem PStTG nicht gemeldet werden mussten (beispielsweise Informationen zu freigestellten Anbietern). Das BMF stellt klar, dass es sich bei diesen Meldungen um unrichtige Meldungen handelt, die unverzüglich nach dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung durch den Betreiber zu korrigieren sind. Werden Meldungen leichtfertig nicht richtig gemacht oder nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig korrigiert, liegt eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit vor. Eine solche Geldbuße kann bis zu 30.000 EUR betragen. Meldepflichtige Plattformbetreiber sollten daher bei Abgabe der Meldungen darauf achten, dass keine „Zuviel-“ aber auch keine „Zuwenig“- Meldung erfolgt.

Anmerkung

Das BMF-Schreiben ist insbesondere durch die zahlreichen Verlinkungen praxisnah ausgerichtet und beantwortet viele Fragen, die sich nach dem Inkrafttreten des Gesetzes gestellt haben. Beispielsweise wissen betroffene Plattformbetreiber nunmehr, dass sie entsprechende Informationen zu qualifizierten Drittstaaten unter den angegebenen Links des BMF-Schreibens abrufen können.

Letztlich kann aber auch das BMF-Schreiben nicht darüber hinweghelfen, dass kleinere Unternehmen, die ebenfalls in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen, allein aufgrund ihrer Struktur, zu Gunsten von Transparenz und Überprüfungsmöglichkeiten von plattformgetriebenen Umsätzen durch die Verwaltung im Rahmen der Umsetzung des Gesetzes benachteiligt sind. Denn ebenso wie größere Plattformunternehmen, müssen auch kleinere Plattformbetreiber, die einen entgeltlichen Leistungsaustausch zwischen Teilnehmern der Plattform ermöglichen und sich nicht nur auf reine Vertragsanbahnungen beschränken, die notwendigen Strukturen schaffen und Systemanpassungen vornehmen, um ihre erste Meldung am 31.01.2024 beim BZSt einreichen zu können. Sofern sich ein Betreiber einer Plattform unsicher ist, ob er eine unter das PStTG fallende Plattform unterhält oder eine relevante Tätigkeit im Sinne des PStTG ausübt, kann er eine kostenpflichtige, verbindliche Auskunft beim BZSt einholen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist es für Betreiber auch möglich, eine zeitlich begrenzte Freistellung von den Meldepflichten beim BZSt zu beantragen.

Fundstellen

Rat der Europäischen Union, Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung vom 19.02.2021 (Änderungsrichtlinie „DAC7“)

Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates
vom 22. März 2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU
über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich
der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts*
vom 20. Dezember 2022; BGBl I, 2022, S. 2730 ff

​BMF, Schreiben vom 02.02.2023, IV B 6 - S 1316/21/10019 :025

Englische Übersetzung des BMF-Schreibens vom 02.02.2023 zu Anwendungsfragen zum Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PStTG):
Federal Ministry of Finance, The Finance Ministry Circular of 2 February 2023 - Questions concerning the application of the Platform Tax Transparency Act (Plattformen-Steuertransparenzgesetz), IV B 6 - S 1316/21/10019 :025
 

 

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