Zurück zur Übersicht
URL: http://www.deloitte-tax-news.de/steuern/unternehmensteuer/bfh-abziehbarkeit-von-eu-geldbussen.html
20.02.2014
Unternehmensteuer

BFH: Abziehbarkeit von EU-Geldbußen

Ein von der EU-Kommission ermittelter „Grundbetrag“ zur Bemessung von Geldbußen enthält keinen „Abschöpfungsteil“ für die aus dem Gesetzesverstoß erlangten wirtschaftlichen Vorteile. Eine Geldbuße, bemessen nach dem Grundbetrag und ggf. gekürzt auf den zulässigen Höchstbetrag, ist – auch nicht teilweise – als Betriebsausgabe abzugsfähig.

Sachverhalt

Gegen die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, wurde im Streitjahr 2006 eine Geldbuße wegen ihrer Beteiligung an einem Kartell verhängt. Die Höhe der Geldbuße ergab sich aus Schwere und Dauer des Verstoßes, wurde aber noch verringert, da sie sonst mehr als 10% des Jahresumsatzes der GmbH & Co. KG betragen hätte. Die Klägerin klagte sowohl vor dem Gericht der Europäischen Union als auch vor dem Gerichtshof der Europäischen Union erfolglos gegen die Geldbuße. Für die Prozesskosten sowie den ihrer Meinung nach gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 S. 4 EStG steuerlich abziehbaren Teil der Geldbuße bildete sie eine gewinnmindernde Rückstellung.

Das Finanzamt erkannte die Rückstellung nicht an. Nach dem Einspruch der Klägerin erkundigte sich das Finanzamt bei der „Generalkommission Wettbewerb“ der EU Kommission nach der Zusammensetzung der Geldbuße. Diese erläuterte, dass eine solche Geldbuße – laut den „Leitlinien der Kommission für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen“ – grundsätzlich zwar der Spezialprävention und der Generalprävention diene, aber keinen „Abschöpfungsteil“ hinsichtlich des wirtschaftlichen Vorteils, der sich aus dem Verstoß ergebe habe, enthalte.

Das Finanzamt gab dem Einspruch hinsichtlich der zurückstellten Prozesskosten zwar statt, lehnte ihn hinsichtlich der Geldbuße jedoch ab. Die folgende Klage war erfolglos.

Entscheidung

Das FG habe zu Recht entschieden, dass die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung für den nach Ansicht der Klägerin abzugsfähigen Teil der Geldbuße gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 S. 4 EStG nicht vorlagen.

Zwar sind gem. § 249 Abs. 1 S. 1 HGB Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden und solche Rückstellungen wegen des Maßgeblichkeitsgrundsatzes (§ 5 Abs. 1 EStG) grundsätzlich auch in der Steuerbilanz zu berücksichtigen. Dies gilt auch bei Rückstellungen aufgrund öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen (BFH-Urteil vom 17.10.2013). Die Bildung einer Rückstellung scheide jedoch aus, wenn eine entsprechende Betriebsausgabe gem. § 4 Abs. 5 EStG nicht abzugsfähig sei. Eine von einem Organ der EU verhängte Geldbuße kann den Gewinn gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 S. 1 EStG grundsätzlich nicht mindern. Lediglich der Teil der Geldbuße, der eine „Gewinnabschöpfung“ (Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde) darstellt, kann als Betriebsausgabe abgezogen werden (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 S. 4 EStG). Somit könne auch nur für diesen Teil eine Rückstellung gebildet werden.

Im Streitfall enthalte die Geldbuße jedoch keinen „Abschöpfungsteil“.

Zwar stehe die Tatsache, dass die Geldbuße in erster Linie der Generalprävention und der Spezialprävention diene, der Annahme eines Abschöpfungsteils grundsätzlich nicht entgegen. Allerdings scheide die Annahme eines in der Geldbuße enthaltenen Abschöpfungsteils vorliegend aus. Die Höhe der Geldbuße sei nach Maßgabe eines Grundbetrages ermittelt worden, der anschließend auf einen Höchstbetrag gekürzt wurde. Die Höhe des Grundbetrages richte sich ausschließlich nach Schwere und Dauer des Verstoßes gegen EU-Recht. Erwägungen zur Gewinnabschöpfung kämen erst bei einer Erhöhung des Grundbetrages zur Geltung.

Allerdings habe die Kommission nicht nur keine sog. "erschwerenden Umstände", die zu einer Erhöhung des Grundbetrags führen könnten, berücksichtigt. Sie habe sogar – im Gegenteil – den Grundbetrag im Hinblick auf die zulässige Höchstgrenze (10% des Gesamtumsatzes) vermindert und nur in Höhe des zulässigen Höchstbetrages angesetzt. Folglich werde – neben dem Grundbetrag – auch der Höchstbetrag nicht anhand der durch den Wettbewerbsverstoß erlangten wirtschaftlichen Vorteile ermittelt.

Demnach könne die Rückstellung für steuerliche Zwecke nicht anerkannt werden. Da die Geldbuße nicht – auch nicht teilweise – der Abschöpfung des durch den Gesetzesverstoß erlangten wirtschaftlichen Vorteils diente, komme die Ausnahme gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 S. 4 EStG nicht in Betracht und es bleibe beim Abzugsverbot von Geldbußen gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 S. 1 EStG.

Betroffene Norm

§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 S. 4 EStG
Streitjahr 2006

Vorinstanz

Finanzgericht Münster, Urteil vom 18.11.2011, 14 K 1535/09 F

Fundstelle

BFH, Urteil vom 07.11.2013, IV R 4/12

Weitere Fundstelle

BFH, Urteil vom 17.10.2013, IV R 7/11, siehe Deloitte Tax-News

www.deloitte-tax-news.de Diese Mandanteninformation enthält ausschließlich allgemeine Informationen, die nicht geeignet sind, den besonderen Umständen eines Einzelfalles gerecht zu werden. Sie hat nicht den Sinn, Grundlage für wirtschaftliche oder sonstige Entscheidungen jedweder Art zu sein. Sie stellt keine Beratung, Auskunft oder ein rechtsverbindliches Angebot dar und ist auch nicht geeignet, eine persönliche Beratung zu ersetzen. Sollte jemand Entscheidungen jedweder Art auf Inhalte dieser Mandanteninformation oder Teile davon stützen, handelt dieser ausschließlich auf eigenes Risiko. Deloitte GmbH übernimmt keinerlei Garantie oder Gewährleistung noch haftet sie in irgendeiner anderen Weise für den Inhalt dieser Mandanteninformation. Aus diesem Grunde empfehlen wir stets, eine persönliche Beratung einzuholen.

This client information exclusively contains general information not suitable for addressing the particular circumstances of any individual case. Its purpose is not to be used as a basis for commercial decisions or decisions of any other kind. This client information does neither constitute any advice nor any legally binding information or offer and shall not be deemed suitable for substituting personal advice under any circumstances. Should you base decisions of any kind on the contents of this client information or extracts therefrom, you act solely at your own risk. Deloitte GmbH will not assume any guarantee nor warranty and will not be liable in any other form for the content of this client information. Therefore, we always recommend to obtain personal advice.