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URL: http://www.deloitte-tax-news.de/steuern/private-einkommensteuer/bfh-keine-option-zur-regelbesteuerung-bei-nicht-zu-erwartenden-kapitalertraegen.html
12.02.2015
Private Einkommensteuer

BFH: Keine Option zur Regelbesteuerung bei nicht zu erwartenden Kapitalerträgen

Schuldzinsen, die für die Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung anfallen, können (ab VZ 2009) nach Veräußerung, Auflösung oder Liquidation der Beteiligung nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden. Eine Option zur Regelbesteuerung ist dann nicht zulässig, wenn keine Kapitalerträge mehr zu erzielen bzw. zu erwarten sind.

Sachverhalt

Der Kläger war seit 2002 mit einer Stammeinlage von 37,5% an einer GmbH beteiligt. Im Rahmen der Insolvenz der GmbH wurde der Kläger aus einer für die GmbH geleisteten Bürgschaft in Anspruch genommen, deren Kosten das Finanzamt bei der Ermittlung des Aufgabeverlustes gem. § 17 EStG im VZ 2007 berücksichtigte.

Die Zahlung auf die Bürgschaft finanzierte der Kläger durch ein Darlehen, für das in den Streitjahren 2009 und 2010 Zinsen gezahlt wurden. Diese Zahlungen machte der Kläger unter Hinweis auf die Option zur Regelbesteuerung (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG) als (nachträgliche) Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von 60% (§ 3 Nr. 40 S. 1 i.V.m. § 3c Abs. 2 S. 1 EStG) geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die Schuldzinsen bei der Veranlagung nicht. Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg.

Entscheidung

Das FG habe zu Unrecht entschieden, dass ein Werbungskostenabzug wg. Option zur Regelbesteuerung möglich sei.

Nach Änderung seiner Rechtsprechung habe der BFH zwar zum Abzug von Schuldzinsen im Zusammenhang mit der Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen Kapitalanlage (einschließlich §17 EStG-Beteiligungen) bestimmt, dass Schuldzinsen, die auf Zeiträume nach der Veräußerung der Beteiligung oder Auflösung der Gesellschaft entfallen, als nachträgliche Werbungskosten geltend gemacht werden könnten (BFH-Urteil vom 16.03.2010), und dies auch entsprechend für Finanzierungskosten im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme eines Gesellschafters aus einer eigenkapitalersetzenden Gesellschafterbürgschaft gelte (BFH-Urteil vom 20.08.2013).

Ab dem Veranlagungszeitraum 2009 gelte dies jedoch nicht mehr. Denn mit der Einführung einer Abgeltungsteuer für private Kapitalerträge habe der Gesetzgeber ein umfassendes Abzugsverbot für Werbungskosten angeordnet (§ 20 Abs. 9 EStG).

Hinzukomme, dass entgegen der Auffassung des FG, eine Option zur Regelbesteuerung nicht in Betracht käme. Gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG gilt der gesonderte Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen von 25 % auf Antrag für Kapitalerträge aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft nicht, wenn der Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt und beruflich für diese tätig ist. Gemäß S. 2 der Vorschrift findet dann § 20 Abs. 9 EStG keine Anwendung. Für sog. unternehmerische Beteiligungen eröffnet der Gesetzgeber Steuerpflichtigen damit die Möglichkeit, zwischen dem gesonderten Steuertarif mit pauschalem Werbungskostenabzug (Steuer 25 %, abzugsfähig nur der Sparer-Pauschbetrag) und der Anwendung des Teileinkünfteverfahrens (progressiver Tarif verbunden mit der Möglichkeit, Finanzierungsaufwendungen in voller Höhe auch oberhalb des Sparer-Pauschbetrags geltend zu machen) zu wählen.

Im Streitfall stehe der Ausübung der Option zur Regelbesteuerung jedoch der Umstand entgegen, dass der Kläger im Jahr der Option keine Erträge mehr aus der Beteiligung erzielte oder erwartete. Denn der Wortlaut der Vorschrift spreche von "Kapitalerträge(n) (…) aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft (...)". Es fehle damit an den für die Anwendung der Vorschrift erforderlichen Kapitalerträgen. Diese seien im Streitfall auszuschließen gewesen, weil die Auskehrung von weiterem Vermögen mit Sicherheit nicht mehr erfolgen würde.

Gleichwohl war der BFH im Streitfall der weiteren Auseinandersetzung mit dem Umstand enthoben, dass nach Auffassung der Finanzverwaltung grundsätzlich bereits das abstrakte Vorliegen von Kapitalerträgen für die Ausübung der Option ausreichend sei (BMF-Schreiben vom 09.10.2012). Denn jedenfalls in Fällen wie dem Streitfall, in dem die Beteiligten übereinstimmend davon ausgingen, dass Kapitalerträge aus der Beteiligung weder jetzt noch künftig fließen, sei die Option zur Regelbesteuerung ausgeschlossen mit der Folge des Werbungskostenabzugsverbots.

Betroffene Normen

§ 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 1 EStG, § 20 Abs. 9 EStG
Streitjahre 2009 und 2010

Vorinstanz
FG Düsseldorf, Urteil vom 04.10.2012, 12 K 993/12 E, EFG 2013, S. 122 siehe Deloitte Tax-News

Fundstelle
BFH, Urteil vom 21.10.2014, VIII R 48/12

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 16.03.2010, VIII R 20/08, BStBl II 2010, S. 787, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 20.08.2013, IX R 1/13, BFH/NV 2014, S. 210, siehe Deloitte Tax-News
BMF, Schreiben vom 09.10.2012, BStBl I 2012, S. 953, Rz 143

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