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URL: http://www.deloitte-tax-news.de/steuern/private-einkommensteuer/fg-koeln-arbeitszimmer-auch-bei-privater-mitbenutzung-steuerlich-absetzbar.html
15.07.2011
Private Einkommensteuer

FG Köln: Arbeitszimmer auch bei privater Mitbenutzung steuerlich absetzbar

Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer können auch dann in Höhe des beruflichen bzw. betrieblichen Nutzungsanteils steuerlich abgezogen werden, wenn der private Nutzungsanteil erheblich ist. Die Rechtsprechung des Großen Senats zur Aufteilung von gemischt veranlassten Reisekosten ist auch auf den Bereich Arbeitszimmer anzuwenden.

Sachverhalt

Der Kläger betrieb im Streitjahr einen (außerhäusigen) Gewerbebetrieb. Im Jahr 2006 (Streitjahr) mietete der Kläger ein Einfamilienhaus an. In seiner Einkommensteuererklärung machte er 50 % der Kosten für einen jeweils hälftig als Wohnzimmer und zur Erledigung von Büroarbeiten genutzten Raum als Betriebsausgaben geltend. Aufgrund der neueren Rechtsprechung des BFH sei bei der gemischten Nutzung ein Aufteilungsmaßstab im Zweifel zu schätzen.

Entscheidung

Der Klage wird stattgegeben, allerdings wird die steuerliche Anerkennung als Betriebsausgaben auf 1.250 Euro beschränkt, da das Wohn-/Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen Tätigkeit darstellte.

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung sind abzugsfähig, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 Euro begrenzt. Die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung).

Der "Mittelpunkt" bestimmt sich nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen. Wo er liegt, kann nur im Wege einer umfassenden Wertung der Gesamttätigkeit festgestellt werden (vgl. BFH-Urteile vom 17.06.2004, 13.11.2002, 23.01.2003, 09.04.2003). Der streitgegenständliche Raum stellt nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen Tätigkeit des Klägers dar. Die Außentätigkeit gibt der gewerblichen Tätigkeit des Klägers das Gepräge und dort liegt unter qualitativen Gesichtspunkten der Schwerpunkt seiner Tätigkeit. Im streitgegenständlichen Raum erledigt der Kläger im Wesentlichen Verwaltungsarbeiten, so dass der Raum insoweit dem Typus eines häuslichen Büros entspricht.

Der Große Senat des BFH hat in Bezug auf Reisekosten seine Rechtsprechung zum Aufteilungs- und Abzugsverbot aufgegeben (BFH-Beschluss vom 21.09.2009). Der Senat geht - im Gegensatz zum FG Baden-Württemberg (Urteil vom 02.02.2011) - davon aus, dass daraus folgt, dass im Bereich der Arbeitszimmer auch dann eine Aufteilung in einen betrieblichen und einen privaten Anteil vorzunehmen ist, wenn die Privatnutzung nicht völlig untergeordnet ist. In Bezug auf Sprachreisen im Ausland hatte der BFH keine Bedenken, von einer hälftigen Aufteilung sämtlicher mit der Reise verbundenen Kosten auszugehen, wenn kein anderer Maßstab zu erkennen war (BFH-Urteil vom 24.02.2011). Der Senat hält deshalb eine hälftige Aufteilung der Kosten für zulässig.

Die Revision war zuzulassen, im Hinblick auf die Frage, ob die Kosten für ein Arbeitszimmer, welches hälftig privat genutzt wird, zu 50 % als betrieblich veranlasst anerkannt werden können. Der entscheidende Senat weicht insoweit von der Rechtsprechung des FG Baden-Württemberg ab. Insbesondere besteht vor diesem Hintergrund die Möglichkeit, das Verhältnis zwischen der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 21.09.2009 und der Entscheidung des BFH vom 24.02.2011 im Hinblick auf den Aufteilungsmaßstab zu klären.

Anmerkung

Das Verfahren ruht bis zur Entscheidung des GrS des BFH in dem Verfahren GrS 1/14. Mittlerweile hat der GrS mit Beschluss vom 27.07.2015 (siehe Deloitte Tax-News) entschieden, dass der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers voraussetzt, dass der betreffende, büromäßig eingerichtete Raum, ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche oder berufliche Zwecke genutzt wird und somit ein durch Aufteilung und anteilige Berücksichtigung ermittelter Abzug von Aufwendungen für einen gemischt genutzten Raum ausscheidet. Es ist daher zu erwarten, dass der BFH in diesem Verfahren in Kürze unter Berücksichtigung der durch den GrS aufgestellten Grundsätze entscheiden wird.

Betroffene Norm

§ 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG
Streitjahr 2006

Fundstelle

Finanzgericht Köln, Urteil vom 19.05.2011, 10 K 4126/09; BFH-anhängig: X R 32/11

Weitere Fundstellen

Großer Senat des BFH, Beschluss vom 27.07.2015, GrS 1/14, siehe Deloitte Tax-News
BFH, PM vom 27.01.2016
BFH, Urteil vom 17.06.2004, IV R 33/02, BFH/NV 2005, S. 174
BFH, Urteil vom 13.11.2002, VI R 82/01, BStBl II 2004, S. 62
BFH, Urteil vom 13.11.2002, VI R 104/01, BStBl II 2004, S. 65
BFH, Urteil vom 23.01.2003, IV R 71/00, BStBl II 2004, S. 43
BFH, Urteil vom 09.04.2003, X R 75/00, BFH/NV 2003, S. 917
BFH, Urteil vom 29.11.2006, VI R 3/04, BStBl II 2007, S. 308
BFH, Beschluss des Großen Senats vom 21.09.2009, GrS 1/06, BStBl II 2010, S. 672, siehe ausführlicher in den Deloitte Tax-News 
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 02.02.2011, 7 K 2005/08, rechtskräftig, EFG 2011, S. 1055
BFH, Urteil vom 24.02.2011, VI R 12/10, DB 2011, S. 1142, siehe ausführlicher in den Deloitte Tax-News

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