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08.02.2022
Indirekte Steuern/Zoll

BMF: Umsatzsteuerliche Behandlung von Gewichtskonten

​Das BMF stellt erfreulich klar, in welchen Fällen Transaktionen im Zusammenhang mit Gewichtskonten umsatzsteuerrechtlich zu einer Lieferung oder Dienstleistung führen.

Hintergrund

Der BFH hatte mit Urteil vom 18.02.2016 seine bisherige Rechtsprechung geändert und entschieden, dass die Übertragung von Miteigentumsanteilen an einer Sache grundsätzlich als Lieferung zu beurteilen ist. Das BMF änderte daraufhin Abschnitt 3.5 Absatz 2 Nummer 6 des Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) dahingehend, dass die Übertragung von Miteigentumsanteilen an einem Gegenstand stets als Lieferung anzusehen ist.

In der Praxis der Edelmetallbranche ergaben sich in der Folge strittige Abgrenzungsprobleme, insbesondere bei grenzüberschreitenden Geschäften, bei denen nunmehr die umsatzsteuerlichen Besonderheiten für Lieferungen zu beachten gewesen wären. Da das physische Metall der Kunden in der Regel sammelverwahrt und mit dem Metall anderer Kunden vermischt wird, war eine Konkretisierung des Metalls nicht möglich. Mit dem jüngsten BMF-Schreiben vom 17.01.2022 hat das BMF nunmehr klargestellt, in welchen Fällen die Finanzverwaltung Transaktionen auf Gewichtskonten als Lieferungen oder Dienstleistungen beurteilt.

Inhalt

Die umsatzsteuerliche Beurteilung von Transaktionen auf Gewichtskonten soll danach von den Vereinbarungen des Grundgeschäfts, also beispielsweise eines Kaufvertrages abhängen.

Sofern der Übergabeort, Form, Stückelung und Reinheit des Metalls hinreichend im Grundgeschäft konkretisiert sind, ist die Transaktion als Lieferung zu beurteilen. Ebenso ist eine Lieferung anzunehmen, wenn bei Abschluss des Grundgeschäfts beabsichtigt ist, eine solche Konkretisierung noch vor der Übertragung vorzunehmen. Indizien hierfür sind, wenn der Belegenheitsort des gelagerten/ physischen Metalls dem Gewichtskonteninhaber im Zeitpunkt des Erwerbs bekannt ist, zwischen den Beteiligten weitgehend feststeht, in welcher Form, Stückelung und Reinheit die Metalle abgerufen werden, ausreichende physische Vorräte am Erfüllungsort, um diese Gewichtskontenansprüche erfüllen zu können, gegeben sind und ein Herausgabeanspruch unter Berücksichtigung gegebener logistischer Anforderungen vereinbart wurde.

Für den Fall, dass der Ort der physischen Übergabe, Form und Stückelung des Metalls sowie die Reinheit noch nicht feststehen, ist das herauszugebende Metall nicht hinreichend konkretisiert. In diesem Fall ist die Transaktion nicht als Lieferung zu beurteilen, weil der Gewichtskonteninhaber nicht über einen bestimmten physischen Bestand des Edelmetalls verfügt. Vielmehr kann in diesem Fall in der Übertragung eines Rechts eine Dienstleistung vorliegen. Indizien für ein nur eingeschränktes Recht an dem hinter dem Gewichtskonto stehenden physischen Metall und damit einhergehend für die Annahme einer Dienstleistung bei Gewichtskontentransaktionen sind beispielsweise, dass zwischen den Beteiligten nicht feststeht, wann und ob überhaupt das Metall physisch zur Verfügung gestellt wird, der Belegenheitsort des gelagerten / physischen Metalls dem Gewichtskonteninhaber im Zeitpunkt des Erwerbs des Anspruchs nicht bekannt ist oder zwischen den Beteiligten nicht feststeht, in welcher Form, Stückelung oder Reinheit die Metalle abgerufen werden.

Reine Umbuchungssachverhalte, d.h. Gewichtskontenbewegungen, denen keine Grundgeschäfte zu Grunde liegen, haben keine umsatzsteuerrechtliche Relevanz.

Ebenso unterliegen sog. Differenz-/Absicherungsgeschäfte nicht der Umsatzbesteuerung. Von einem derartigen Geschäft ist auszugehen, wenn bereits im Zeitpunkt des Verkaufs des Edelmetalls ein Vertrag über den Rückkauf mit dem Vertragspartner abgeschlossen wird, sodass eine Transaktion erfolgt, die ggf. nur zu Dokumentationszwecken über Gewichtskonten vorgenommen wird und lediglich dazu dient, Preis- und Liquidationsrisiken zu verringern. Absicherungsgeschäfte sind regelmäßig nicht darauf angelegt, dass es zwischen den hieran Beteiligten zu einer physischen Aushändigung kommt.

Mit seinem Schreiben vom 17.01.2022 hat das BMF die BFH-Rechtsprechung in Abschnitt 3.5 Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) weitestgehend aufgenommen. Darüber hinaus hat das BMF Kriterien aufgestellt, unter welchen Voraussetzungen nicht steuerbare Transaktionen auf ein Gewichtskonto oder steuerbare Lieferungen bzw. sonstige Leistungen angenommen werden.

Auswirkungen

Das BMF-Schreiben ist in allen offenen Fällen anzuwenden, somit auch für die Vergangenheit. Unternehmer sollten die Abgrenzung anhand der o.g. Kriterien auf der Grundlage ihrer Verträge mit den Kunden vornehmen, um zu eindeutigen Ergebnissen zu gelangen. Insbesondere bei grenzüberschreitenden Geschäften dürfte die Ansicht der Finanzverwaltung für die Unternehmen in der Metallbranche zu Erleichterungen führen.

Fundstelle

​BMF, Schreiben vom 17.01.2022, III C2 - S 7100/19/10002 :002

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