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URL: http://www.deloitte-tax-news.de/steuern/unternehmensteuer/bfh-beteiligung-an-einer-kapitalgesellschaft-als-notwendiges-betriebsvermoegen.html
01.08.2019
Unternehmensteuer

BFH: Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als notwendiges Betriebsvermögen

Eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gehört u.a. dann zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn der Steuerpflichtige seine Beteiligung an der Kapitalgesellschaft zum Wohle seines Einzelgewerbebetriebs einsetzt. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn zwischen der Kapitalgesellschaft und dem Einzelgewerbetrieb eine intensive und nachhaltige Geschäftsbeziehung besteht, die sich für den Einzelgewerbetrieb als erheblich vorteilhaft erweist und dieser Vorteil seine Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat.

Sachverhalt

Der Kläger war Geschäftsführer einer GmbH, an welcher er zu 45 % beteiligt war. Im Jahr 2003 gründete er ein Einzelunternehmen, welches einen von der GmbH aufgebauten Online-Shop fortführte. Das hierfür erforderliche Personal überließ die GmbH an das Einzelunternehmen gegen Entgelt. Seine Waren bezog das Einzelunternehmen nahezu ausschließlich über die GmbH zunächst zum Selbstkostenpreis und anschließend mit einem Aufschlag von 5 %. Bis zur Fertigstellung eigener Betriebsräume und Lagerhallen wickelte das Einzelunternehmen zudem die gesamte Warenlogistik über die Räumlichkeiten der GmbH ab. Der Kläger ordnete die GmbH-Beteiligung seinem Privatvermögen zu. Finanzamt und FG waren der Auffassung, dass die Beteiligung zum notwendigen Betriebsvermögen des Einzelunternehmens gehöre.

Entscheidung

Der BFH kommt übereinstimmend mit dem FG zu dem Ergebnis, dass die GmbH-Beteiligung mit der Gründung des Einzelunternehmens dem dortigen notwendigen Betriebsvermögen zuzuordnen war.

Bisherige Rechtsprechungsgrundsätze für die Zuordnung von Kapitalgesellschaftsanteilen zum notwendigen Betriebsvermögen

Nach der Rechtsprechung des BFH gehört bei einem Einzelunternehmer eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn sie dazu bestimmt ist, die gewerbliche (branchengleiche) Betätigung des Steuerpflichtigen entscheidend zu fördern („Förderungsalternative“) oder wenn sie dazu dient, den Absatz von Produkten des Steuerpflichtigen zu gewährleisten („Produktabsatzalternative“; vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 12.06.2013, X R 2/10). Während der BFH mehrfach Sachverhalte zu entscheiden hatte, in denen über die Kapitalgesellschaft Produkte oder Dienstleistungen des Steuerpflichtigen vertrieben wurden (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 05.05.2015, X R 48/13), fehlen bislang – soweit ersichtlich – Konkretisierungen zu der vom Definitionsansatz weiter gefassten Förderungsalternative.

Konkretisierung der Voraussetzung einer „entscheidenden Förderung“

Eine "entscheidende Förderung" setzt nach Ansicht des BFH voraus, dass der Steuerpflichtige seine Beteiligung an der Kapitalgesellschaft zum Wohle seines Einzelgewerbebetriebs einsetzt. Dies sei regelmäßig dann gegeben, wenn zwischen der Kapitalgesellschaft und dem Einzelgewerbetreibenden eine intensive und nachhaltige Geschäftsbeziehung besteht, die sich für den Einzelgewerbetreibenden als erheblich vorteilhaft erweist und dieser Vorteil seine Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat. Im Rahmen einer derartigen Geschäftsbeziehung wird die Kapitalbeteiligung erst Recht zum Zwecke der Förderung des Einzelgewerbetreibenden eingesetzt, wenn diesem hierdurch fremdunübliche Vorteile verschafft werden, so der BFH.

Dabei erfordere die Feststellung, ob der Steuerpflichtige die Beteiligung in den Dienst seines Gewerbebetriebes stellt, weder eine rechtliche noch faktische Beherrschung der Kapitalgesellschaft. Beteiligungen sind losgelöst von der Beteiligungshöhe des Steuerpflichtigen dessen notwendigem Betriebsvermögen zuzuordnen, sofern die Beteiligung bestimmende bzw. dienende Funktion für das Einzelunternehmen hat (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 12.01.2010, VIII R 34/07). Diese von der Rechtsprechung zur „Produktabsatzalternative“ aufgestellten Grundsätze gelten nach Ansicht des BFH auch für die vorliegend relevante „Förderungsalternative“. Ebenso wenig erfordere die Zuordnung zum notwendigen Betriebsvermögen, dass die Kapitalgesellschaft einen über die Geschäftsbeziehung zum Einzelgewerbetreibenden hinausgehenden erheblichen Geschäftsbetrieb unterhält (vgl. ausführlich BFH-Urteil vom 10.04.2019, X R 28/16).

Die vom BFH für die Zuordnung der Beteiligung eines Mitunternehmers an einer Kapitalgesellschaft zu dessen notwendigem Sonderbetriebsvermögen II aufgestellten Kriterien (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 16.04.2015, IV R 1/12) sind nach ausdrücklicher Aussage des BFH nicht auf die Bestimmung des notwendigen Betriebsvermögens eines Einzelgewerbebetriebs zu übertragen.

Übertragung der Rechtsprechungsgrundsätze auf den Streitfall

Unter Berücksichtigung oben genannter Grundsätze ist die GmbH-Beteiligung nach Ansicht des BFH dem notwendigen Betriebsvermögen des Einzelgewerbebetriebs zuzuordnen. Denn zum einen handele es sich bei der Bereitstellung der gesamten Warenlogistik der GmbH um eine elementare, nachhaltige und für den Geschäftsbetrieb des Einzelunternehmens erheblich vorteilhafte Förderung, die ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat. Diese Art der Förderung erweise sich zudem als fremdunüblich, da die Bereitstellung auch ohne Entrichtung eines Entgelts erfolgte. Zum anderen ist in dem zunächst aufschlagsfreien Erwerb der Waren von der GmbH eine Förderung zu sehen, die ohne die Gesellschafterstellung des Klägers nicht vorstellbar gewesen wäre und sich insbesondere wegen der Unentgeltlichkeit als nicht fremdüblich darstellt, so der BFH. Auch der anschließend vereinbarte Aufschlag von 5 % lasse nicht auf eine zwischen fremden Dritten gewöhnliche Geschäftsbeziehung schließen.

Darüber hinaus sei der Einzelgewerbebetrieb durch die Fortführung des Online-Shops sowie durch die – wenn auch entgeltliche – Überlassung des hiermit betrauten Personals in die Lage versetzt worden, ohne weitere Vorlaufzeiten seinen Geschäftsbetrieb aufzunehmen. Eine solche Unterstützung in der Start- und Anlaufphase wäre zwischen Unternehmen, die gesellschaftsrechtlich nicht miteinander verbunden sind, nicht denkbar.

Betroffene Norm

§ 4 Abs. 1 S. 1 EStG

Streitjahr 2010

Vorinstanz

Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 25.07.2017, 1 K 1266/15, EFG 2018, S. 649

Fundstelle

BFH, Urteil vom 12.06.2019, X R 38/17 

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 10.04.2019, X R 28/16, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 10.10.2017, X R 1/16, BStBl II 2018, S. 181

BFH, Urteil vom 05.05.2015, X R 48/13, BFH/NV 2015, S. 1358

BFH, Urteil vom 16.04.2015, IV R 1/12, BStBl II 2015, S. 705, siehe Deloitte Tax-News 

BFH, Urteil vom 12.06.2013, X R 2/10, BStBl II 2013, S. 907

BFH, Urteil vom 12.01.2010, VIII R 34/07, BStBl II 2010, S. 612, siehe Deloitte Tax-News

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