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02.06.2021
Internationales Steuerrecht

DBA Estland: Bundesrat stimmt Gesetzentwurf zum Änderungsprotokoll zur Umsetzung von BEPS-Maßnahmen zu

Aktuell:

​Die Bundesrepublik Deutschland und die Republik Estland haben am 15.12.2020 ein Protokoll zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) der beiden Länder unterzeichnet. Das Änderungsprotokoll setzt insbesondere Maßnahmen des OECD-BEPS-Projekts im bilateralen Verhältnis zu Estland um. Am 22.04.2021 hatte das Bundeskabinett den Regierungsentwurf zum Änderungsprotokoll verabschiedet und damit den Ratifizierungsprozess in Form eines Gesetzgebungsverfahrens gestartet. Der Gesetzentwurf entspricht dabei dem Änderungsprotokoll vom 15.12.2020. Im Rahmen der Bundesratssitzung am 28.05.2021 hat nun der Bundesrat dem Gesetzentwurf zugestimmt.

Hintergrund

In dem neuen Änderungsprotokoll werden insbesondere die abkommensrechtlichen Mindeststandards aus der OECD-Initiative gegen Steuervermeidung durch die Verkürzung und Verlagerung von Gewinnen (BEPS) implementiert. Das neue Protokoll beinhaltet u.a. die folgenden Regelungen aus dem Mehrseitigen Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen (MLI, siehe Deloitte Tax-News):

  • Artikel 6 MLI – Zweck eines unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommens,
  • Artikel 7 MLI – Verhinderung von Abkommensmissbrauch.
  • Artikel 8 MLI – Transaktionen zur Übertragung von Dividenden,
  • Artikel 9 MLI – Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen oder Rechten und an Rechtsträgern, deren Wert hauptsächlich auf unbeweglichem Vermögen beruht,
  • Artikel 17 MLI – Gegenberichtigung.

Für das Inkrafttreten bedarf es noch der Verkündung im Bundesgesetzblatt. Im Anschluss werden die Ratifizierungsurkunden ausgetauscht.

Inhalt

Im Folgenden werden die wichtigsten Punkte des Änderungsprotokolls kurz dargestellt:

Artikel 1

Der Titel wird aufgehoben und durch folgenden neuen Titel ersetzt: „Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Estland zur Beseitigung der Doppelbesteuerung sowie zur Verhinderung der Steuerverkürzung und -umgehung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen“.

Artikel 2

Die Präambel wird durch eine neue Präambel ersetzt, welche einen klarstellenden Passus enthält, dass eine Nicht- oder Niedrigbesteuerung durch Steuerverkürzung oder -umgehung dem Zweck des DBA widerspricht. Durch diese Änderung wird Art. 6 MLI (Zweck eines unter das Übereinkommen fallenden Steuerabkommens) umgesetzt.

Artikel 3

Mit dem durch das Änderungsprotokoll neu eingefügten Art. 9 Abs. 2 DBA-Estland kommt es zur Umsetzung des Art. 17 MLI (Gegenberichtigung). Die Ergänzung sieht vor, dass zur Vermeidung einer Doppelbelastung infolge einer Gewinnberichtigung i.S. des Art. 9 Abs. 1 DBA-Estland 1996 der andere Vertragsstaat eine Gegenberichtigung vornimmt. Für eine übereinstimmende Abgrenzung der Gewinne zwischen verbundenen Unternehmen eröffnet Art. 25 DBA-Estland das Verständigungsverfahren.

Artikel 4

Art. 10 Abs. 2 Buchst. a DBA-Estland 1996 wird aufgehoben und durch eine neue Regelung ersetzt, mit der eine Mindestbeteiligungsdauer als Voraussetzung des begünstigten Quellensteuersatzes für Schachteldividenden entsprechend dem Art. 8 MLI (Transaktionen zur Übertragung von Dividenden) eingeführt wird.

Dabei wird das Besteuerungsrecht des Quellenstaates für Dividenden nach wie vor dahingehend beschränkt, dass die Quellensteuer max. 5% betragen darf, wenn der Nutzungsberechtigte eine Gesellschaft ist, die unmittelbar über mind. 25% des Kapitals der die Dividenden zahlenden Gesellschaft verfügt. Nach dem neuen Art. 10 Abs. 2 Buchst. a DBA-Estland gilt die zusätzliche Voraussetzung, dass die Beteiligung über mindestens 365 Tage einschließlich des Tages der Dividendenzahlung gehalten werden muss. Bei der Berechnung dieser Mindesthaltedauer bleiben der Neuregelung zufolge Änderungen der Eigentums- oder Inhaberschaftsverhältnisse unberücksichtigt, die sich unmittelbar aus einer Umstrukturierung, der die Anteile haltenden oder die Dividenden zahlenden Gesellschaft ergeben würden. Eine solche Regelung ist in ähnlicher Form bereits im OECD-Musterabkommen 2017 enthalten.

Artikel 5

Nach Art. 13 Abs. 1 DBA-Estland 1996 wird ein neuer Abs. 1a eingefügt. Durch diese Ergänzung wird Art. 9 MLI (Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen oder Rechten und an Rechtsträgern, deren Wert hauptsächlich auf unbeweglichem Vermögen beruht) implementiert. In diesem Zusammenhang bleibt es bei der bisherigen Regelung, dass neben dem Ansässigkeitsstaat auch der Vertragsstaat Gewinne aus der Veräußerung von Aktien besteuern darf, wenn der Wert der Aktien zu mindestens 50% auf unbeweglichem Vermögen beruht, das in diesem Vertragsstaat liegt. Neu ist, dass die Grundbesitzklausel um vergleichbare Rechte, wie z.B. Rechte an Personengesellschaften oder Trusts erweitert und ein 365-tägigen Prüfzeitraum im Hinblick auf die Ermittlung der Grundbesitzquote eingeführt wird. Eine solche Regelung ist in ähnlicher Form bereits im OECD-Musterabkommen 2017 enthalten.

Artikel 6

Mit dem durch das Änderungsprotokoll neu eingefügten Art. 27 DBA-Estland kommt es zur Umsetzung des Art. 7 MLI (Verhinderung von Abkommensmissbrauch). Mit dieser Ergänzung wird eine allgemeine Missbrauchsvermeidungsvorschrift in Form eines Principle Purpose Tests eingeführt, der die Abkommensvorteile für bestimmte Einkünfte oder Vermögenswerte versagt, wenn einer der Hauptzwecke einer Gestaltung in dem Erhalt eben jener Vorteile liegt.

Artikel 9

Das Änderungsprotokoll wird nach seinem Inkrafttreten in beiden Vertragsstaaten ab dem 1. Januar des Kalenderjahres anzuwenden sein, das dem Jahr folgt, in dem das Änderungsprotokoll in Kraft getreten ist (frühestens also zum 01.01.2022). 

Fundstellen

Bundesrat, Stellungnahme vom 28.05.2021, BR-Drs. 383/21 (B)

Bundesregierung, Regierungsentwurf zu dem Änderungsprotokoll vom 15.12.2020

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