Mit Urteil vom 10.05.2016 hat der BFH die Auffassung des FG Münster hinsichtlich der Änderungsmöglichkeiten eines Bescheids über die gesonderte Feststellung eines verbleibenden Großspendenvortrags bestätigt.
BFH, Urteil vom 10.05.2016, X R 34/13
FG Münster:
Ein bestandskräftiger Bescheid kann nicht aufgrund einer Spendenbescheinigung geändert werden, die nach Erlass des Bescheides ausgestellt worden ist.
In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2004 erklärte die Klägerin Zuwendungen an Stiftungen und Zuwendungen für gemeinnützige Zwecke. Die Erklärung gab die Klägerin im Januar 2006 ab. Das zuständige Finanzamt führte die Einkommensteuerveranlagung durch und erließ zudem einen Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Großspendenvortrags für die Einkommensteuer.
Im September 2008 beantragte die Klägerin die Änderung des Feststellungsbescheides für 2004 und legte hierzu im August 2008 ausgestellte Spendenbescheinigungen vor, aus denen sich zusätzliche Spenden im Kalenderjahr 2004 ergaben. Das Finanzamt lehnte den Änderungsantrag mit der Begründung ab, dass keine Änderungsvorschrift einschlägig sei.
Der 13. Senat des FG Münster stellte in seinem Urteil fest, dass eine Änderung des Bescheides nicht aufgrund einer nachträglich bekannt gewordenen Tatsache nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO möglich sei. Zwar stelle die Spendenzahlung in 2004 eine nachträglich bekannt gewordene Tatsache dar. Hierauf sei aber nicht abzustellen, da die Spenden nicht allein aufgrund der Zahlung nach § 10b EStG i.V.m. § 50 EStDV als Sonderausgaben anzuerkennen sind. Ein Sonderausgabenabzug ist vielmehr nur bei Vorlage einer dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck entsprechenden Zuwendungsbestätigung möglich. Die später in 2008 eingereichte Bescheinigung für Spenden im Kalenderjahr 2004 stelle keine solche nachträglich bekanntgewordene Tatsache dar, da sie bei Erlass des Bescheides noch nicht vorhanden gewesen ist, sondern vielmehr auf August 2008 datiert.
Nach Auffassung des FG Münster ist die in 2008 ausgestellte Spendenbescheinigung vielmehr als rückwirkendes Ereignis anzusehen. Ein solches Ereignis kann nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO grundsätzlich zu einer Bescheidänderung führen. Im vorliegenden Fall stand der Änderung aber die Regelung des § 175 Abs. 2 Satz 2 AO entgegen. Diese Vorschrift schließt eine Änderung bei nachträglicher Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung ausdrücklich aus.
Dem steht nach Ansicht des Gerichts auch nicht das europarechtliche Effektivitätsgebot entgegen. Dieses Ergebnis leitet das FG Münster aus dem Umstand her, dass der Klägerin bei Abgabe der Steuererklärung in 2006 bereits bekannt war, dass die nachträgliche Erteilung und Einreichung von Bescheinigungen im Fall der Bestandskraft eines Steuerbescheids Einschränkungen unterliegt. Insofern sei der Klägerin auch nicht rückwirkend die Möglichkeit der Vorlage von Bescheinigungen genommen worden. Vor diesem Hintergrund erachtet das Gericht die von der Klägerin herangezogene Entscheidung des EuGH vom 30.06.2011 in der Rechtsache Meilicke II (Az. C 262/09, ABl. EU 2011, Nr. C 252, 2) als in dem zu entscheidenden Fall nicht einschlägig. Des Weiteren liege hier ein ausschließlich inländischer Sachverhalt vor, so dass der Anwendungsbereich des Europarechts und damit des europarechtlichen Effektivitätsgebots überhaupt nicht eröffnet sei.
Gleichwohl erkannte das FG Münster, dass die Auswirkungen des o.g. EuGH-Urteils auf die Anwendung des § 175 Abs. 2 Satz 2 AO noch nicht durch den BFH geklärt worden sind. Das Gericht ließ daher die Revision gem. § 115 Abs. 2 FGO zu.
Betroffene Normen
§§ 173 Abs. 1 Nr. 2, 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 2 AO, 10b EStG, 50 EStDV
Anmerkungen
Nachdem der BFH die Auffassung des FG Münster mit Urteil vom 10.05.2016 bestätigt hat, gilt es auch in Zukunft auf eine zügige Ausstellung von Spendenbescheinigungen nach Ende eines Kalenderjahres zu achten, um die Möglichkeit des Spendenabzugs auf Seiten der Spender und damit auch deren Spendenbereitschaft aufrechtzuerhalten.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 10.05.2016, X R 34/13
Finanzgericht Münster, Urteil vom 18.07.2013, Az. 13 K 4515/10 F
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