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28.11.2018
Indirekte Steuern/Zoll

ECOFIN-Rat: Maßnahmen zur kurzfristigen Verbesserung des EU-Mehrwertsteuersystems

Am 02.10.2018 einigten sich die europäischen Finanzminister unter anderem auf Maßnahmen zur kurzfristigen Verbesserung des gegenwärtigen EU-Mehrwertsteuersystems (sog. „quick fixes“).

Hintergrund

Vor dem Hintergrund, dass die Umsetzung des endgültigen EU-Mehrwertsteuersystems noch eine Zeit in Anspruch nehmen wird, verständigten sich die europäischen Finanzminister auf ein kurzfristiges Maßnahmenpaket. Die sog. „Quick Fixes“ haben die Verbesserung des aktuellen EU-Mehrwertsteuersystems zum Ziel und sollen zur Behebung praktischer Probleme im geltenden Recht beitragen (siehe Deloitte Tax-News vom 09.10.2017 und vom 20.06.2018 ). Das ursprünglich in dem Richtlinienvorschlag der EU-Kommission enthaltene Konzept des „zertifizierten Steuerpflichtigen“ („certified taxpayer“; „CTP“) ist in der erzielten Einigung nicht mehr enthalten.

Quick Fixes

Die EU-Finanzminister haben sich auf folgende Maßnahmen geeinigt: 

  • Vereinfachung und Harmonisierung von Vorschriften für Konsignationslager

    Bei grenzüberschreitenden Warenlieferungen in ein Konsignationslager soll künftig unter bestimmten Voraussetzungen eine innergemeinschaftliche Lieferung (des Lieferers) im Abgangsmitgliedstaat und entsprechend ein innergemeinschaftlicher Erwerb (des Abnehmers) im Mitgliedstaat, in dem sich das Lager befindet, vorliegen. Ferner müssen Aufzeichnungs- und Kontrollpflichten erfüllt werden.
  •  Die Aufzeichnung der gültigen USt-ID Nr. des Abnehmers sowie die Abgabe der Zusammenfassenden Meldung werden materiell-rechtliche Voraussetzungen für die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung

    Künftig soll die Steuerbefreiung nicht gelten, wenn der Lieferer der Verpflichtung zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung nicht nachgekommen ist oder die Zusammenfassende Meldung nicht die erforderlichen korrekten Informationen zur Lieferung enthält, es sei denn der Lieferer kann sein Versäumnis ordnungsgemäß begründen. Die Aufzeichnung der gültigen USt-ID Nr. des Abnehmers wird, ebenso wie die korrekte Abgabe der Zusammenfassenden Meldung, materiell-rechtliche Voraussetzung der Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung. 
  •  Vereinfachung von Reihengeschäften zur Stärkung der Rechtssicherheit

    Erstmalig sollen auch Vorschriften zu Reihengeschäften in die MwStSystRL aufgenommen werden. Das innergemeinschaftliche Reihengeschäft wird beschrieben als nacheinander folgende Lieferungen derselben Gegenstände, die aus einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat unmittelbar vom ersten Lieferer zum letzten Erwerber in der Reihe befördert/versendet werden. Die Warenbewegung wird dabei grundsätzlich der Lieferung an den Zwischenhändler zugeschrieben. Abweichend davon ist die Lieferung des Zwischenhändlers die bewegte und potentiell steuerfreie, wenn er dem Lieferanten die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer mitteilt, die ihm vom Mitgliedstaat, aus dem die Gegenstände versandt oder befördert werden, erteilt wurde.
  • Harmonisierung und Vereinfachung der Regeln zum Nachweis der innergemeinschaftlichen Beförderung von Gegenständen im Hinblick auf die Anwendung der Steuerbefreiung

    Die Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 beinhaltet einheitliche Nachweisregelungen für die Anwendung der Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen. Bei Vorliegen der geforderten Nachweise wird einheitlich in allen Mitgliedstaaten vermutet, dass der Liefergegenstand in den Bestimmungsmitgliedstaat transportiert wurde und eine innergemeinschaftliche Lieferung erfolgt ist. Diese Änderungen bedürfen keiner Umsetzung ins nationale Recht und finden unmittelbar zum 01.01.2020 Anwendung.


Die Änderungen sollen zum 01.01.2020 in Kraft treten. Nach der Stellungnahme des EU-Parlaments müssen die Maßnahmen durch den Rat der Europäischen Union beschlossen werden.

Weitere Maßnahmen

Ferner haben sich die europäischen Finanzminister auf Folgendes geeinigt:

  • Ermäßigter Steuersatz auf elektronische Bücher, Zeitungen und Zeitschriften

    Mit dem Vorschlag soll eine steuerliche Gleichbehandlung von elektronischen und physischen Publikationen erreicht werden. Auf dieser Grundlage wird es in Deutschland möglich sein, den Steuersatz für elektronische Publikationen auf 7 % zu senken. Am 06.11.2018 hat der Rat der EU die Richtlinie angenommen, die eine Harmonisierung der Vorschriften ermöglicht. Ab sofort können die Mitgliedstaaten daher ermäßigte, besonders ermäßigte oder Nullsteuersätze auch auf elektronische Veröffentlichungen anwenden.
  • Generelles Reverse-Charge-System

    Zudem einigten sich die EU-Finanzminister auf einen Richtlinienvorschlag zur generellen Umkehr der Steuerschuldnerschaft auf nationale Umsätze („Reverse-Charge-Verfahren“). Der Vorschlag soll es interessierten Mitgliedstaaten ermöglichen, bei Vorliegen bestimmter sehr enger Voraussetzungen zeitlich begrenzt ein Verfahren zur generellen Umkehr der Steuerschuldnerschaft auf nationale Umsätze anwenden zu dürfen. Während grundsätzlich der leistende Unternehmer die Mehrwertsteuer abführt, geht in diesem Verfahren die Verpflichtung auf den Leistungsempfänger über. Insbesondere die Tschechische Republik möchte diese Möglichkeit zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung in einem Pilotverfahren testen.
  • Verordnung zur Verbesserung der Verwaltungszusammenarbeit auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer

    Letztlich wurde eine Verordnung zur Verbesserung der Verwaltungszusammenarbeit auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer beschlossen, die zum 01.01.2020 in Kraft treten soll, um gegen grenzüberschreitenden Betrug vorgehen zu können. Die Verordnung wurde bereits am 16.10.2018 im Amtsblatt der EU veröffentlicht und tritt überwiegend am 20.Tag nach der Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft. Lediglich die Änderungen, die eine Aktualisierung der IT-Infrastrukturen erfordern, treten am 01.01.2020 in Kraft.

Fundstellen

Rat der Europäischen Union, Dok.-Nr. 12564/18 vom 28.9.2018
Rat der Europäischen Union, Dok.-Nr. 12622/18 vom 28.9.2018
Rat der Europäischen Union, Dok.-Nr. 12565/18 vom 28.9.2018
Rat der Europäischen Union, Dok.-Nr. 10472/18 vom 14.9.2018

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