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23.08.2013
Internationales Steuerrecht

BFH: Verrechnungspreisdokumentation ist unionsrechtskonform

Die Pflicht zu einer sog. Verrechnungspreisdokumentation, der Steuerpflichtige bei bestimmten grenzüberschreitenden Vorgängen unterworfen sind, steht in Einklang mit dem Unionsrecht. Die Ungleichbehandlung von Inlands- und Auslandssachverhalten ist insbesondere durch das Erfordernis einer wirksamen Steueraufsicht gerechtfertigt.

Sachverhalt

Sämtliche Anteile an der Klägerin, einer GmbH, wurden im Streitjahr 2008 von der L-AG mit Sitz in Luxemburg gehalten. Zur Durchführung einer Außenprüfung verlangte das Finanzamt von der X-GmbH die Vorlage einer sog. Sachverhalts- und Angemessenheitsdokumentation über die Geschäftsbeziehungen mit der L-AG. Die Außenprüfung sollte klären, ob die Geschäftsbeziehungen zwischen der Klägerin und der L-AG dem zwischen Dritten Üblichen entsprachen, oder ob es sich bei den Zahlungen an die L-AG um verdeckte Gewinnausschüttungen handelte. Einspruch und Klage gegen die Aufforderung waren erfolglos.

Entscheidung

Die Anforderung der Verrechnungspreisdokumentation durch das Finanzamt ist rechtmäßig. § 90 Abs. 3 AO verstößt nicht gegen die unionsrechtlichen Grundfreiheiten.

Bei Sachverhalten, die Vorgänge mit Auslandsbezug betreffen, hat der Steuerpflichtige über Art und Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen mit nahestehenden Personen Aufzeichnungen zu erstellen und diese auf Vorlage der Finanzbehörde vorzulegen (§ 90 Abs. 3 AO). Diese Pflichten beziehen sich insbesondere auf die mit den Nahestehenden vereinbarten sog. Verrechnungspreise. Sachverhalte ohne entsprechenden Auslandsbezug sind von diesen Pflichten, die für die Steuerpflichtigen erheblichen Aufwand und erhebliche Kosten verursachen, nicht betroffen. Inlands- und Auslandssachverhalte werden also ungleich behandelt.

In der Ungleichbehandlung liegt kein Verstoß gegen das Recht der Europäischen Union.

Die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 Abs. 1 EG wird nicht verletzt. Art. 49 Abs. 1 EG verbietet die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind. § 90 Abs. 3 AO greift in den Schutzbereich der Dienstleistungsfreiheit ein. Denn die Vorschrift wirkt sich ausschließlich bei grenzüberschreitend erbrachten Dienstleistungen durch die besondere Dokumentations- und Aufzeichnungspflicht allein bei Vorgängen mit Auslandsbezug mit nahe stehenden Personen aus. Die durch § 90 Abs. 3 AO begründeten Pflichten führen zu einem gesteigerten Beratungsbedarf der Steuerpflichtigen und damit verbunden zu höheren Kosten als bei rein innerstaatlichen Sachverhalten. Insbesondere werden die Mehrkosten durch notwendig werdende Verrechnungspreisstudien zur Verteidigung der Höhe der vereinbarten Entgelte hervorgerufen.

Diese Ungleichbehandlung zu Lasten grenzüberschreitender Dienstleistungen ist jedoch durch zwingende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt, insbesondere durch das Erfordernis einer wirksamen Steueraufsicht. Danach sind die Mitgliedstaaten befugt, Maßnahmen anzuwenden, um die Besteuerungsgrundlage klar und eindeutig feststellen zu können. Ferner sind sie dazu befugt, dem Steuerpflichtigen entsprechende Mitwirkungshandlungen abzuverlangen, die ihnen notwendig erscheinen.

Die erhöhte Mitwirkungspflicht ist in ihrer Ausgestaltung auch verhältnismäßig, da sich die Verrechnungspreise andernfalls nicht verlässlich überprüfen lassen. Denn die erforderlichen Informationen stammen vornehmlich aus der Sphäre des Steuerpflichtigen, der die notwendigen Informationen besser als das Finanzamt dokumentieren kann.

Eine Sachverhaltsaufklärung kann auch nicht allein mit den Mitteln der zwischen-staatlichen Amtshilfe gewährleistet werden, da die ausländische Finanzverwaltung ebenso wenig wie die inländische Finanzverwaltung über die notwendigen internen Informationen verfügt. Sie können nur durch eine Mitwirkung des Steuerpflichtigen erlangt werden.

Betroffene Norm
§ 90 Abs. 3 AO
Streitjahr 2008

Vorinstanz
Finanzgericht Hessen, Urteil vom 23.03.2011, 4 K 419/10

Fundstelle
BFH, Urteil vom 10.04.2013, I R 45/11

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