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07.02.2023
Indirekte Steuern/Zoll

FG München: Nacherhebung bei Transferpreisanpassungen

Das Finanzgericht München hat in einem Urteil erstmals die Rechtsprechung des BFH zum Fall Hamamatsu fortgesetzt und eine Nacherhebung bei nachträglicher Anpassung der Verrechnungspreise als rechtswidrig erachtet. 

Hintergrund

In den Deloitte Tax-News vom 18.10.2022 hatten wir über die Entscheidung des BFH in dem als Hamamatsu-Fall bekanntgewordenen Verfahren VII R 2/19 berichtet. Der BFH war der Entscheidung des EuGH in der Rechtsache C-259/16 gefolgt und hatte entschieden, dass die Art. 28 bis 31 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 (Zollkodex) dahin auszulegen sind, dass sie es nicht zulassen, als Zollwert einen vereinbarten Transaktionswert zugrunde zu legen, der sich teilweise aus einem zunächst in Rechnung gestellten und angemeldeten Betrag und teilweise aus einer pauschalen Berichtigung nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zusammensetzt, ohne dass sich sagen lässt, ob am Ende des Abrechnungszeitraums diese Berichtigung nach oben oder nach unten erfolgen wird.

In dem vom entschiedenen Fall ging es konkret um die Erstattung von Einfuhrabgaben aufgrund nachträglich vorgenommener Verrechnungspreisanpassungen. 

In unserer Urteilsanmerkung hatten wir darauf hingewiesen, dass mit der Entscheidung nicht eindeutig geklärt sei, ob sie auch auf nachträgliche Erhöhungen der Verrechnungspreise übertragbar sei und die Zollrelevanz nachträglicher Verrechnungspreisanpassungen damit obsolet geworden sei. Unserer Auffassung nach ließ die Entscheidung dies Interpretation zu.

Entscheidung des FG München

Mit Urteil vom 27.10.2022 hat nun erstmals ein deutsches Finanzgericht geurteilt, dass die Nacherhebung von Einfuhrabgaben wegen nachträglicher Erhöhung der Verrechnungspreise rechtswidrig ist.

In seiner Urteilsbegründung hält sich das Finanzgericht dabei strikt an die Vorgaben des BFH und führt aus, dass der maßgebliche Zeitpunkt für die Bestimmung des Zollwerts der Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld ist, vorliegend also der Zeitpunkt, in dem die betreffenden Zollanmeldungen angenommen worden sind. Die Zollwertermittlung ist demnach eine waren- und stichtagsbezogene Wertermittlung. Diese lasse es nicht zu, als Zollwert einen vereinbarten Transaktionswert zugrunde zu legen, der sich teilweise aus einem zunächst in Rechnung gestellten und angemeldeten Betrag und teilweise aus einer pauschalen Berichtigung nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zusammensetzt, ohne dass sich sagen lässt, ob am Ende des Abrechnungszeitraums diese Berichtigung nach oben oder nach unten erfolgen wird. Dies gelte auch für die Zollwertermittlung nach der Schlussmethode.
Denn wenn im Zeitpunkt der Zollanmeldung nicht feststehe, ob am Ende des Abrechnungszeitraums überhaupt eine Berichtigung vorzunehmen sein wird und ob, falls dies der Fall sei, diese nach oben oder nach unten zu erfolgen hat, dann sei der auf diese Weise ermittelte - bzw. nach Ablauf des Abrechnungszeitraums tatsächlich erst noch zu ermittelnde - Warenwert im Zeitpunkt der Zollanmeldung nicht quantifizierbar.

Die Nachweispflicht liegt im Fall der Nacherhebung beim Hauptzollamt. Dieses muss darlegen und ggf. belegen, dass bzw. inwieweit Abgaben zu niedrig festgesetzt worden sind. Kann dieser Nachweis nicht geführt werden, ist eine Nacherhebung ausgeschlossen.

Weil die Frage, ob auch Nachbelastungen von unterjährig angemeldeten Verrechnungspreisen den Zollwert bilden können, höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, hat das Finanzgericht die Revision zugelassen.

Anmerkung

Die Entscheidung des Finanzgerichts München ist nachvollziehbar, da das Gericht weder mit der Hamamatsu-Entscheidung des EuGH noch der des BFH zufrieden sein konnte. Mit der Zulassung der Revision drängt das Gericht den BFH nun dazu selbst über diese wichtige Thematik zu entscheiden, oder aber, den EuGH auch zur Frage der zollwertrechtlichen Relevanz von nachträglichen Verrechnungspreiserhöhungen um Vorabentscheidung zu bitten.

Wir sind gespannt, wie sich die Rechtsprechung hierzu fortentwickeln wird.
Unseren Mandanten empfehlen wir bis zur abschließenden Klärung der Rechtsfrage gegen entsprechende Nacherhebungsbescheide der Zollverwaltung Einspruch einzulegen und im Hinblick auf das anhängige Revisionsverfahren ggf. die Aussetzung des Rechtsbehelfsverfahrens zu beantragen.

Bei Fragen zu diesem Newsletter oder bei allgemeinem zollrechtlichen Beratungsbedarf, steht Ihnen unser Global Trade Advisory Team gerne zur Verfügung.

Fundstelle

 FG München, Urteil vom 27.10.2022, 14 K 588/20

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