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10.04.2025
Unternehmensteuer

BFH: Formwechsel nach qualifiziertem Anteilstausch als Sperrfristverletzung

Es liegt eine Sperrfristverletzung mit der Folge eine steuerpflichtigen Einbringungsgewinns II vor, wenn die zuvor im Wege des qualifizierten Anteilstausches eingebrachte Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft formgewechselt wird. Eine teleologische Reduktion des § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG ist jedenfalls dann nicht vorzunehmen, wenn die eingebrachten Anteile durch den Formwechsel nicht wieder in denjenigen ertragsteuerlichen Status zurückfallen, den sie vor der Einbringung hatten.

BFH, Urteil vom 27.11.2024, X R 26/22

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, an der zwei natürliche Personen als Kommanditisten mit 90% bzw. 10% beteiligt waren. Die zwei natürlichen Personen waren außerdem zu jeweils 98% bzw. zu jeweils 2% an der XA-GmbH sowie an der X-GmbH beteiligt. Die GmbH-Anteile gehörten aufgrund einer bestehenden Betriebsaufspaltung zum Sonderbetriebsvermögen der GmbH & Co. KG.

Die zwei Kommanditisten brachten ihre Anteile an der XA-GmbH im Rahmen eines qualifizierten Anteilstauschs gemäß § 21 Abs. 1 UmwStG steuerneutral zu Buchwerten in die X-GmbH ein.

Taggleich wurde die XA-GmbH in die XA-KG – steuerlich zu Buchwerten – formgewechselt. Kommanditistin mit einer Beteiligung von 100% am Kapital wurde die X-GmbH. Die XA-Verwaltungs-GmbH wurde Komplementärin ohne Kapitaleinlage.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Formwechsel der XA-GmbH in die XA-KG als Veräußerung der Anteile an der XA-GmbH durch die X-GmbH im Sinne des § 22 Abs. 2 UmwStG zu qualifizieren ist und folglich ein Einbringungsgewinn II zu versteuern ist.

Entscheidung

Auch der BFH kommt zu dem Ergebnis, dass der auf den qualifizierten Anteilstausch von GmbH-Anteilen nachfolgende Formwechsel der eingebrachten GmbH in eine KG, eine sperrfristschädliche, den Einbringungsgewinn II auslösende Veräußerung darstellt.

Gesetzliche Grundlage

Soweit im Rahmen eines Anteilstausches (§ 21 Abs. 1 UmwStG) unter dem gemeinen Wert eingebrachte Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt durch die übernehmende Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar veräußert werden und soweit beim Einbringenden der Gewinn aus der Veräußerung dieser Anteile im Einbringungszeitpunkt nicht nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei gewesen wäre, ist der Gewinn aus der Einbringung im Wirtschaftsjahr der Einbringung rückwirkend als Gewinn des Einbringenden aus der Veräußerung von Anteilen zu versteuern (Einbringungsgewinn II gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG).

Der Formwechsel der XA-GmbH in die XA-KG stellt auch nach dem BFH eine Veräußerung im Sinne des § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG dar.

Weiter Veräußerungsbegriff des BFH

Der zivilrechtlich identitätswahrende Charakter des Formwechsels stehe dem nicht entgegen, da der ertragsteuerrechtliche Begriff der Veräußerung in ständiger BFH-Rechtsprechung umwandlungssteuerspezifisch zu verstehen sei. Der BFH geht für § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG von einem weiten Veräußerungsbegriff aus, der bereits bei Verwirklichung tauschähnlicher Vorgänge erfüllt ist.

So hat der BFH bereits die Verschmelzung einer Tochter-Kapitalgesellschaft auf die Mutter-Kapitalgesellschaft („Aufwärtsverschmelzung“) als „Veräußerung“ im Sinne des § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG angesehen, die einen Einbringungsgewinn II auslöst (vgl. BFH-Urteil vom 24.01.2018, I R 48/15). Ebenso hat der BFH den Formwechsel der übernehmenden Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft als Veräußerung der eingebrachten Anteile im Sinne des § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG qualifiziert (vgl. BFH-Urteil vom 18.11.2020, I R 25/18).

Keine teleologische Reduktion des Gesetzeswortlauts

Nach dem BFH ist im Streitfall auch keine teleologische Reduktion des Wortlauts des § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG vorzunehmen, da die Anteile nicht in ihren früheren steuerlichen Status zurückgefallen sind.

§ 22 Abs. 2 UmwStG bezwecke, dass die im Zeitpunkt des Anteilstausches in den eingebrachten Anteilen ruhenden stillen Reserven, die in der Hand des Einbringenden nach Maßgabe der allgemeinen einkommensteuerrechtlichen Regelungen (im Streitfall: § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 3 Nr. 40, § 32a EStG) steuerverstrickt waren, bei einer innerhalb von sieben Jahren stattfindenden Veräußerung durch die übernehmende Gesellschaft auch weiterhin der Besteuerung unterliegen.

Im Streitfall seien die eingebrachten Anteile (Anteile an der XA-GmbH) nach dem Formwechsel weder formell noch hinsichtlich der möglichen Steuerbelastung in den steuerlichen Status zurückgefallen, in dem sie sich vor dem Anteilstausch befunden hatten. Würde die X-GmbH ihre Anteile an der XA-KG veräußern, wäre dies – bei einem Körperschaftsteuersatz von 15% - immer noch deutlich günstiger als vor dem Anteilstausch die Veräußerung von Anteilen an der XA-GmbH durch die natürlichen Personen gewesen wäre.

Steuerneutrale Umsetzung des Gestaltungsziels ist unerheblich

Der BFH bestätigt, dass es nicht darauf ankommt, ob durch eine andere Reihenfolge der einzelnen Umstrukturierungsschritte eventuell eine steuerneutrale Umsetzung des Gestaltungsziels hätte erreicht werden können. Maßgebend für die rechtliche Beurteilung sind der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt und die darauf anwendbaren Rechtsvorschriften (vgl. BFH-Urteil vom 24.01.2018, I R 48/15).

Keine Anwendung der EU-Fusionsrichtlinie

Die EU-Fusionsrichtlinie (RL 2009/133/EG) sei auf einen rein innerstaatlichen Sachverhalt nicht anwendbar, wenn der nationale Gesetzgeber sich dafür entschieden habe, innerstaatliche und grenzüberschreitende Fälle nicht gleich zu behandeln. Dies ist nach dem BFH hinsichtlich der deutschen Regelung über den Anteilstausch (§ 21 UmwStG a.F.) der Fall.

Betroffene Normen

§§ 21, 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG

Streitjahr: 2010

Vorinstanz

Finanzgericht Münster, Urteil vom 20.12.2021, 4 K 1512/15 F

Fundstelle

BFH, Urteil vom 27.11.2024, X R 26/22

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 24.01.2018, I R 48/15, BStBl. II 2019, S. 45, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 18.11.2020, I R 25/18, BStBl. II 2021, S. 732, siehe Deloitte Tax-News

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