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16.07.2020
Indirekte Steuern/Zoll

Brexit: Vorbereitung auf das Ende des Übergangszeitraums mit dem Vereinigten Königreich

Die Europäische Kommission hat am 09.07.2020 eine Mitteilung verabschiedet, um auf die unvermeidlichen Änderungen vorzubereiten, die das Ende des Übergangszeitraums mit sich bringen wird.

Hintergrund

In unseren Deloitte Tax-News vom 08.07.2020 hatten wir darüber informiert, dass die britische Regierung eine Verlängerung der im Austrittsabkommen vereinbarten Übergangsfrist abgelehnt und Informationen über die dann geltenden erforderlichen Zollförmlichkeiten bei Einfuhren in das Vereinigte Königreich (UK) bekanntgegeben hat.

Nunmehr hat die Europäische Kommission eine Vorbereitungsmitteilung verabschiedet, die nationalen Behörden, Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürgern helfen soll, sich auf die unvermeidlichen Änderungen vorzubereiten, die das Ende des Übergangszeitraums ab 01.01.2021 mit sich bringen wird.

Die Mitteilung mit dem Titel „Bereit für Veränderungen“ gibt einen nach Sektoren gegliederten Überblick über die wichtigsten Bereiche, in denen sich unabhängig vom Ausgang der laufenden Verhandlungen zwischen der EU und UK etwas ändern wird und enthält Maßnahmen, die nationale Behörden, Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger treffen sollten, um auf diese Änderungen vorbereitet zu sein.

Nachfolgend haben wir Ihnen die Änderungen für den Bereich Warenhandel dargestellt.

1. Zollformalitäten, Prüfungen und Kontrollen

Während der Übergangszeit ist das Vereinigte Königreich Teil des EU-Binnenmarktes und der Zollunion. Daher gibt es derzeit keine Zollformalitäten für Waren, die zwischen der EU und UK bewegt werden.

Ab dem 01.01.2021 wird UK nicht mehr Teil der EU-Zollunion sein. Daher werden die nach Unionsrecht erforderlichen Zollformalitäten für alle Waren gelten, die von UK in das Zollgebiet der EU und vom Zollgebiet der EU nach UK gelangen. Dies wird selbst dann der Fall sein, wenn die angestrebte Freihandelszone mit UK errichtet wird in der keine Zölle oder Handelsbeschränkungen bestehen.

Auf Seiten der EU werden die Zollbehörden Kontrollen auf der Grundlage des Unionszollkodex durchführen. Diese Kontrollen werden für Unternehmen wahrscheinlich zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand und zu längeren Lieferzeiten in logistischen Lieferketten führen.

Ab dem 01.01.2021 müssen EU-Unternehmen, die aus dem Vereinigten Königreich importieren oder in das Vereinigte Königreich exportieren wollen sicherstellen, dass sie über eine EORI-Nummer verfügen. 
Darüber hinaus werden in UK erteilte EORI-Nummern in der EU nicht mehr gültig sein. Unternehmen mit Sitz in UK, die in die EU einführen möchten, müssen in der EU eine EU-EORI-Nummer beantragen, oder gegebenenfalls einen in der EU ansässigen Zollvertreter benennen.

Außerdem werden ab dem 01.01.2021 in UK erteilte AEO Bewilligungen oder andere zollrechtliche Bewilligungen ihre Gültigkeit verlieren.

2. Warenursprung, Mehrwertsteuer, Verbrauchsteuern

Während der Überganszeit ist UK Teil der Zollunion und Teil des Mehrwertsteuer- und Verbrauchsteuergebiets der EU. Daher werden auf Waren, die zwischen der EU und UK gehandelt werden, keine Zölle oder Einfuhrquoten festgesetzt und es ist auch nicht erforderlich, den Ursprung der gehandelten Waren nachzuweisen. Darüber hinaus sind im Handel zwischen der EU und UK derzeit auch keine Grenzkontrollen hinsichtlich der Steuern (Mehrwertsteuer und Verbrauchsteuern) erforderlich.

Ab dem 01.01.2021 muss der präferenzielle Ursprung von gehandelten Waren nachgewiesen werden, um von einem möglichen künftigen Freihandelsabkommen zwischen der EU und UK profitieren zu können. Nicht-Ursprungswaren werden zollpflichtig sein, auch wenn ein Abkommen in Kraft sein sollte. Auch die Präferenzabkommen der EU mit anderen Staaten werden betroffen sein, da Vormaterialien aus UK keinen EU-Ursprung im Sinne der Präferenzabkommen mehr haben werden. In der Praxis bedeutet dies, dass EU-Exporteure ihre Präferenzkalkulation ggf. neu bewerten und möglicherweise die Produktion verlagern oder die Lieferanten von Vormaterialien wechseln müssen.

Bei Einfuhren aus UK entsteht ab dem 01.01.2021 die Einfuhrumsatzsteuer. Ausfuhrlieferungen nach UK werden steuerfrei sein, vorausgesetzt, die Ausfuhr kann nachgewiesen werden.

Bei der Einfuhr verbrauchsteuerpflichtiger Waren aus UK wird ab dem 01.01.2021 die jeweilige Steuer entstehen und im Falle der Überführung in den steuerlich freien Verkehr zu entrichten sein.

3. Zertifizierungen, Produktkennzeichnungen

Während der Übergangsphase nimmt UK weiterhin am Binnenmerkt teil. Dank eines einheitlichen Regelungsrahmens über das Inverkehrbringen von Waren innerhalb der EU mit harmonisierten technischen Vorschriften, Sicherheits- und Umweltstandards bedarf es derzeit keinerlei Kontrollen.

Ab dem 01.01.2021 werden die EU und UK zwei getrennte Rechtsräume sein. Dies bedeutet, dass alle Waren, die aus der EU nach UK exportiert werden dann britischen Regeln und Standards entsprechen müssen, die von den bisherigen EU-einheitlichen Regeln und Standards abweichen können. Ggf. sind dann anwendbare Konformitätsprüfungen und Sicherheitskontrollen erforderlich.

Ebenso werden ab 01.01.2021 alle aus UK importierten Waren den EU-Regularien entsprechen müssen und vorbehaltlich bestehender Erfordernisse ebenfalls Konformitätsprüfungen und Sicherheitskontrollen unterzogen werden müssen.

Bezüglich Zulassung und Zertifizierung von Produkten gilt dann in der EU Folgendes:

  • Bescheinigungen oder Genehmigungen britischer Behörden für das Inverkehrbringen von Waren im Binnenmarkt werden nicht mehr gültig sei. Dies bedeutet beispielsweise, dass ein Kraftfahrzeug mit einer in UK erteilten Typengenehmigung nicht mehr auf dem Markt der EU in Verkehr gebracht werden darf. Waren für die eine Zertifizierung durch bestimmte EU-Stellen erforderlich sind, z. B. für Medizinprodukte, persönliche Schutzausrüstung, bestimmte Maschinen und Konstruktionen dürfen nicht länger in der EU in Verkehr gebracht werden, wenn die Zertifizierung durch eine UK-Behörde erfolgt ist.
  • Verlangen die EU-Vorschriften eine Registrierung von Produkten in Datenbanken (z.B. die European Database for Energy Labeling), muss diese durch den Importeur in der EU oder einen bevollmächtigten Vertreter des Herstellers in UK erfolgen.
  • In Fällen, in denen die EU-Gesetzgebung vorsieht, dass bestimmte Wirtschaftsbeteiligte aus Drittländern in der EU ansässige Vertreter oder Compliance-Bevollmächtigte benennen müssen, können diese nicht mehr ihren Sitz in UK haben. Es müssen dann neue Personen mit Sitz in der EU benannt werden.
  • Produktkennzeichnungen und Labels auf Waren, die sich auf UK-Stellen beziehen, werden nicht mehr den EU-Kennzeichnungsanforderungen entsprechen.
  • Schließlich werde die EU-Vorschriften, die für bestimmte Waren Verbote und Beschränkungen (VuB) zum Schutz der Gesundheit, der Sicherheit und Umwelt vorsehen, auch für den Handel mit UK gelten.

Die EU-Kommission empfiehlt den Unternehmen sich rechtzeitig mit den zollrechtlichen, mehrwertsteuerrechtlichen und verbrauchsteuerrechtlichen Formalitäten und Prozessen vertraut zu machen und zu berücksichtigen, dass damit mehr Verwaltungsaufwand und längere Zeitspannen verbunden sein können. Dies könne signifikante Veränderungen der betrieblichen Organisation und der bestehenden Supply Chain erfordern.

Unternehmen, die mit Präferenzwaren handeln sollten prüfen, ob und wie der künftige Handel mit UK die Präferenzkalkulation beeinflusst.

Die Unternehmen, die Produkte in UK in Verkehr bringen wollen, sollten rechtzeitig sicherstellen, dass ihre Produkte den UK-Anforderungen entsprechen.

Die EU-Kommission weist darauf hin, dass die Unternehmen selbst verantwortlich sind die nötigen Schritte unter Berücksichtigung ihrer individuellen Situation vorzunehmen.

Anmerkung

Wenn Sie Fragen zum Inhalt dieses Newsletters oder zu sonstigen zollrechtlichen Themen haben, wenden Sie sich bitte an das Global Trade Advisory-Team von Deloitte. Gerne unterstützen wir Sie auch in allen zoll- umsatzsteuer- und verbrauchsteuerrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Vorbereitung auf den Brexit.

Fundstelle

European Commission, Communication from the Commission to the European Parliament, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of the Regions
Getting ready for changes
Communication on readiness at the end of the transition period
between the European Union and the United Kingdom, 09.07.2020 COM (2020) 324 final

 

Ihre Ansprechpartner

Michael Hundebeck
Senior Manager

mhundebeck@deloitte.de
Tel.: +49 211 8772 2608

Manuel Brucher
Senior Manager

mbrucher@deloitte.de
Tel.: +49 211 8772 2520

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