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23.02.2010
Internationales Steuerrecht

EuGH: Gewinnkorrekturen bei Vorteilsgewährung an verbundene Unternehmen im EU-Ausland

Sachverhalt

Dem Urteil des EuGH lag der Fall einer belgischen Gesellschaft, SGI, zu Grunde, die mit 65% an einer französischen Gesellschaft beteiligt war, der sie im Streitjahr ein zinsloses Darlehen gewährt hatte. Das zuständige belgische Finanzamt rechnete unter Anwendung des Art. 26 des belgischen Steuergesetzes (Code des Impôts sur les Revenues - CIR) dem Gewinn der SGI fiktive Zinsen in Höhe von 5% der Darlehensvaluta hinzu. Eine weitere Gewinnkorrektur betraf das Verhältnis der SGI zu ihrer Gesellschafterin, der luxemburgischen Cobelpin SA, die mit 34% am Kapital der SGI beteiligt war. SGI zahlt an Cobelpin Vergütungen für die Übernahme der Verwaltungsratstätigkeit. Die belgische Finanzverwaltung hielt die Voraussetzungen des Art. 49 CIR 1992 für nicht erfüllt und lehnte den Abzug dieser Vergütungen als Werbungskosten für die Veranlagungsjahre 2001 und 2002 ab. Die gezahlten Beträge seien offensichtlich unangemessen und stünden völlig außer Verhältnis zum wirtschaftlichen Nutzen der Leistungen. Nach erfolglosem Einspruch gegen diese Gewinnkorrekturen klagt SGI vor dem erstinstanzlichen Gericht in Belgien, welches dem EuGH die Frage der Vereinbarkeit des Art. 26 CIR mit den Vorgaben der Kapitalverkehrsfreiheit und der Niederlassungsfreiheit vorlegte.

Entscheidung

Der EuGH hat entschieden, dass Art. 43 EG in Verbindung mit Art. 48 EG dahingehend auszulegen ist, dass die in Frage stehenden belgischen Rechtsvorschriften, wonach ein außergewöhnlicher oder unentgeltlicher Vorteil bei der gebietsansässigen Gesellschaft besteuert wird, wenn er einer in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen und mit der erstgenannten Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar verflochtenen Gesellschaft gewährt worden ist, während eine gebietsansässige Gesellschaft nicht bezüglich eines solchen Vorteils besteuert werden kann, wenn dieser einer anderen gebietsansässigen Gesellschaft gewährt worden ist, mit der sie in dieser Weise verflochten ist, nicht grundsätzlich entgegensteht. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, sich davon zu überzeugen, dass die im Ausgangsverfahren streitige Regelung nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung der mit ihr verfolgten Ziele in ihrer Gesamtheit erforderlich ist. 

Der EuGH sah nach Anwendung einer zweistufigen Prüfung ausschließlich die Niederlassungsfreiheit betroffen. Auf der ersten Stufe war zu prüfen, ob die in Frage stehenden nationalen Normen eine Beteiligungshöhe voraussetzen, die einen sicheren Einfluss auf die Entscheidung der Tochtergesellschaft ermöglicht – in diesem Fall wäre ausschließlich die Niederlassungsfreiheit betroffen, oder ob die Regelung unabhängig von einer Beteiligungshöhe auch Situationen erfasst, die unter die Kapitalverkehrsfreiheit fallen. Die im vorliegenden Sachverhalt strittige Regelung des Art. 26 CIR knüpfte nicht an eine Mindestbeteiligung zwischen den verbundenen Unternehmen an. Daher war auf der zweiten Stufe zu prüfen wie sich die Beteiligungsverhältnisse im konkreten Sachverhalt darstellten. Der EuGH sah auf Grund der Beteiligungshöhen von 34% bzw. 65% den sicheren Einfluss der jeweiligen Gesellschafterin auf die Entscheidungen der anderen Gesellschaft als gegeben an und beschränkte daher seine Prüfung auf das Merkmal Niederlassungsfreiheit. 

Da Art. 26 CIR nur dann eine Gewinnkorrektur vorsieht, wenn die Vorteilsgewährung gegenüber einem verbundenen Unternehmen im Ausland erfolgt, bejahte der EuGH eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit. 

Im Rahmen der Rechtfertigungsprüfung urteilte der EuGH unter den Gesichtspunkten der Notwendigkeit der Wahrung einer ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten und der Notwendigkeit der Verhinderung der Steuerumgehung, dass die Regelung des Art. 26 CIR zwingenden Gründen des Allgemeininteresses entspricht und zur Erreichung des Ziels geeignet ist. 

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit knüpft der EuGH an folgende zwei Bedingungen an:

  1. Dem Steuerpflichtigen muss bei einem Verstoß gegen den Fremdvergleichsgrundsatz die Möglichkeit eingeräumt werden Beweise für etwaige wirtschaftliche Gründe für den Abschluss des Geschäftes beizubringen.
  2. Die steuerliche Berichtigung muss sich auf den Teil beschränken, der über das hinausgeht, was unter Anwendung von Fremdvergleichsgrundsätzen vereinbart worden wäre.

Fundstelle

EuGH, Urteil v. 21.01.2010, Az. C-311-08, IStR 2010, S. 144.

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