Das Landesamt für Steuern Niedersachsen nimmt in seiner Verfügung vom 07.11.2022 zur ertragsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Behandlung von Photovoltaikanlagen Stellung.
Die Vergütungen für Stromeinspeisungen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen regelt seit Inkrafttreten am 01.04.2000 das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Danach sind Netzbetreiber verpflichtet, Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien anzuschließen, den daraus erzeugten Strom abzunehmen und mindestens in der gesetzlich festgelegten Höhe zu vergüten. Um Planungssicherheit für die Betreiber der Anlagen zu erhalten, werden die Mindestvergütungen vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme über einen Zeitraum von 20 Jahren zuzüglich des Inbetriebnahmejahres gezahlt. Zur ertrag- und gewerbesteuerlichen Behandlung des Betreibens von Photovoltaikanlagen und der damit erzielten Vergütungen hat das Landesfinanzamt Niedersachsen in seiner Verfügung vom 07.11.2022 Stellung genommen.
Im Folgenden werden die wesentlichen Punkte der Verfügung dargestellt:
I. Ertragsteuerliche Behandlung
Einkunftsart und Gewinnerzielungsabsicht
Das Betreiben einer Photovoltaikanlage und die damit einhergehende Stromerzeugung führt zu Einnahmen aus einer gewerblichen Betätigung i.S.d. § 15 Abs. 2 EStG, wenn Gewinnerzielungsabsicht gegeben ist. Für Photovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 10 kW kann bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen unterstellt werden, dass diese ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden (vgl. BMF-Schreiben vom 29.10.2021; das JStG 2022 sieht zudem für ab dem 01.01.2022 zufließende Einnahmen aus dem Betrieb einer einzelnen Anlage oder mehrerer Anlagen bis max. 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 EStG vor, siehe Deloitte Tax-News).
Gewerbliche Infizierung bei Personengesellschaften
Erzielt eine Personengesellschaft aus der Vermietung eines Gebäudes Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.S.d. § 21 EStG und betreibt daneben auf dessen Dach eine Photovoltaikanlage, mit der Strom erzeugt und in das Stromnetz eingespeist wird, kommt es grundsätzlich zu einer Infizierung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in gewerbliche Einkünfte nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG. Es kommt allerdings nicht zur Anwendung der Infektionstheorie, wenn die gewerblichen Umsätze eine Bagatellgrenze in Höhe von 3 % der Gesamtnettoumsätze und zusätzlich den Betrag von 24.500 Euro im VAZ nicht übersteigen (BFH-Urteile vom 27.08.2014, VIII R 16/11, VIII R 41/11, und VIII R 6/12).
Eine gewerbliche Infizierung kann bei Überschreiten der Bagatellgrenze durch Ausgliederung der gewerblichen Tätigkeit auf eine zweite Personengesellschaft vermieden werden. Ob eine oder mehrere Personengesellschaften vorliegen, kann grundsätzlich nur mithilfe des Gesellschaftsvertrags bestimmt werden. Ein Indiz für das Vorliegen von verschiedenen Gesellschaften kann eine unterschiedliche (geschäftsübliche) Bezeichnung der Personengesellschaften sein.
Werden zur Installation von Aufdachanlagen Dachflächen von einer Personengesellschaft an eine Schwesterpersonengesellschaft überlassen, die die Photovoltaikanlage betreibt, stellen die Dachflächen wesentliche Betriebsgrundlagen dar. Daher ist zu prüfen, ob eine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung vorliegt, wenn die Dachflächen entgeltlich zur Nutzung überlassen werden und zwischen den beiden Personengesellschaften eine personelle Verflechtung besteht. Dies hat zur Folge, dass bei der Besitzpersonengesellschaft die Einkünfte aus der Verpachtung der Dachflächen als solche aus Gewerbebetrieb ankommen, die dann zu einer Abfärbung führen. Bei unentgeltlicher Überlassung der Dachflächen ist allerdings keine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung anzunehmen.
Dachintegrierte Photovoltaikanlagen
Photovoltaikanlagen sind i.d.R. als Betriebsvorrichtungen dem Gewerbebetrieb zuzuordnen. Nach R 4.2 Abs. 3 S. 4 EStR sind dachintegrierte Photovoltaikanlagen - wie herkömmliche Aufdachanlagen auch - für ertragsteuerliche Zwecke wie selbständige, vom Gebäude losgelöste, bewegliche Wirtschaftsgüter zu behandeln.
Betriebseinnahmen
Betriebsausgaben
Aufwendungen, die durch den Betrieb der Anlage veranlasst sind, können als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG abgezogen werden. Dazu gehören u.a. Abschreibungen, Finanzierungskosten, Versicherungsbeiträge, Reparatur- und Wartungskosten, Rechts- und Beratungskosten sowie gezahlte EEG-Umlagen.
II. Gewerbesteuerliche Behandlung
Steuerbefreiung
Bestehende Gewerbebetriebe von Anlagebetreibern i.S.d. § 3 Nr. 2 EEG sind nach § 3 Nr. 32 GewStG von der Gewerbesteuer befreit, wenn sich deren Tätigkeit ausschließlich auf die Erzeugung und Vermarktung von Strom aus einer auf, an oder in einem Gebäude angebrachten Solaranlage bis zu einer installierten Leistung von 10 kW (Erhöhung auf 30 kW durch JStG 2022, siehe Deloitte Tax-News) beschränkt.
Beginn der Gewerbesteuerpflicht
Für Anlagen, die nicht unter § 3 Nr. 32 GewStG fallen, ist als Beginn der Gewerbesteuerpflicht i.d.R. der Zeitpunkt anzusetzen, an dem die regelmäßige Stromeinspeisung ins Netz beginnt. Vorbereitungshandlungen begründen noch keine Gewerbesteuerpflicht. Verluste aus der Zeit vor Beginn der Gewerbesteuerpflicht sind daher nicht zu berücksichtigen und nicht gem. § 10a S. 6 GewStG gesondert festzustellen.
§§ 4, 5, 7, 15 EStG, §§ 2, 3, 10a GewStG
Landesamt für Steuern Niedersachsen, Verfügung vom 07.11.2022, S 2240-St 222/St 221-2473/2022
BFH, Urteile vom 27.08.2014, VIII R 16/11, BStBl II 2015, S. 996, VIII R 41/11, BStBl II 2015, S. 999, VIII R 6/12, BStBl. II 2015, S. 1002, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 17.10.2013, III R 27/12, BStBl II 2014, S. 372, siehe Deloitte Tax News
BFH, Beschluss vom 08.12.2003, X B 43/03
BMF, Schreiben vom 29.10.2021, IV C 6 - S 2240/19/10006 :006, BStBl I 2021, S. 2202
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