Zurück zur Übersicht
URL: http://www.deloitte-tax-news.de/steuern/indirekte-steuern-zoll/eugh-verkauf-von-eintrittskarten-zu-freizeitparks-kann-dem-ermaessigten-umsatzsteuersatz-unterliegen.html
21.10.2021
Indirekte Steuern/Zoll

EuGH: Verkauf von Eintrittskarten zu Freizeitparks kann dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen

Der EuGH hat sich zu der Frage geäußert, unter welchen Voraussetzungen die unterschiedliche Besteuerung von Freizeitparks und ortsungebundenen Schaustellern mit Unionsrecht vereinbar ist. Ob Eintrittstickets in Freizeitparks mit 7% Umsatzsteuer verkauft werden können, entscheidet nun das Finanzgericht Köln.

Hintergrund

Die deutsche Rechtspraxis behandelt die Leistungen von Freizeitparks mit dem Regelsteuersatz, während die Leistungen von ortsungebundenen Schaustellern auf Jahrmärkten oder Rummelplätzen dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Der Betreiber des Freizeitparks Phantasialand in Brühl wollte diese unterschiedliche Besteuerung nicht hinnehmen und klagte vor dem Finanzgericht Köln. Er argumentierte, die Leistungen von Freizeitparks und Jahrmärkten würden sich aus Sicht der Verbraucher ähneln und dieselben Bedürfnisse befriedigen. Das Finanzgericht Köln hatte Zweifel, ob die unterschiedliche umsatzsteuerrechtliche Behandlung mit dem Unionsrecht vereinbar ist, und stellte dem EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens Fragen zur Auslegung des zugrundeliegenden europäischen Rechts.

EuGH-Entscheidung

Die EuGH-Richter urteilten nun, dass das europäische Recht einer nationalen Regelung, die vorsieht, dass die Leistungen von Freizeitparks und ortsungebundenen Schaustellern unterschiedlichen Umsatzsteuersätzen unterliegen, nicht entgegensteht. Dabei ist allerdings der Grundsatz der steuerlichen Neutralität zu beachten. Gleichartige Leistungen, die miteinander in Wettbewerb stehen, dürfen nicht unterschiedlich behandelt werden. Ob die ortsabhängigen und ortsunabhängigen Schaustellerleistungen aus der insoweit maßgeblichen Sicht eines Durchschnittsverbrauchers gleichartig sind und damit ein Verstoß gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität vorliegt, ist durch das nationale Gericht zu prüfen, das zu der Frage der Gleichartigkeit ein Gutachten eines Sachverständigen einholen kann.

Der EuGH weist in seinem Urteil darauf hin, dass bei der Prüfung der Unterschiede zwischen zwei Leistungen nicht nur der rechtliche Kontext, sondern auch andere Eigenschaften ausschlaggebend sein können. Die Leistungen auf einem Jahrmarkt und Freizeitpark können aus Sicht des Verbrauchers durchaus ähnliche Merkmale aufweisen. Außerdem könne im Hinblick auf die befriedigten Bedürfnisse der Verbraucher von einem hohen Grad an Übereinstimmung ausgegangen werden. Dies hätte zur Folge, dass beiden Leistungen nicht unterschiedlich besteuert werden dürften. Andererseits könne es unterscheidungserheblich sein, dass eine der Leistungen ständig verfügbar ist, während die andere nur einige Tage oder Wochen im Jahr zur Verfügung steht. Ein Unterscheidungskriterium könne auch sein, dass ortsungebundene und ortsgebundene Schaustellerunternehmen nicht denselben nationalen rechtlichen Rahmenbedingungen unterliegen.

Folgen

Ob zwischen den Leistungen von Freizeitparks und ortsungebundenen Schaustellerleistungen derartige Unterschiede bestehen, die die Anwendung unterschiedlicher Umsatzsteuersätze rechtfertigen, ist nunmehr vom Finanzgericht Köln zu entscheiden. Spannend ist der Ausgang dieses Klageverfahrens auch im Hinblick auf das Revisionsverfahren des BFH zum Urteil des Finanzgerichts Münster, das unter dem Aktenzeichen XI R 4/21 anhängig ist. Das Finanzgericht Münster lehnte – anders als das Finanzgericht Köln – die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die Umsätze aus dem Verkauf von Eintrittstickets für einen Freizeitpark ab. Der BFH hatte im Hinblick auf die anstehende EuGH-Entscheidung im Vorabentscheidungsverfahren des Kölner Falls die Revision zugelassen und das Revisionsverfahren ruhend gestellt.

Betroffene Normen

§ 12 Abs. 2 UStG; ARt. 98 ABs. 2 iVm Anhang III Nr. 7 MwStSystRL

Fundstelle

EuGH, Urteil vom 09.09.2021, C-406/20

www.deloitte-tax-news.de Diese Mandanteninformation enthält ausschließlich allgemeine Informationen, die nicht geeignet sind, den besonderen Umständen eines Einzelfalles gerecht zu werden. Sie hat nicht den Sinn, Grundlage für wirtschaftliche oder sonstige Entscheidungen jedweder Art zu sein. Sie stellt keine Beratung, Auskunft oder ein rechtsverbindliches Angebot dar und ist auch nicht geeignet, eine persönliche Beratung zu ersetzen. Sollte jemand Entscheidungen jedweder Art auf Inhalte dieser Mandanteninformation oder Teile davon stützen, handelt dieser ausschließlich auf eigenes Risiko. Deloitte GmbH übernimmt keinerlei Garantie oder Gewährleistung noch haftet sie in irgendeiner anderen Weise für den Inhalt dieser Mandanteninformation. Aus diesem Grunde empfehlen wir stets, eine persönliche Beratung einzuholen.

This client information exclusively contains general information not suitable for addressing the particular circumstances of any individual case. Its purpose is not to be used as a basis for commercial decisions or decisions of any other kind. This client information does neither constitute any advice nor any legally binding information or offer and shall not be deemed suitable for substituting personal advice under any circumstances. Should you base decisions of any kind on the contents of this client information or extracts therefrom, you act solely at your own risk. Deloitte GmbH will not assume any guarantee nor warranty and will not be liable in any other form for the content of this client information. Therefore, we always recommend to obtain personal advice.