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05.04.2017
Internationales Steuerrecht

FG Münster: EuGH-Vorlage zur gewerbesteuerlichen Kürzung für Ausschüttungen von Drittstaaten-Tochtergesellschaften

Mit Urteil vom 20.09.2018 hat der EuGH entschieden, dass die Gewerbesteuerpflicht von Drittstaatendividenden aufgrund strengerer Voraussetzungen des § 9 Nr. 7 GewStG im Vergleich zu den Voraussetzungen für inländische Dividenden (§ 9 Nr. 2a GewStG) gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt.
EuGH, Urteil vom 20.09.2018, C 685/16, siehe Deloitte Tax-News
                                                                                                                                             
FG Münster (Vorinstanz)

Das FG Münster hat erhebliche Zweifel, ob § 9 Nr. 7 GewStG gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt, da für die gewerbesteuerliche Kürzung des Gewinns um Ausschüttungen von Drittstaaten-Tochtergesellschaften strengere Bedingungen gelten als für Ausschüttungen von inländischen Tochtergesellschaften oder für Gewinne ausländischer Betriebsstätten.

Sachverhalt

Die in Deutschland ansässige Klägerin ist Organträgerin und Muttergesellschaft eines weltweit tätigen Konzerns. Die Klägerin hält sämtliche Anteile an einer in Deutschland ansässigen Tochtergesellschaft (Organgesellschaft), die wiederum hatte eine 100%-ige Beteiligung an einer australischen C-Ltd. Diese australische Gesellschaft war eine Holdinggesellschaft für Asien und Australien, die weitere Beteiligungen in dieser Region hielt und Dividendenerträge vereinnahmte. Die C-Ltd. schüttete an die inländische Organgesellschaft Dividenden aus, die sich aus einer Gewinnausschüttung einer philippinischen Tochtergesellschaft und einem aufgebauten Gewinnvortrag zusammensetzten.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde auf der Ebene der Klägerin die auf Ebene der Organgesellschaft gekürzten Dividenden nach § 8 Nr. 5 GewStG wieder hinzugerechnet, sofern die Voraussetzungen des § 9 Nr. 7 GewStG nicht vorlagen. Eine gewerbesteuerliche Kürzung nach dem Schachtelprivileg des anwendbaren DBA konnte aufgrund eines sog. Aktivitätsvorbehalts nicht in Anspruch genommen werden.

Entscheidung

Bei einer Beurteilung allein nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts sei der Auffassung des Finanzamtes zuzustimmen.

Allerdings zweifelt das FG Münster an der Vereinbarkeit von § 9 Nr. 7 GewStG mit der Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 63 AEUV, die auch im Verhältnis zu Drittstaaten anwendbar ist. Nach Auffassung des FG Münster schränkt § 9 Nr. 7 GewStG im Streitfall den freien Kapitalverkehr unter zwei Gesichtspunkten ein: § 9 Nr. 7 GewStG benachteilige Gewinne aus ausländischen Kapitalgesellschaften gegenüber Gewinnen aus inländischen Kapitalgesellschaften (vgl. § 9 Nr. 2a GewStG) sowie gegenüber Gewinnen aus ausländischen Betriebsstätten (vgl. § 9 Nr. 3 GewStG). Nur bei Beteiligungen an in Drittstaaten ansässigen Kapitalgesellschaften fordere § 9 Nr. 7 GewStG, dass die Dividenden letztlich aus aktiven Einkünften im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG stammen.

Die Stand-still-Klausel des Art. 64 Abs. 1 AEUV, die in Drittstaatenkonstellationen im Zusammenhang mit Direktinvestitionen einen Bestandsschutz für Regelungen gewährt, die am 31.12.1993 bereits bestanden hatten, sei nicht anwendbar.

Weiter könne § 9 Nr. 7 GewStG auch nicht durch das Ziel einer wirksamen Missbrauchsbekämpfung gerechtfertigt werden. So stelle § 9 Nr. 7 GewStG – im Gegensatz zur Hinzurechnungsbesteuerung gemäß §§ 7ff. AStG - nicht auf eine im Ausland erfolgende niedrige Besteuerung ab, sondern lehne die Kürzung der Ausschüttungen für gewerbesteuerliche Zwecke bereits bei fehlendem Nachweis aktiver Tätigkeiten im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG ab. Darüber hinaus sei die Missbrauchsvermutung unwiderlegbar. Folglich sei § 9 Nr. 7 GewStG zu wenig zielgenau gefasst.

Betroffene Normen

§ 9 Nr. 7 GewStG, Art. 63 Abs. 1 AEUV, Art. 63ff AEUV, § 9 Nr. 2a, § 9 Nr. 3 GewStG
Streitjahr 2009

Anmerkung

Das FG Münster bestätigt mit seinem o.g. Beschluss die in der Literatur bereits vielfach geäußerten Zweifel an der Vereinbarkeit des § 9 Nr. 7 GewStG mit EU-Recht. Klarstellend ist hervorzuheben, dass die Problematik nur Ausschüttungen von Drittstaaten-Gesellschaften (unabhängig vom Vorliegen einer ertragsteuerlichen Organschaft) betrifft. Für EU-Tochtergesellschaften bestehen keine einengenden Tätigkeitsvorschriften (vgl. § 9 Nr. 7 S. 1 2. HS GewStG).

Es bleibt auf zwei Gesetzesänderungen hinzuweisen, die im o.g. Beschluss zitierte Rechtsauffassungen des BFH bereits wieder aufheben:

  • Gewerbesteuerbelastung des Hinzurechnungsbetrags sowie von Gewinnen bestimmter ausländischer Betriebsstätten gemäß § 7 S. 7ff. GewStG i.V.m. § 9 Nr. 3 S. 1 GewStG (entgegen: BFH v. 11.03.2015, I R 10/14)
  • Einführung des § 7a GewStG (Sonderregelung bei der Ermittlung des Gewerbeertrags einer Organgesellschaft) (entgegen: BFH v. 17.12.2014, I R 39/14).

(vgl. Erstes BEPS-Umsetzungsgesetz, siehe Deloitte Tax-News).

Fundstellen

EuGH, Urteil vom 20.09.2018, C 685/16, siehe Deloitte Tax-News 
FG Münster, Beschluss vom 20.09.2016, 9 K 3911/13 F

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 11.03.2015, I R 10/14, BStBl. II 2015, S. 1049, siehe Deloitte Tax-News 
BFH, Urteil vom 17.12.2014, I R 39/14, BStBl. II 2015, S. 1052, 
siehe Deloitte Tax-News 

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