Der EuGH hat sich zu der Frage geäußert, unter welchen Voraussetzungen die unterschiedliche Besteuerung von Freizeitparks und ortsungebundenen Schaustellern mit Unionsrecht vereinbar ist. Ob Eintrittstickets in Freizeitparks mit 7% Umsatzsteuer verkauft werden können, entscheidet nun das Finanzgericht Köln.
Die deutsche Rechtspraxis behandelt die Leistungen von Freizeitparks mit dem Regelsteuersatz, während die Leistungen von ortsungebundenen Schaustellern auf Jahrmärkten oder Rummelplätzen dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Der Betreiber des Freizeitparks Phantasialand in Brühl wollte diese unterschiedliche Besteuerung nicht hinnehmen und klagte vor dem Finanzgericht Köln. Er argumentierte, die Leistungen von Freizeitparks und Jahrmärkten würden sich aus Sicht der Verbraucher ähneln und dieselben Bedürfnisse befriedigen. Das Finanzgericht Köln hatte Zweifel, ob die unterschiedliche umsatzsteuerrechtliche Behandlung mit dem Unionsrecht vereinbar ist, und stellte dem EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens Fragen zur Auslegung des zugrundeliegenden europäischen Rechts.
Die EuGH-Richter urteilten nun, dass das europäische Recht einer nationalen Regelung, die vorsieht, dass die Leistungen von Freizeitparks und ortsungebundenen Schaustellern unterschiedlichen Umsatzsteuersätzen unterliegen, nicht entgegensteht. Dabei ist allerdings der Grundsatz der steuerlichen Neutralität zu beachten. Gleichartige Leistungen, die miteinander in Wettbewerb stehen, dürfen nicht unterschiedlich behandelt werden. Ob die ortsabhängigen und ortsunabhängigen Schaustellerleistungen aus der insoweit maßgeblichen Sicht eines Durchschnittsverbrauchers gleichartig sind und damit ein Verstoß gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität vorliegt, ist durch das nationale Gericht zu prüfen, das zu der Frage der Gleichartigkeit ein Gutachten eines Sachverständigen einholen kann.
Der EuGH weist in seinem Urteil darauf hin, dass bei der Prüfung der Unterschiede zwischen zwei Leistungen nicht nur der rechtliche Kontext, sondern auch andere Eigenschaften ausschlaggebend sein können. Die Leistungen auf einem Jahrmarkt und Freizeitpark können aus Sicht des Verbrauchers durchaus ähnliche Merkmale aufweisen. Außerdem könne im Hinblick auf die befriedigten Bedürfnisse der Verbraucher von einem hohen Grad an Übereinstimmung ausgegangen werden. Dies hätte zur Folge, dass beiden Leistungen nicht unterschiedlich besteuert werden dürften. Andererseits könne es unterscheidungserheblich sein, dass eine der Leistungen ständig verfügbar ist, während die andere nur einige Tage oder Wochen im Jahr zur Verfügung steht. Ein Unterscheidungskriterium könne auch sein, dass ortsungebundene und ortsgebundene Schaustellerunternehmen nicht denselben nationalen rechtlichen Rahmenbedingungen unterliegen.
Ob zwischen den Leistungen von Freizeitparks und ortsungebundenen Schaustellerleistungen derartige Unterschiede bestehen, die die Anwendung unterschiedlicher Umsatzsteuersätze rechtfertigen, ist nunmehr vom Finanzgericht Köln zu entscheiden. Spannend ist der Ausgang dieses Klageverfahrens auch im Hinblick auf das Revisionsverfahren des BFH zum Urteil des Finanzgerichts Münster, das unter dem Aktenzeichen XI R 4/21 anhängig ist. Das Finanzgericht Münster lehnte – anders als das Finanzgericht Köln – die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die Umsätze aus dem Verkauf von Eintrittstickets für einen Freizeitpark ab. Der BFH hatte im Hinblick auf die anstehende EuGH-Entscheidung im Vorabentscheidungsverfahren des Kölner Falls die Revision zugelassen und das Revisionsverfahren ruhend gestellt.
§ 12 Abs. 2 UStG; ARt. 98 ABs. 2 iVm Anhang III Nr. 7 MwStSystRL
EuGH, Urteil vom 09.09.2021, C-406/20
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