Zurück zur Übersicht
URL: http://www.deloitte-tax-news.de/steuern/internationales-steuerrecht/ecofin-richtlinienvorschlag-zur-bekaempfung-von-beps-diskutiert.html
12.01.2016
Internationales Steuerrecht

ECOFIN: Richtlinienvorschlag zur Bekämpfung von BEPS diskutiert

Der ECOFIN-Rat hatte auf seiner Sitzung am 08.12.2015 das weitere Vorgehen zur Umsetzung des BEPS-Aktionsplans in der EU sowie zur Umsetzung der Gemeinsamen konsolidierten Bemessungsgrundlage (GKKB) diskutiert. Dabei lag auch ein Vorschlag zur Weiterentwicklung des Entwurfes der GKKB-Richtlinie auf dem Tisch. Eingeflossen sind hierin Vorschläge zur Umsetzung des BEPS-Aktionsplanes.

Hintergrund

Am 18.03.2015 hatte die EU-Kommission ihr Steuertransparenzpaket (siehe Deloitte Tax-News) vorgestellt und angekündigt, noch vor dem Sommer 2015 einen Aktionsplan zur Unternehmensbesteuerung vorzustellen, in dem u. a. ein (erneuter) Vorschlag für eine Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) wieder ins Gespräch gebracht werden sollte. Daraufhin veröffentlichte die EU-Kommission am 17.06.2015 einen Aktionsplan bestehend aus 5 Maßnahmenbereichen (siehe Deloitte Tax-News). Bestandteile waren unter anderem die Wiederbelebung der Aktivitäten zur Einführung der GKKB sowie Maßnahmen zur Umsetzung der Maßnahmen des BEPS-Aktionsplans.

Aktuelle Entwicklung

Am 08.12.2015 hat der ECOFIN-Rat den von der EU Kommission vorgelegten, weiterentwickelten Entwurf einer Richtlinie zur „Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage“ (GKKB) diskutiert. Der Name der Richtlinie ist irreführend, da der Richtlinienentwurf im Wesentlichen Maßnahmen zur Umsetzung der BEPS-Ergebnisse der OECD enthält.

Ziel der Richtlinie ist es, die gezielte Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS), die negative Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes hat, zu bekämpfen. Die Richtlinie soll lediglich einen Mindeststandard darstellen und nationale oder (DBA-)vertragliche Regelungen gegen BEPS nicht ausschließen. Der persönliche Anwendungsbereich beschränkt sich auf bestimmte EU- und Drittlands Körperschaften (im Entwurf auch „taxpayer“ genannt).
Es ist derzeit noch offen, ob die Richtlinie für alle in der EU tätigen Unternehmen gelten soll oder nur für große/multinationale Unternehmen.

Der Entwurf enthält einen ausführlichen Katalog mit Definitionen von Begriffen. Vorgesehen ist die Umsetzung der folgenden Maßnahmen:

  • Allgemeine Missbrauchsvermeidungsvorschrift (General Anti-Abuse Rule, GAAR)
  • Ausschluss der künstlichen Vermeidung der Begründung einer Betriebsstätte
  • Zinsabzugsbeschränkungen
  • Switch-Over-Klausel
  • Hinzurechnungsbesteuerung
  • Wegzugsbesteuerung (Exit Tax)
  • Hybride Gestaltungen zwischen EU-Staaten (ohne hybride Finanzinstrumente oder doppeltansässige Gesellschaften)
  • Hybride Gestaltungen mit Drittstaaten (ohne hybride Finanzinstrumente oder doppeltansässige Gesellschaften)

Allgemeine Missbrauchsvermeidungsvorschrift (General Anti-Abuse Rule, GAAR)
Die im Richtlinienvorschlag enthaltene allgemeine Missbrauchsvermeidungsvorschrift ähnelt § 42 AO. Die Mitgliedsstaaten sollen Gestaltungen steuerlich ignorieren, wenn deren Hauptzweck (oder einer der Hauptzwecke) die Erlangung eines steuerlichen Vorteils ist, der nicht vorgesehen ist, und es für die Gestaltung keine beachtlichen wirtschaftlichen Gründe gibt, die die ökonomische Wirklichkeit abbilden.

Künstliche Vermeidung der Begründung einer Betriebsstätte
Der Richtlinienvorschlag sieht eine Umsetzung der meisten OECD-Empfehlungen aus dem finalen Bericht zu Maßnahme Nr. 7 (Preventing the Artificial Avoidance of Permanent Establishment Status, siehe Deloitte Tax-News http://www.deloitte-tax-news.de/transfer-pricing/beps-massnahme-7---permanent-establishment.html) vor; dazu gehören:

  • Einschränkung des Ausnahmekatalogs für bestimmte Tätigkeiten (Art. 5 Abs. 4 OECD-MA)
  • Einführung einer Anti-Fragmentation Rule
  • Einschränkung des Ausnahmetatbestands des „unabhängigen Vertreters“ (Art. 5 Abs. 6 OECD-MA)

Die Vorschläge gegen die Aufspaltung von Verträgen bei Bauausführungen oder Montagetätigkeiten im Hinblick auf die 12-Monatsfrist (Art. 5 Abs. 3 OECD-MA) sind im Richtlinienvorschlag jedoch nicht enthalten.

Zinsabzugsbeschränkungen
Der Richtlinienvorschlag sieht die Einführung einer Zinsabzugsbeschränkung vor, die sich stark an der deutschen Zinsschrankenregelung orientiert (stärker als der Vorschlag im finalen OECD-Bericht vom 05.10.2015 (siehe Deloitte Tax-News)).
Abweichend von der deutschen Zinsschrankenregelung sieht der Richtlinienvorschlag allerdings lediglich einen Freibetrag i. H. v. EUR 1 Mio. vor.
Für Finanzinstitutionen und Versicherungsunternehmen sind Sonderregelungen vorgesehen.

Switch-Over-Klausel
Ausländische (passive) Einkünfte aus einem Drittstaat sollen unter bestimmten Umständen nicht von der inländischen Steuer freigestellt. In den folgenden Fällen soll – unter Abzug der darauf entfallenden ausländischen Steuer – eine Besteuerung erfolgen:

  • im Drittstaat unterliegt der Gewinn der Drittlandsgesellschaft (deren Ausschüttung erhalten wurde oder deren Anteile verkauft wurden) oder der Gewinn der (Drittlands-)Betriebsstätte einem effektiven Steuersatz von weniger als 40% des Steuersatzes, der im Mitgliedsstaat des Steuerpflichtigen gilt, und
  • zwischen dem Drittstaat und dem Mitgliedsstaat ist kein automatischer Informationsaustausch entsprechend der EU-Richtlinie 2011/16/EU in ihrer aktuellen Fassung vereinbart.

Zudem sollen Verluste aus Drittstaaten nur eingeschränkt verrechenbar sein.

Hinzurechnungsbesteuerung
Auch bestimmte nicht ausgeschüttete Gewinne von Gesellschaften aus Drittstaaten sollen im Mitgliedsstaat des Steuerpflichtigen besteuert werden. Ähnlich der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung sind für die Hinzurechnung erforderlich:

  • Beherrschung der Drittstaatengesellschaft (die vorgeschlagenen Voraussetzungen dazu sind enger als nach der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung)
  • Effektive Niedrigbesteuerung (weniger als 40% des Steuersatzes, der im Mitgliedsstaat des Steuerpflichtigen angewendet worden wäre; nach deutscher Hinzurechnungsbesteuerung schon bei einer effektiven Steuerbelastung von weniger als 25%)
  • Erzielung von mehr als 50% bestimmter (i. d. R. passiver) Einkünfte oder aktiver Einkünfte aus Handel und Dienstleistungen, die gegenüber dem Steuerpflichtigen erbracht werden

Bei EWR-Drittstaaten, mit denen der jeweilige Mitgliedsstaat des Steuerpflichtigen einen automatischen Informationsaustausch entsprechend der EU-Richtlinie 2011/16/EU in ihrer aktuellen Fassung vereinbart hat, soll es nicht zur Hinzurechnungsbesteuerung kommen.

Verluste sollen nur eingeschränkt genutzt werden können.

Wegzugsbesteuerung (Exit Tax)
Die Staaten sollen eine Wegzugsbesteuerung einführen bei:

  • Überführungen von Wirtschaftsgütern vom Stammhaus in eine Betriebsstätte in einen anderen Mitgliedsstaat oder ein Drittland,
  • Überführungen von Wirtschaftsgütern einer Betriebsstätte in einem Mitgliedsstaat in das Stammhaus oder eine Betriebsstätte eines anderen Mitgliedsstaats oder eines Drittlands,
  • Sitzverlegungen in andere Mitgliedsstaaten oder einen Drittstaat; ausgenommen sind Wirtschaftsgüter, die einer Betriebsstätte im Ursprungsland zuzuordnen sind
  • Verlagerung des Geschäfts einer EU-Betriebsstätte in ein Drittland

Bei Überführungen oder Verlagerungen in andere EU-Mitgliedsstaaten oder einen EWR-Staat (dort nur unter weiteren Voraussetzungen) ist eine Stundung oder eine Ratenzahlung (jeweils über 5 Jahre) möglich. Die Mitgliedsstaaten können unter bestimmten Voraussetzungen Zinsen oder Sicherheitsleistungen verlangen sowie die Stundung oder Ratenzahlung widerrufen.

Bei Bewegungen innerhalb der EU soll der Zuzugsstaat den gemeinen Wert im Zeitpunkt des Zuzugs anerkennen.

Hybride Gestaltungen zwischen EU-Staaten
Der Richtlinienvorschlag sieht vor, dass die Mitgliedsstaaten in Abhängigkeit von der Art des (hybriden) Mismatches eine vorgegebene einheitliche Bewertung der steuerlichen Situation vornehmen; dies gilt unabhängig davon, ob z. B. der Staat der zahlenden Gesellschaft oder der Staat des Zahlungsempfängers die eine oder die andere Gesellschaft als transparent oder intransparent ansieht.

Hybride Gestaltungen mit Drittstaaten
Der Richtlinienvorschlag sieht vor, dass die Mitgliedsstaaten die steuerliche Behandlung des Drittstaats übernehmen und dadurch das (hybride) Mismatch beseitigen.

Anmerkungen

Der Richtlinienvorschlag gibt ein frühes Stadium der Diskussion innerhalb des ECOFIN und der EU-Kommission wieder. Viele Teile sind in Klammern gesetzt und werden zum Teil noch kontrovers diskutiert. Sollte die vorgeschlagene Richtlinie angenommen werden, hätte dies eine andere Verbindlichkeit als die Einigung auf Ebene der OECD/G20: Durch eine EU-Richtlinie würden die Mitgliedsstaaten – anders als durch die Ergebnisse im Rahmen des OECD-Aktionsplans – nicht nur politisch, sondern auch rechtlich zur Umsetzung verpflichtet sein. Zudem umfasst der Richtlinienvorschlag mit Maßnahmen gegen hybride Gestaltung, für die Beschränkung des Zinsabzugs und Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung drei Bereiche, bei denen sich die OECD-Staaten nicht auf einen (politisch verbindlichen) Mindeststandard einigen konnten.
Allerdings ist festzustellen, dass die Maßnahmen gegen hybride Gestaltungen lediglich hybride Gesellschaften und Betriebsstätten erfassen, nicht jedoch hybride Finanzinstrumente oder doppeltansässige Gesellschaften.

Weiteres Vorgehen

Es wird mit einem offiziellen Richtlinien-Entwurf der EU-Kommission für Ende Januar 2016 gerechnet.

Fundstelle
Vorschlag einer Richtlinie vom 02.12.2015 

Weitere Fundstellen
Schlussfolgerungen des Rates der Europäischen Union vom 08.12.2015 
Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) – Explanatory Notes vom 02.12.2015
Vorschlag für eine Richtlinie über eine gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) – Sachstand vom 01.12.2015
OECD: Vorstellung der finalen Berichte zu BEPS, siehe Deloitte Tax-News 
BEPS: Maßnahme 7 - Permanent Establishment, siehe Deloitte Tax-News
BEPS: Maßnahme 4 - Zinsabzug und andere Finanztransaktionen, siehe Deloitte Tax-News
EU-Kommission: Aktionsplan für eine faire und effiziente Unternehmensbesteuerung in der EU veröffentlicht, siehe Deloitte Tax-News
EU-Kommission, Mitteilung an das Europäische Parlament und den Rat „Eine faire und effiziente Unternehmensbesteuerung in der Europäischen Union – Fünf Aktionsschwerpunkte
EU-Kommission, Fragen und Antworten zum Aktionsplan für eine faire und effiziente Unternehmensbesteuerung in der EU
EU Kommission: Steuertransparenzpaket vorgestellt, siehe Deloitte Tax-News 
Deloitte Tax-News Einträge zum Thema „BEPS

www.deloitte-tax-news.de Diese Mandanteninformation enthält ausschließlich allgemeine Informationen, die nicht geeignet sind, den besonderen Umständen eines Einzelfalles gerecht zu werden. Sie hat nicht den Sinn, Grundlage für wirtschaftliche oder sonstige Entscheidungen jedweder Art zu sein. Sie stellt keine Beratung, Auskunft oder ein rechtsverbindliches Angebot dar und ist auch nicht geeignet, eine persönliche Beratung zu ersetzen. Sollte jemand Entscheidungen jedweder Art auf Inhalte dieser Mandanteninformation oder Teile davon stützen, handelt dieser ausschließlich auf eigenes Risiko. Deloitte GmbH übernimmt keinerlei Garantie oder Gewährleistung noch haftet sie in irgendeiner anderen Weise für den Inhalt dieser Mandanteninformation. Aus diesem Grunde empfehlen wir stets, eine persönliche Beratung einzuholen.

This client information exclusively contains general information not suitable for addressing the particular circumstances of any individual case. Its purpose is not to be used as a basis for commercial decisions or decisions of any other kind. This client information does neither constitute any advice nor any legally binding information or offer and shall not be deemed suitable for substituting personal advice under any circumstances. Should you base decisions of any kind on the contents of this client information or extracts therefrom, you act solely at your own risk. Deloitte GmbH will not assume any guarantee nor warranty and will not be liable in any other form for the content of this client information. Therefore, we always recommend to obtain personal advice.