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28.06.2018
Unternehmensteuer

BFH: Erdienbarkeit bei Barlohnumwandlung

Die steuerrechtliche Anerkennung einer Umwandlung von Gehaltsansprüchen eines Gesellschafter-Geschäftsführers in eine Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung scheitert regelmäßig nicht an der fehlendenden Erdienbarkeit (entgegen Finanzverwaltung).  Allein die Änderung des Durchführungswegs löst keine erneute Erdienbarkeitsprüfung aus.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, hatte mit ihrem Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer eine Altersrente als Direktzusage vereinbart, die im Jahr 2010 abgeändert wurde. Bei dem zu diesem Zeitpunkt noch nicht erdienten Teil der Pension wurde der Durchführungsweg der Altersversorgung auf eine rückgedeckte Unterstützungskassenzusage wertgleich umgestellt. Das Finanzamt passte daraufhin die Pensionsrückstellung an, ließ jedoch den Betriebsausgabenabzug hinsichtlich der Zahlungen an die Unterstützungskasse zu.

Weiterhin wurde eine Kürzung des monatlichen Grundgehalts verbunden mit einer zusätzlichen Unterstützungskassenzusage vereinbart. Die Beitragszahlungen behandelte die GmbH als Betriebsausgaben. Dem folgte das Finanzamt nicht. Es war der Auffassung, dass sich der zum Zeitpunkt der Zusage bereits 58 Jahre alte Geschäftsführer die zusätzliche Altersversorgung nicht mehr erdienen könne und die Beitragszahlungen verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) darstellten, die nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden dürften. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt.

Entscheidung

Auf die Erdienbarkeit der Versorgungszusage komme es bei einer durch Entgeltumwandlung finanzierten Zusage grundsätzlich nicht an. Das FG habe somit zutreffend den betrieblichen Charakter der Zahlungen an die Unterstützungskasse bejaht.

Gehaltsumwandlung

Zuwendungen an eine Unterstützungskasse dürfen von dem leistenden Unternehmen bei betrieblicher Veranlassung als Betriebsausgaben abgezogen werden, durch das Gesellschafterverhältnis veranlasste Zuwendungen hingegen nicht (vgl. BFH-Urteil vom 20.07.2016, I R 33/15). Nach der Rechtsprechung des BFH kann eine Veranlassung von Versorgungszusagen durch das Gesellschaftsverhältnis dann gegeben sein, wenn sich der Gesellschafter diese Leistungen im Zeitraum zwischen Zusage und seinem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis nicht mehr erdienen könnte (10-jährige Erdienbarkeitsfrist). Diese für die steuerrechtliche Beurteilung von Direktzusagen entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze sind auf mittelbare Versorgungszusagen (wie z.B. rückgedeckte Unterstützungskassenzusagen) grundsätzlich übertragbar (vgl. BFH-Urteil vom 20.07.2016, I R 33/15).

Die Erdienbarkeit sei grundsätzlich auch bei einer nachträglichen Erhöhung einer bereits erteilten Pensionszusage (ebenso mittelbaren Versorgungszusage) zu prüfen (vgl. BFH-Urteil vom 20.05.2015, I R 17/14).

Ob es auf die Erdienbarkeit auch ankommt, wenn die Altersversorgung im Wege der Entgeltumwandlung vom Arbeitnehmer finanziert wird, ist streitig und bislang vom BFH noch nicht geklärt. Die Finanzverwaltung ist der Meinung, dass die Rechtsprechungsgrundsätze zur Erdienbarkeit auch bei Pensionszusagen gelten, die durch echte Barlohnumwandlung des Gesellschafter-Geschäftsführers finanziert werden (Schreiben der OFD Niedersachsen vom 15.08.2014). Die Literatur ist gegenteiliger Ansicht. Der BFH schließt sich nun der letztgenannten Auffassung an.

Die Indizwirkung der fehlenden Erdienbarkeit für die außerbetriebliche Veranlassung einer Versorgungszusage sei regelmäßig entkräftet, wenn bestehende Gehaltsansprüche des herrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers zugunsten seiner Altersversorgung umgewandelt werden. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter würde dem Versorgungswunsch des Arbeitnehmers trotz fehlender Restdienstzeit nicht entgegentreten, weil das von ihm geleitete Unternehmen die finanziellen Folgen einer Zusage nicht zu tragen hat. Bei der durch Entgeltumwandlung finanzierten Altersversorgung disponiere der Arbeitnehmer wirtschaftlich betrachtet ausschließlich über sein eigenes (künftiges) Vermögen, indem er Aktivbezüge zugunsten künftiger Altersbezüge zurücklegt. Demgemäß bestünde regelmäßig auch keine Veranlassung, die Entgeltumwandlung am Maßstab der Erdienbarkeit zu überprüfen.

Änderung des Durchführungswegs

In seinem Urteil vom 20.07.2016, I R 33/15 hatte der BFH die finanzgerichtliche Würdigung einer Änderung des Durchführungswegs als Neuzusage mit der Folge einer erneuten Erdienbarkeitsprüfung nicht beanstandet. Der BFH weist nun darauf hin, dass er nicht in grundsätzlicher Weise den Rechtssatz aufgestellt habe, dass bei der Umstellung des Durchführungswegs einer ursprünglich betrieblich veranlassten Versorgungszusage stets zu prüfen sei, ob die Versorgung noch erdient werden kann. Eine erneute Prüfung der Erdienbarkeit der Versorgungszusage sei jedenfalls dann nicht gerechtfertigt, wenn eine bereits bestehende Versorgungszusage ohne finanzielle Mehrbelastung (wertgleiche Umstellung) für das Unternehmen geändert wird.

Betroffene Normen

§ 8 Abs. 3 S. 2 KStG, § 6a EStG, § 4d EStG
Streitjahre 2010-2012

Anmerkung

FG Düsseldorf, Urteil vom 16.11.2021, 6 K 2196/17 K, G, F

Hintergrund: ständige BFH-Rechtsprechung zur Prüfung des formellen Fremdvergleichs: Einhaltung der Probezeit und Wartezeit bei Zusage durch ein neu gegründetes Unternehmen

Bei der Erteilung einer betrieblichen Versorgungszusage an einen als Arbeitnehmer angestellten Gesellschafter-Geschäftsführer, sieht der BFH es in seiner ständigen Rechtsprechung als erforderlich an, dass die zusagende Kapitalgesellschaft die Qualifikation und Leistungsfähigkeit des (beherrschenden ebenso wie des nicht beherrschenden) Gesellschafter-Geschäftsführers zunächst in ausreichendem Maße erprobt. Danach hält es einem Fremdvergleich nicht stand, wenn die Zusage dem Gesellschafter-Geschäftsführer unmittelbar nach Einstellung versprochen wird. Denn ein „neutraler“ Arbeitgeber werde regelmäßig kaum weitreichende und belastende Versorgungszusagen erteilen, ohne sich der Leistungsfähigkeit des Geschäftsführers zu versichern.

Handelt es sich bei dem Zusagenden um ein neu gegründetes Unternehmen, verlangt der BFH, dass es über gesicherte Erkenntnisse über seine künftige Ertragslage verfügt (vgl. BFH-Urteil vom 28.04.2010, I R 78/08). Nach dem BFH fehle es deshalb an der betrieblichen Veranlassung, wenn die Kapitalgesellschaft sich schon kurz nach ihrer Gründung mit einer entsprechenden Pensionszusage belastet. Der BFH hat als Mindestzeitraum 15 Monate nicht genügen lassen. Die Finanzverwaltung verlangt im Grundsatz einen Zeitraum von fünf Jahren.

Das FG Düsseldorf folgt in seinem jüngst ergangenen Urteil vom 16.11.2021 (6 K 2196/17 K, G, F) grundsätzlich der Auffassung des BFH in seinem hier dargestellten Urteil vom 07.03.2018 (I R 89/15), wonach die Erdienbarkeit bei Entgeltumwandlung nicht relevant ist. Das FG erweitert die Entscheidung des BFH noch insoweit, als es in Fällen der durch Entgeltumwandlung finanzierten Altersversorgung auch die – vom BFH in früheren Urteilen für die Erteilung einer betrieblichen Versorgungszusage ohne Entgeltumwandlung geforderten – Voraussetzungen der Einhaltung einer Probezeit oder einer Wartezeit bei Zusage durch ein neu gegründetes Unternehmen zur Erfüllung des Fremdvergleichs für nicht erforderlich hält.

Vorinstanz

Finanzgericht Thüringen, Urteil vom 25.06.2015, 1 K 136/15, EFG 2016, S. 1634, siehe Deloitte Tax-News

Fundstelle

BFH, Urteil vom 07.03.2018, I R 89/15, BStBl. II 2019, S. 70

Weitere Fundstellen

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 16.11.2021, 6 K 2196/17 K, G, F

BFH, Urteil vom 28.04.2010, I R 78/08, BStBl II 2013, S. 41, siehe Deloitte Tax-News 

BFH, Urteil vom 20.07.2016, I R 33/15, BStBl II 2017, S. 66, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 20.05.2015, I R 17/14, BStBl II 2015, S. 1022, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 11.11.2015, I R 26/15, BStBl II 2016, S. 489, siehe Deloitte Tax-News

Oberfinanzdirektion Niedersachsen, Schreiben vom 15.08.2014, S 2742-259-St 241

 

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