Zurück zur Übersicht
URL: http://www.deloitte-tax-news.de/steuern/private-einkommensteuer/bfh-nachtraegliche-anschaffungskosten-koennen-aufloesungsverlust-erhoehen.html
02.11.2010
Private Einkommensteuer

BFH: Nachträgliche Anschaffungskosten können Auflösungsverlust erhöhen

Sachverhalt

Der Kläger war im Streitjahr 2002 Kommanditist der B GmbH & Co. KG (KG) und daneben alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der B GmbH (GmbH). Nachdem die GmbH im Dezember 2001 Insolvenzantrag gestellt hatte, wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens im März 2002 mangels Masse abgelehnt. Der Kläger ermittelte den Auflösungsverlust i.S. von § 17 EStG aus seiner Beteiligung an der GmbH und machte dabei den Ausfall einer Forderung der KG an die GmbH geltend, seine Zahlung an die R-Bank zur Ablösung des Restdarlehens der GmbH nach der Löschung der GmbH, seine Aufwendungen zur Auflösung des laufenden Kontos der GmbH bei der R-Bank sowie einen Betrag, der auf dem Verlust seiner Darlehensforderungen gegenüber der GmbH beruht. Das FG gab der Klage insoweit statt, als es den Auflösungsverlust des Klägers um 12.500 EUR erhöhte. Die vom Kläger wegen der Tilgung der Restverbindlichkeiten der GmbH gegenüber der R-Bank geleisteten Zahlungen seien hingegen nicht in den Auflösungsverlust einzubeziehen, denn sie seien nicht durch sein Gesellschaftsverhältnis zur GmbH veranlasst.

Die Revision richtet sich gegen die Ermittlung des Auflösungsverlusts sowie dagegen, dass das FG die weiteren Aufwendungen nach § 3 Nr. 40c i.V.m. § 3c Abs. 2 EStG nur mit dem hälftigen Betrag ansetze. Der Kläger habe über den Zeitraum des Bestehens seiner Beteiligung nämlich keinerlei durch diese Beteiligung vermittelte Einkünfte erzielt.

Lt. Finanzamt sind die vom Kläger freiwillig gegenüber der Bank geleisteten Zahlungen durch außersteuerliche Gründe motiviert gewesen. Das Halbeinkünfteverfahren/ Teileinkünfteverfahren sei auch in den Fällen von § 17 Abs. 4 EStG anzuwenden. Ob in der Vergangenheit Gewinnausschüttungen vorgenommen worden seien, sei für die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens/Teileinkünfteverfahrens auf Verlustfälle irrelevant (BMF-Schreiben vom 15.02.2010).

Entscheidung

Die Revision ist begründet, sie führt zur Aufhebung des Urteils des FG und zur Zurückverweisung der Rechtssache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Zwar hat das FG zutreffend die vom Kläger freiwillig geleisteten Zahlungen nicht als nachträgliche Anschaffungskosten i.S. von § 17 Abs. 2 EStG anerkannt. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG kann aber nicht beurteilt werden, inwieweit der vom FG anerkannte Erwerbsaufwand nicht nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nur begrenzt abziehbar ist.

Dem Kläger sind jenseits der vom FG anerkannten Beträge keine nachträglichen Anschaffungskosten auf seine Beteiligung an der GmbH entstanden. Die Zahlungen des Klägers an die R-Bank sind nicht durch sein Gesellschaftsverhältnis zur GmbH veranlasst. Da die GmbH bereits vollbeendet war, haben keine Forderungen der R-Bank gegenüber der GmbH mehr bestanden, die der Kläger hätte ablösen und damit der GmbH Kapital hätte zuführen können. Allein die Rechtsgrundlosigkeit der Zahlungen genügt nicht, um nachträgliche Anschaffungskosten zu begründen.

Soweit sich der Kläger darauf beruft, die Zahlungen hätten seiner geschäftlichen Reputation gedient, seine persönliche Kreditwürdigkeit gewahrt bzw. eine Behinderung weiterer geschäftlicher Unternehmungen vermieden, fehlt schon die sachliche Verknüpfung mit der konkret betroffenen Beteiligung. § 17 EStG ordnet bestimmte Vermögensumschichtungen im Privatvermögen dem gewerblichen Bereich zu, dies jedoch nur für die gesetzlich beschriebenen Tatbestände. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt dabei ist die einzelne qualifizierte Beteiligung. Dementsprechend können auch nur Aufwendungen, die sich auf eine konkrete Beteiligung beziehen, berücksichtigt werden. Die für die Einordnung der Zahlungen als nachträgliche Anschaffungskosten danach unerlässliche Veranlassung durch das - konkrete - Gesellschaftsverhältnis liegt im Streitfall nicht vor.

Inwieweit der vom FG anerkannte Erwerbsaufwand dem Halbabzugsgebot des § 3c Abs. 2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung unterfällt, kann auf der Grundlage der finanzgerichtlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden. Erwerbsaufwand im Zusammenhang mit Einkünften aus § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG, insbesondere auch nachträgliche Anschaffungskosten, sind nicht nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nur begrenzt abziehbar, wenn dem Steuerpflichtigen keinerlei durch seine Beteiligung vermittelten Einnahmen zugehen. Der BFH hat in seinem Urteil vom 25. Juni 2009 IX R 42/08  erkannt, dass der Abzug von Erwerbsaufwand (z.B. Betriebsvermögensminderungen, Anschaffungskosten oder Veräußerungskosten) im Zusammenhang mit Einkünften aus § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG jedenfalls dann nicht nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG begrenzt ist, wenn der Steuerpflichtige keinerlei durch seine Beteiligung vermittelte Einnahmen hat (Bestätigung durch Urteil vom 14. Juli 2009 IX R 8/09; BFH-Beschluss vom 18. März 2010 IX B 227/09).

Inwieweit dem Kläger durch die Beteiligung an der GmbH vermittelte Einnahmen entstanden sind, hat das FG nicht abschließend festgestellt.

Betroffene Norm

§ 3c Abs. EStG, § 3 Nr. 40c EStG, § 17 EStG
Streitjahr 2002

Vorinstanz

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 14.05.2009, 11 K 431/06, EFG 2009, S. 1739

Fundstelle

BFH, Urteil vom 09.06.2010, IX R 52/09, BStBl II 2010, S. 1102

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 25.06.2009, IX R 42/08, BStBl II 2010, S. 220; siehe Zusammenfassung in den Deloitte Tax-News
BFH-Urteil vom 14.07.2009, IX R 8/09, BFH/NV 2010, S. 399; 
BFH-Beschluss vom 18.03.2010 IX B 227/09, BFH/NV 2010, S.1022; siehe Zusammenfassung in den Deloitte Tax-News
BMF-Schreiben vom 15.02.2010, IV C 6 - S 2244/09/10002/2009/0722841, BStBl I 2010, S. 181 (Nichtanwendungserlass)
BMF-Schreiben vom 28.06.2010 (Aufhebung des Nichtanwendungserlasses), IV C 6-S 2244/09/10002/2010/0464101, BB 2010, S. 1694; siehe Zusammenfassung in den Deloitte Tax-News

www.deloitte-tax-news.de Diese Mandanteninformation enthält ausschließlich allgemeine Informationen, die nicht geeignet sind, den besonderen Umständen eines Einzelfalles gerecht zu werden. Sie hat nicht den Sinn, Grundlage für wirtschaftliche oder sonstige Entscheidungen jedweder Art zu sein. Sie stellt keine Beratung, Auskunft oder ein rechtsverbindliches Angebot dar und ist auch nicht geeignet, eine persönliche Beratung zu ersetzen. Sollte jemand Entscheidungen jedweder Art auf Inhalte dieser Mandanteninformation oder Teile davon stützen, handelt dieser ausschließlich auf eigenes Risiko. Deloitte GmbH übernimmt keinerlei Garantie oder Gewährleistung noch haftet sie in irgendeiner anderen Weise für den Inhalt dieser Mandanteninformation. Aus diesem Grunde empfehlen wir stets, eine persönliche Beratung einzuholen.

This client information exclusively contains general information not suitable for addressing the particular circumstances of any individual case. Its purpose is not to be used as a basis for commercial decisions or decisions of any other kind. This client information does neither constitute any advice nor any legally binding information or offer and shall not be deemed suitable for substituting personal advice under any circumstances. Should you base decisions of any kind on the contents of this client information or extracts therefrom, you act solely at your own risk. Deloitte GmbH will not assume any guarantee nor warranty and will not be liable in any other form for the content of this client information. Therefore, we always recommend to obtain personal advice.