Zurück zur Übersicht
URL: http://www.deloitte-tax-news.de/steuern/private-einkommensteuer/fg-muenster-besteuerung-von-erstattungszinsen-verfassungsgemaess.html
21.01.2011
Private Einkommensteuer

FG Münster: Besteuerung von Erstattungszinsen verfassungsgemäß

Mit Urteil vom 12.11.2013, VIII R 1/11, nicht amtlich veröffentlicht (siehe zum inhaltsgleichen Urteil vom 12.11.2013, VIII R 36/10: Deloitte Tax-News), hat der BFH entschieden, dass Erstattungszinsen steuerbare Einnahmen aus Kapitalvermögen sind. Die gesetzliche Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 3 EStG, die dies nun festschreibe, verstoße – auch im Hinblick auf ihre rückwirkende Geltung – nicht gegen Verfassungsrecht. Zudem stellte der BFH klar, dass Erstattungszinsen keine außergewöhnlichen Einnahmen seien. Gegen das Urteil wurde inzwischen Verfassungsbeschwerde eingelegt.
BFH, Urteil vom 12.11.2013, VIII R 1/11, nicht amtlich veröffentlicht, BVerfG-anhängig: 2 BvR 482/14
--------------------------------------------------------------------------
FG Münster
Die durch das JStG 2010 rückwirkend angeordnete Besteuerung von Erstattungszinsen ist zulässig, da der Gesetzgeber lediglich eine Gesetzeslage geschaffen hat, die vor einer Rechtsprechungsänderung einer gefestigten Rechtsprechung und Rechtspraxis entsprach. Der Gesetzgeber ist nicht aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes verpflichtet, parallele Regelungen für Erstattungszinsen und Nachzahlungszinsen zu schaffen.

Sachverhalt

Die Kläger haben im Streitjahr 2001 aufgrund von Einkommensteuererstattungen Erstattungszinsen (§ 233a AO) erhalten und mussten gleichzeitig wegen Steuernachzahlungen für andere Jahre Nachzahlungszinsen zahlen. Die Kläger waren der Meinung, dass die Erstattungszinsen steuerfrei seien, da nach dem BFH-Urteil vom 15.06.2010 Erstattungszinsen keine Einkünfte aus Kapitalvermögen darstellen und die durch das JStG 2010 rückwirkend angeordnete Besteuerung von Erstattungszinsen gegen das Rückwirkungsverbot verstoße. Hilfsweise beantragten die Kläger, die Nachzahlungszinsen als Sonderausgaben zu berücksichtigen.

Entscheidung

Das Finanzamt hat die Erstattungszinsen zutreffend als Einkünfte aus Kapitalvermögen behandelt (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG idF des JStG 2010). Die Gesetzesänderung ist in allen Fällen anzuwenden, in denen die Steuer noch nicht rechtskräftig festgesetzt ist (§ 52a Abs. 8 Satz 2 EStG idF des JStG 2010). Die gesetzlichen Neuregelungen verstoßen nicht gegen das Verfassungsrecht, insbesondere liegt kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot vor.

Durch das JStG 2010 ist zwar eine echte Rückwirkung angeordnet worden, da die Gesetzesänderung auf alle noch offenen und damit auch - wie im Streitfall - auf bereits abgeschlossene Veranlagungszeiträume anwendbar ist. Diese Rückwirkung ist jedoch ausnahmsweise zulässig, da der Gesetzgeber lediglich eine Gesetzeslage geschaffen hat, die vor einer Rechtsprechungsänderung einer gefestigten Rechtsprechung und Rechtspraxis entsprach. Die im Streitfall einschlägige Gesetzesänderung beruht auf der Rechtsprechungsänderung des BFH mit Urteil vom 15.06.2010.

Der von den Klägern hilfsweise begehrte Sonderausgabenabzug im Hinblick auf die Nachzahlungszinsen ist ebenfalls nicht zu gewähren, da die in § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG a. F. geregelte Abzugsmöglichkeit mit Wirkung ab 1999 abgeschafft wurde. Die nunmehr eindeutig geregelte gesetzgeberische Entscheidung, Erstattungszinsen einerseits als Kapitaleinkünfte zu behandeln und Nachzahlungszinsen andererseits nicht zum Abzug zuzulassen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat folgt insoweit der Auffassung des Finanzgerichts Köln (Urteil vom 02.03.2007, Vorinstanz zu BFH-Urteil vom 15.06.2010), wonach der Gesetzgeber nicht aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes verpflichtet ist, parallele Regelungen zu schaffen; denn die Erfassung von Erträgen aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG und damit auch aus privaten Geldforderungen als steuerpflichtige Einnahmen entspricht der Befugnis des Gesetzgebers, die Besteuerungsgrundlagen breit anzulegen.

Betroffene Normen

§ 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG idF des JStG 2010, § 52a Abs. 8 Satz 2 EStG idF des JStG 2010, § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG a. F., § 233a AO
Streitjahr 2001

Fundstellen

BFH, Urteil vom 12.11.2013, VIII R 1/11, nicht amtlich veröffentlicht, BVerfG-anhängig: 2 BvR 482/14 
Finanzgericht Münster
, Urteil vom 16.12.2010, 5 K 3626/03 E

Weitere Fundstellen

BFH-Urteil vom 15.06.2010, VIII R 33/07, siehe Zusammenfassung in Deloitte Tax-News 
Finanzgericht Köln, Urteil vom 02.03.2007, 14 K 2373/04, EFG 2008, S. 617 (Vorinstanz zu BFH-Urteil vom 15.06.2010)

www.deloitte-tax-news.de Diese Mandanteninformation enthält ausschließlich allgemeine Informationen, die nicht geeignet sind, den besonderen Umständen eines Einzelfalles gerecht zu werden. Sie hat nicht den Sinn, Grundlage für wirtschaftliche oder sonstige Entscheidungen jedweder Art zu sein. Sie stellt keine Beratung, Auskunft oder ein rechtsverbindliches Angebot dar und ist auch nicht geeignet, eine persönliche Beratung zu ersetzen. Sollte jemand Entscheidungen jedweder Art auf Inhalte dieser Mandanteninformation oder Teile davon stützen, handelt dieser ausschließlich auf eigenes Risiko. Deloitte GmbH übernimmt keinerlei Garantie oder Gewährleistung noch haftet sie in irgendeiner anderen Weise für den Inhalt dieser Mandanteninformation. Aus diesem Grunde empfehlen wir stets, eine persönliche Beratung einzuholen.

This client information exclusively contains general information not suitable for addressing the particular circumstances of any individual case. Its purpose is not to be used as a basis for commercial decisions or decisions of any other kind. This client information does neither constitute any advice nor any legally binding information or offer and shall not be deemed suitable for substituting personal advice under any circumstances. Should you base decisions of any kind on the contents of this client information or extracts therefrom, you act solely at your own risk. Deloitte GmbH will not assume any guarantee nor warranty and will not be liable in any other form for the content of this client information. Therefore, we always recommend to obtain personal advice.