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20.01.2017
Internationales Steuerrecht

Brexit: Die Zeichen stehen auf harten Ausstieg

Hintergrund

Am 23.06.2016 hat sich der britische Wähler mehrheitlich für den Austritt aus der EU entschieden. Dieser Austritt erfolgte nicht sofort. In Vertragsverhandlungen zwischen der EU und Großbritannien muss der Rahmen für das Verhältnis zwischen der EU und Großbritannien nach einem Austritt festgelegt werden. Basis für den Austritt sowie die Verhandlungen ist Art. 50 Abs. 3 EUV. Darin ist festgehalten, dass der Austritt mit dem Tag des Inkrafttretens des Austrittsabkommens, spätestens jedoch 2 Jahre nach der Mitteilung über die Austrittsabsichten von Großbritannien an den Rat erfolgt. Die Zweijahresfrist kann einstimmig durch den Rat im Einvernehmen mit Großbritannien verlängert werden. In ihrer Rede am 17.01.2017 hat die britische Premierministerin Theresa May angekündigt, den Mechanismus nach Art. 50 Abs. 3 EUV zum Start der Austrittsverhandlungen bis Ende März auslösen zu wollen. Auf dem Weg dorthin möchte Sie das britische Parlament mit einbeziehen.

Eine der wichtigsten Aussagen der Premierministerin war, dass sie anstrebt, die EU vollständig zu verlassen und danach die Beziehung zur EU auf der Ebene eines Freihandelsabkommens, das einen zollfreien Handel mit der EU erlauben soll, aufzunehmen. Theresa May spricht sich somit für einen klaren Schnitt mit der EU aus, sie möchte für Großbritannien keinen Sonderweg oder eine besondere Beziehung, wie mit Norwegen, sondern eine vollständige Trennung zwischen Großbritannien und der EU.

Steuerliche Folgen des angestrebten Verhandlungsziels

In einem ersten Schritt bedeutet dies den Austritt aus der Zollunion der EU und damit keinen freien Zugang mehr zum EU-Binnenmarkt. Großbritannien wird aus Sicht der EU zu einem Drittland, Lieferungen nach Großbritannien werden zu Ausfuhren und Lieferungen aus Großbritannien zu Einfuhren werden mit all ihren Folgen. Diese Einfuhren unterliegen beispielsweise dem üblichen Drittlandszollsatz für die jeweilige Ware. Um dies zu verhindern, möchte Theresa May ein Freihandelsabkommen mit der EU abschließen, das den zollfreien Zutritt in den EU-Binnenmarkt sichert. Dass der Abschluss eines solchen Abkommens jedoch bis zum Austritt Großbritanniens gelingt, ist eher unwahrscheinlich, insbesondere weil die EU kein Interesse daran hat, Großbritannien die Vorteile des Marktzutritts zu gewähren, ohne dass Großbritannien die Nachteile der EU in Kauf nehmen muss. Unternehmen sollten sich daher darauf einstellen, dass der Warenverkehr mit Großbritannien durch Drittlandszölle und den zusätzlichen administrativen Aufwand erst einmal verteuert wird. Waren aus Großbritannien werden auch nicht mehr als Ursprungsware der EU gelten, dies ist bei etwaigen Ursprungskalkulationen zu berücksichtigen.

Völlig unabhängig von einem möglichen Freihandelsabkommen ist die bevorstehende umsatzsteuerliche Umqualifizierung von Lieferungen nach und aus Großbritannien. Jetzige innergemeinschaftliche Lieferungen werden zu Ausfuhren und innergemeinschaftliche Erwerbe werden zu Einfuhren im umsatzsteuerlichen Sinne. Eine solche Änderung der umsatzsteuerlichen Beurteilung erfordert Anpassungen im Buchhaltungssystem der Unternehmen sowie bei der Meldung der Umsätze in den USt-Erklärungen.

Auch die grenzüberschreitende Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren wird nicht mehr auf der Grundlage des unionsrechtlichen gemeinsamen Verbrauchsteuersystems möglich sein. Das IT-Verfahren EMCS wird nicht mehr für den Gesamttransport aus und nach Großbritannien gelten können. Stattdessen sind dann die Regelungen des zollrechtlichen Ein- und Ausfuhrverfahrens i.V.m. den verbrauchsteuerlichen Voraussetzungen anzuwenden.

Im Bereich des Außenwirtschaftsrechts werden Lieferungen nach Großbritannien nicht mehr als Verbringung, sondern als Ausfuhr qualifiziert werden. Zwar waren die bisherigen Verbringungen auch schon teilweise exportkontrollrelevant, jedoch wird der Aufwand in Bezug auf mögliche Genehmigungserfordernisse durch die Qualifizierung als Ausfuhr steigen.

Ertragsteuerlich wird Großbritannien nach dem Austritt aus der EU als Drittland zu behandeln sein. Der bisherige Schutz durch die Richtlinien im Bereich der direkten Steuern (Mutter-Tochter-Richtlinie, Zins- und Lizenzgebühren-Richtlinie und Fusionsrichtlinie) entfällt mit allen negativen Folgen, darüber hinaus fallen wichtige ertragsteuerliche Vergünstigungen im deutschen Steuerrecht, die EU- und EWR-Staaten gewährt werden, weg (siehe Deloitte Tax-News).

Fundstelle

Premierministerin Theresa May, Rede vom 17.01.2017

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