Die Kapitalbeteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH ist eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage seines Mitunternehmeranteils, wenn erst diese Kapitalbeteiligung den Kommanditisten in die Lage versetzt, über Fragen der laufenden Geschäftsführung der KG zu bestimmen. Sie ist hingegen nicht funktional wesentlich, wenn im Einzelfall infolge gesellschaftsvertraglicher oder sonstiger schuldrechtlicher Vereinbarungen nicht seine Kapitalbeteiligung, sondern seine Stellung als Kommanditist den Einfluss auf die laufende Geschäftsführung der KG begründet.
Bei einer Einbringung nach § 24 UmwStG kann der Einbringende auch dann Mitunternehmer der Gesellschaft werden, wenn er im Zeitpunkt der Einbringung bereits zu 100 % am Vermögen, Gewinn und Verlust sowie an den Stimmrechten der übernehmenden Personengesellschaft beteiligt ist. Es reicht aus, wenn sich seine maßgeblichen Gesellschaftsrechte absolut erhöhen.
Der Kläger war alleiniger Kommanditist der T-GmbH & Co. KG (T-KG). Persönlich haftende Gesellschafterin der T-KG war die T-GmbH, die am Kapital der T-KG nicht beteiligt war. An der T-GmbH war der Kläger (44,75 %), die T-KG (5,25 %) und die T-GmbH (50 %) selbst beteiligt. Die durch die eigenen Anteile ver-mittelten Stimm- und Gewinnbezugsrechte waren auf den Kläger übertragen worden.
Der Kläger schloss mit der T-KG einen Konsortialvertrag, nach dem ein Konsortium gebildet wurde, um ein einheitliches Auftreten in der Gesellschafterversammlung der T-GmbH, den Einfluss auf die Geschäftsführung der T-GmbH ohne äußere Einflüsse sowie die Geschäftsführung des Konsortialführers (T-KG) sicherzustellen. Der Kläger und die T-KG verpflichteten sich, bei Beschlüssen durch die Gesellschaf-ter der T-GmbH insbesondere zu bestimmten Punkten ihre Stimmen in der Weise abzugeben, dass die Stimmen einheitlich abzugeben waren, es sei denn, dass ein Gesellschafter kraft Gesetzes von der Ab-stimmung ausgeschlossen war. Die Ansprüche auf Auszahlung des Gewinns der T-GmbH standen aus-schließlich der T-KG zu, an die auch der Kläger seine Gewinnbezugsansprüche sowie auch „Ansprüche auf Zahlung eines Veräußerungserlöses abtrat.
In 2011 brachte der Kläger seine Kommanditbeteiligung an der T-KG in die B-GmbH & Co. KG (B-KG) ein. Alleiniger Kommanditist der B-KG war der Kläger. Das feste Kommanditkapital des Klägers erhöhte sich um 25.000 Euro, der verbleibende Wert wurde im variablen Kapital der B-KG erfasst. Ebenfalls trat Die T-KG trat ihre Rechte aus dem Konsortialvertrag an die B-KG ab. Erst im Folgejahr trat der Kläger seinen gesamten Anteil an der T-GmbH rückwirkend zum 01.01. des Streitjahres 2011 an die B-KG ab.
Die T-KG behandelte die Einbringung der Kommanditbeteiligung des Klägers in die B-KG gewinnneutral (Einbringung zu Buchwerten). Das Finanzamt sah eine Einbringung zu Buchwerten nach § 6 Abs. 3 EStG als nicht möglich an, da die zurückbehaltenen Anteile des Klägers an der T-GmbH funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen seines Mitunternehmeranteils seien. Danach habe der Kläger seinen Mit-unternehmeranteil nach § 16 Abs. 3 S. 1 EStG aufgegeben, woraus ein steuerpflichtiger Aufgabegewinn resultiere. Die gezahlten Schuldzinsen, die aus der Fremdfinanzierung seiner Beteiligung an der T-KG resultierten und von der T-KG als Sonderbetriebsausgaben geltend gemacht worden seien, seien nicht abziehbar. Das Finanzgericht gab der dagegen gerichteten Klage statt.
Ebenso wie das FG kommt der BFH zu dem Ergebnis, dass der Kläger seinen Mitunternehmeranteil nach § 24 Abs. 1 UmwStG ohne Rückbehalt einer funktional wesentlichen Betriebsgrundlage auf die B-KG übertragen hat.
Übertragung ohne Rückbehalt einer funktional wesentlichen Betriebsgrundlage
Der Kläger hat seinen Mitunternehmeranteil i.S.d. § 24 Abs. 1 UmwStG auf die B-KG übertragen. Denn die Beteiligung des Klägers an der T-GmbH sei nach der anzuwendenden funktionalen Betrachtungsweise weder infolge nachhaltiger Stärkung seines Einflusses auf die Geschäftsführung der T-KG noch aufgrund ihrer Erforderlichkeit zur Aufrechterhaltung der zweigliedrigen Struktur der T-KG eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage seines Mitunternehmeranteils.
Beurteilung einer wesentlichen Beteiligung nicht isoliert anhand der Stimmrechte
Es sei nicht isoliert anhand der aus der Kapitalbeteiligung resultierenden Stimmrechte zu beurteilen, ob eine wesentliche Beteiligung i.S.d. § 24 UmwStG vorliegen würde, sondern anhand der tatsächlichen Verhältnisse des konkreten Einzelfalls. Danach müsse in jedem Einzelfall untersucht werden, ob und inwieweit diese Kapitalbeteiligung Einfluss auf die Geschäftsführung der KG über die Komplementär-GmbH vermitteln würde. Folglich seien auch Regelungen in der Satzung der Komplementär-GmbH und im Gesellschaftsvertrag der KG zu berücksichtigen, soweit diese Einfluss auf die Geschäftsführung der KG nehmen. Die Kapitalbeteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH sei dann keine funktional wesentliche Betriebsgrundlage, wenn im Einzelfall infolge gesellschaftsvertraglicher oder schuldrechtlicher Vereinbarungen nicht seine Kapitalbeteiligung, sondern seine Stellung als Kommandi-tist den Einfluss auf die laufende Geschäftsführung der KG begründet. Im zugrundeliegenden Streitfall versetze den Kläger gerade nicht seine Beteiligung an der T-GmbH, sondern seine Stellung als Komman-ditist der T-KG in die Lage, über Fragen der laufenden Geschäftsführung der T-KG zu bestimmen.
Einräumung Mitunternehmerstellung auch bei Beteiligung an der übernehmenden Personengesellschaft möglich
§ 24 Abs. 1 UmwStG verlangt die Einräumung einer Mitunternehmerstellung als Gegenleistung für die Einbringung der Sachgesamtheit.
Eine Mitunternehmerstellung kann nach der Auffassung des BFH auch dann eingeräumt werden, wenn der Einbringende im Zeitpunkt der Einbringung bereits zu 100% am Vermögen, am Gewinn und Verlust und an den Stimmrechten der übernehmenden Personengesellschaft beteiligt ist (so auch BMF-Schreiben vom 11.11.2011). Denn es sei ausreichend, wenn sich die maßgeblichen Gesellschaftsrechte absolut erhöhen.
Nicht beurteilen kann der BFH, ob dem Kläger für den eingebrachten Mitunternehmeranteil ausschließ-lich Gesellschaftsrechte an der B-KG gewährt worden sind und verweist insoweit zwecks weiterer Fest-stellungen an das FG zurück.
Denn soweit dem Einbringenden Vermögensvorteile gewährt werden, die nicht in Gesellschaftsrechten bestehen, kann dies zu einer (anteiligen) Gewinnrealisierung führen.
Die Einräumung einer Mitunternehmerstellung zeigt sich dadurch, dass der Wert des eingebrachten Betriebsvermögens dem Kapitalkonto des Gesellschafters gutgeschrieben wird, welches nach dem Gesellschaftsvertrag die Mitunternehmerstellung (Gesellschaftsrechte) repräsentiert (z.B. BFH-Urteil vom 23.03.2023, IV R 2/20). Im Fall eines Mehrkontenmodells wird dieses Konto üblicherweise als Kapital-konto I oder als Festkapitalkonto bezeichnet. Eine Einbringung gegen Gewährung ausschließlich von Gesellschaftsrechten liegt auch dann vor, wenn der eingebrachte Wert des Betriebsvermögens teilweise dem Festkapitalkonto und daneben einem anderen Gesellschafterkonto mit gesellschaftsrechtlichem Kapitalcharakter (oft als variables Kapitalkonto oder Kapitalkonto II bezeichnet) gutgeschrieben wird. Bei Gewährung eines Mischentgelts (zum Beispiel Gutschrift auf dem Festkapital- und dem Darlehens-konto) kommt es nach § 24 UmwStG (in der im Streitjahr geltenden Fassung) dann zu einer Gewinnrealisierung, wenn die Summe aus den Gutschriften auf dem Kapitalkonto und dem Darlehenskonto den steuerlichen Buchwert der eingebrachten Sachgesamtheit überschreitet. Wird der steuerliche Buchwert der eingebrachten Sachgesamtheit hingegen nicht überschritten, erfolgt keine Gewinnrealisierung (z.B. BFH-Urteil vom 18.09.2013, X R 42/10).
§ 24 UmwStG
Streitjahr: 2011
Finanzgericht Hessen, Urteil vom 05.12.2018, 8 K 1236/15, EFG 2020, S. 1521
BFH, Urteil vom 01.02.2024, IV R 9/20
BMF, Schreiben vom 11.11.2011, BStBl. I 2011, S. 1314
BFH, Urteil vom 23.03.2023, IV R 2/20, BStBl. II 2023, S. 1112, siehe Deloitte Tax News
BFH, Urteil vom 18.09.2013, X R 42/10, BStBl. II 2016, S. 639, siehe Deloitte Tax News
Zur Frage der Beurteilung der Beteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH als funktional wesentliche Betriebsgrundlage:
BFH, Urteil vom 21.12.2021, IV R 15/19, BStBl. II 2022 S. 651, siehe Deloitte Tax News
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