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16.11.2015
Indirekte Steuern/Zoll

Finanzverwaltung: Verschärfung bei Mengenermittlung zur Strom- und Energiesteuerentlastung – Zähler wird im Regelfall Pflicht

Nach den Vorgaben der Finanzverwaltung soll eine Schätzung im Rahmen der Mengenermittlung für die Steuerentlastung nach § 9a StromStG und § 51 EnergieStG nur noch im Einzelfall zulässig sein.

Hintergrund

Für nach dem Strom- bzw. Energiesteuergesetz entlastungsfähige Mengen sehen die einschlägigen strom- und energiesteuerlichen Vorschriften die Ermittlung mittels Messeinrichtungen (z.B. Zähler) nicht vor. § 17 Absatz 4 StromStV und in § 95 Absatz 4 EnergieStV ordnen lediglich an, dass der Antragsteller einen buchmäßigen Nachweis zu führen hat, aus dem sich für den Entlastungsabschnitt u.a. die Menge und der genaue Verwendungszweck des Stroms bzw. des Energieerzeugnisses ergeben müssen.

Bisherige Praxis der Finanzverwaltung

Die Finanzverwaltung hat in der bisherigen Verwaltungspraxis grundsätzlich auf den Einbau von Zählern und den Nachweis der entlastungsfähigen Mengen auf der Basis von Zählerständen von Messgeräten verzichtet.

Zukünftige Änderungen der Praxis der Finanzverwaltung

Nach zwei kürzlich veröffentlichten Dienstvorschriften zum § 9a StromStG und zum § 51 EnergieStG (jeweils Steuerentlastungen für bestimmte Prozesse und Verfahren) möchte die Finanzverwaltung zukünftig zumindest bei den Steuerentlastungen nach § 9a StromStG und § 51 EnergieStG einen anderen Weg gehen.

Regelfall: Mengenermittlung mittels Messgeräten

In den vorgenannten Dienstvorschriften wird nunmehr angeordnet, dass zur Ermittlung der entlastungsfähigen Mengen, die entnommenen Strommengen und eingesetzten Energieerzeugnisse grundsätzlich mittels Messgeräten (z. B. Zähler bei Strom und Erdgas oder Waagen bei Schüttgütern) zu messen sind. Dieser Regelfall ist eine Abkehr von der bisherigen Verwaltungspraxis.

Ausnahmen: Schätzung im Einzelfall in engen Grenzen möglich

Die Finanzverwaltung lässt nur noch im Einzel- und Ausnahmefall eine Schätzung der Verbrauchsmengen anhand geeigneter Unterlagen und/oder Methoden zu. Ein solcher Einzelfall wird definiert, wenn der Einbau derartiger Messeinrichtungen aus technischen Gründen nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist. In einem derartigen Ausnahmefall muss die Mengenermittlung zwingend nach den allgemeinen anerkannten Regeln der Technik erfolgen und für die Bearbeitung der Anträge sowie deren Prüfung jederzeit nachprüf- und nachvollziehbar sein.

Anwendbarkeit ab 01.01.2016

Diese Vorgaben gelten ab dem Entlastungsjahr 2016. Im Ergebnis sind daher alle ab dem 01.01.2016 verwendeten und entlastungsfähigen Mengen (Strom und Energieerzeugnisse), soweit sie über § 9a StromStG und § 51 EnergieStG entlastet werden wollen, mittels der vorgenannten Messgeräte zu ermitteln. Für die Praxis ergeben sich aus dieser Änderung der Verwaltungspraxis verschiedene Themen. Immerhin sieht die Dienstvorschrift dazu vor, dass die betroffenen Unternehmen über diese Änderung zu informieren sind, sofern bisher auf den Einbau von Messgeräten verzichtet wurde und kein o. a. Einzelfall vorliegt. Es ist jedoch zu erwarten, dass die Unternehmen nur allgemein, nicht jedoch über alle und insbesondere unternehmensspezifische Themen informiert werden.

Achtung: Abgrenzung Kraft- und Wärmestrom/Strom für die Elektrolyse beachten

Innerhalb des Unternehmens wird insbesondere die Frage bedeutsam werden, welche Mengen gemessen werden müssen. Dabei ist insbesondere die neue Entwicklung der Entlastungsmöglichkeiten von Kraftstrom einerseits und Wärmestrom bzw. Strom für die Elektrolyse andererseits zu beachten. Der BFH hat entschieden, dass in den jeweiligen Prozessen verwendeter sog. Kraftstrom nicht über § 9a Absatz 1 Nr. 1 und 3 StromStG entlastungsfähig ist (siehe Deloitte Tax-News). Soweit die Finanzverwaltung nunmehr die Mengenermittlung mittels Messeinrichtungen für die nach § 9a StromStG entlastungsfähigen Mengen vorsieht (also z.B. für Strom für die Elektrolyse und sog. Wärmestrom), stellt sich die Frage, ob bei Anlagen die jeweils nur eine Messeinrichtung für alle in der Anlage verwendeten Strommengen haben (also Kraft- und Strom für die Elektrolyse/ Wärmestrom), die für die Elektrolyse bzw. den Wärmestrom verwendeten Mengen gesondert gemessen werden müssen, soweit dies technisch überhaupt möglich ist. Zu diesem Punkt nimmt die Dienstvorschrift zu § 9a StromStG nicht Stellung. Wie diese Themen im Unternehmen umgesetzt werden, ist im jeweiligen Einzelfall zu klären.

 

Anwendbarkeit auf andere Steuerentlastungsvorschriften?

Ferner ist auch noch zu erwähnen, dass die Finanzverwaltung derzeit eine derartige Messung mittels Messgeräten nicht für die entlastungsfähigen Mengen nach anderen Steuerentlastungsvorschriften (beispielsweise § 9b StromStG, § 10 StromStG, § 54 EnergieStG, § 55 EnergieStG) vorsieht.

Erfordernis geeichter Messgeräte?

Fraglich ist auch, ob eine Mengenermittlung für Zwecke der Steuerentlastung nach § 9a StromStG und § 51 EnergieStG durch geeichte Messeinrichtungen – ähnlich im Rahmen der Besonderen Ausgleichsregelung nach § 63 ff. EEG ab dem Nachweiszeitraum 2015 - erforderlich ist.

Nach § 5 Absatz 2 Nr. 6 der Verordnung über das Inverkehrbringen und die Bereitstellung von Messgeräten auf dem Markt sowie über ihre Verwendung und Eichung (Mess- und Eichverordnung - MessEV) sind das Mess- und Eichgesetz und die vorgenannte MessEV für sonstige Messungen nach dem Zoll- und Steuerrecht sowie nach dem Branntweinmonopolrecht nicht anzuwenden. Zu beachten ist jedoch, dass diese Ausnahme nach § 5 Absatz 2 Satz 2 MessEV nur dann gilt, wenn

1. in anderer Weise als nach dem Mess- und Eichgesetz und der MessEV sichergestellt ist, dass das Verwenden der Messgeräte zu einer genaueren Bestimmung von Messwerten führt, als dies mit einem für den Verwendungszweck geeigneten Messgerät, das dem Mess- und Eichgesetz entspricht, erreicht wird und die metrologische Rückführung des auszunehmenden Messgeräts gewährleistet ist; die Regelung ist nicht anzuwenden für Messgeräte zur amtlichen Überwachung des öffentlichen Verkehrs;

oder

2. die Messrichtigkeit der Geräte für den Bereich, in dem sie bei der Durchführung der amtlichen Aufgabe verwendet werden, ohne Bedeutung ist.

Ob und inwieweit diese Ausnahmetatbestände (insbesondere Nr. 2) in der Praxis der Steuerentlastungen einschlägig sind, ist derzeit offen. Beide neuen Dienstvorschriften erfordern nicht ausdrücklich den Einbau von geeichten Messeinrichtungen für Steuerzwecke. Dies könnte dafür sprechen, dass geeichte Messgeräte nicht erforderlich sind. Gesichert ist dies jedoch nicht.

Zu beachten ist jedoch, dass nach § 2 Absatz 3 MessEV der Verwender (d.h. der Antragsteller der Steuerentlastungen) die Beweislast dafür trägt, dass die Verwendung eines Messgeräts oder eines Messwerts eine Ausnahme vom Anwendungsbereich nach § 5 Absätze 1 und 2 MessEV darstellt.

Aufgrund der besonderen wirtschaftlichen Bedeutung beider Steuerentlastungstatbestände sollte daher der Einsatz geeichter Messeinrichtungen – soweit diese nicht ohnehin aus anderen Gründen schon vorhanden sind – zumindest in Erwägung gezogen werden. Dabei sind die Kosten der Anschaffung und der Unterhaltung der Messeinrichtungen und die Höhe der Steuerentlastungen – auch unter Beachtung eines Mehrjahreszeitraumes - gegenüber zu stellen.

Jedenfalls vermeidet man mit dem Einbau geeichter Messinstrumente potentielle Diskussionen mit der Finanzverwaltung ob und inwieweit die gesetzlichen Vorschriften des Mess- und Eichwesens Anwendung finden.

Für die Praxis wäre es wünschenswert, wenn in dem von der Finanzverwaltung angekündigten Informationsschreiben an die betroffenen Unternehmen eine klarstellende Aussage auch und insbesondere zu den hier angesprochenen Punkten getroffen wird. Sollte dies nicht erfolgen, ist zu empfehlen, ggfs. auf individueller Basis eine entsprechende Klarstellung anzustreben.

Erfordernis „moderner Messeinrichtungen“ bzw. „intelligenter Messsysteme“?

Im Messwesen für Strom, Gas, Wasser und Wärme zeichnet sich zurzeit eine Veränderung ab. Kürzlich wurde nämlich der Kabinettsbeschluss zum „Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende“ veröffentlicht, der als Artikelgesetz ein neues Stammgesetz, das sog. Messstellenbetriebsgesetz im Entwurf (MsbG-E), enthält. Letzteres regelt nach Inkrafttreten auch den Messstellenbetrieb in Deutschland. Somit ergeben sich aus den Vorschriften in der Praxis also neue Anforderungen für den Einbau bzw. Betrieb von Zählern. Nach dem Regierungsentwurf umfasst der Messstellenbetrieb nämlich Einbau, Betrieb und Wartung der Messstelle und ihrer Messeinrichtungen und Messsysteme sowie Gewährleistung einer mess- und eichrechtskonformen Messung entnommener, verbrauchter und eingespeister Energie einschließlich der Messwertaufbereitung und form- und fristgerechten Datenübertragung nach Maßgabe des Gesetzes.

Allerdings sind Normadressaten ausschließlich die grundzuständigen Messstellenbetreiber (gMSB), welche die für die erfolgreiche Durchführung der Energiewende notwendige Umrüstung von Entnahme- und Einspeisestellen umsetzen sollen. Andere Messstellen als die abrechnungs- und bilanzierungsrelevanten Schnittstellen zum Netz der öffentlichen Versorgung sind damit also nicht gemeint. Auf Nachfrage im zuständigen Referat des BMWi ergibt sich keine Notwendigkeit, die im Gesetz detaillierten Anforderungen für moderne Messeinrichtungen (mM) und intelligente Messsysteme (iMSys) auf beispielsweise rein innerbetriebliche Messverfahren anzuwenden.

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