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URL: http://www.deloitte-tax-news.de/steuern/unternehmensteuer/bfh-gewerbesteuerliche-hinzurechnung-bei-rechteueberlassung-gegen-lizenzzahlung.html
04.06.2020
Unternehmensteuer

BFH: Gewerbesteuerliche Hinzurechnung bei Rechteüberlassung gegen Lizenzzahlung

Der BFH präzisiert die Voraussetzungen für die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG. Sind die Rechte und Pflichten aus einer Lizenzvereinbarung nicht auf andere übertragbar, ist keine endgültige Rechteübertragung, sondern vielmehr eine zeitlich befristete Überlassung anzunehmen. Die gesetzlich vorgesehene Rückausnahme der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung (bei sog. Vertriebslizenzen oder Durchleitungsrechten) sieht der BFH dann nicht als gegeben an, wenn der Prinzipal, dem ein Nutzungsrecht eingeräumt wird, dieses Recht verwertet, indem er andere Unternehmen mit der Produktion/Vertrieb beauftragt.  

Sachverhalt

Gegenstand des Unternehmens der Y-GmbH ist die Produktion und der Vertrieb von Saatgut. Sie schloss mit der X-GmbH eine "exklusive Produktions-, Vertriebs- und Lizenzvereinbarung" ab, wonach der Y-GmbH für Saatgut, welches von der X-GmbH (Inhaberin des Sortenschutzrechts) selbst gezüchtet (Basissaatgut) und zur Marktreife entwickelt wurde, das exklusive Recht zur Produktion (Vermehrungsmaterial) und zum Vertrieb übertragen wurde. Von dem eingeräumten Recht, Vermehrungsmaterial der geschützten Sorte zu erzeugen, hat die Y-GmbH auch Gebrauch gemacht, indem sie entsprechendes Vermehrungsmaterial über Dienstleister erzeugen ließ. Der Vertrag wurde auf unbestimmte Zeit mit einer Mindestlaufzeit von fünf Jahren und mit Kündigungsmöglichkeiten abgeschlossen.

Finanzamt und FG qualifizierten die von der Y-GmbH an die X-GmbH zu leistenden Zahlungen als Entgelt für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten i. S. des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG. Die Ausnahmeregelung für sog. Vertriebslizenzen oder Durchleitungsrechte in § 8 Nr. 1 Buchst. f S. 1 GewStG sahen sie als nicht gegeben an. 

Entscheidung

Auch der BFH gelangt zu der Überzeugung, dass die Voraussetzungen einer Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 erfüllt sind.

Gesetzliche Grundlage

Der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. f S. 1 GewStG unterliegen Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten, insbesondere Konzessionen und Lizenzen, mit Ausnahme von Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen (Rückausnahme). Rechte i.S. dieser Vorschrift sind nach der Rechtsprechung Immaterialgüterrechte, d.h. subjektive Rechte an unkörperlichen Gütern mit selbständigem Vermögenswert, die eine Nutzungsbefugnis enthalten und an denen eine geschützte Rechtsposition – ein Abwehrrecht – besteht (BFH-Urteil vom 26.04.2018, III R 25/16).

Zeitlich befristete Überlassung von Rechten

Eine zeitlich befristete Überlassung von Rechten liegt vor, soweit und solange der Verbleib des Rechts beim Berechtigten ungewiss ist, etwa weil das Recht an den Übertragenden zurückfallen kann. Sie liegt bereits vor, wenn bei Abschluss des Vertrags ungewiss ist, ob und wann die Überlassung zur Nutzung endet. Für die Annahme einer zeitlichen Begrenzung genügt bereits das Vorhandensein gesetzlicher Kündigungsmöglichkeiten, die auf bestimmte Fälle beschränkt sind (BFH, Urteil vom 23.05.1979, I R 163/77), oder die Aufnahme einer auflösenden Bedingung in den Übertragungsvertrag (BFH-Beschluss vom 01.12.1982, I B 11/82).

Endgültige Übertragung

Eine endgültige Übertragung liegt dagegen vor, wenn das Recht dem Berechtigten mit Gewissheit endgültig verbleiben wird, ein Rückfall des Rechts kraft Gesetzes oder Vertrags nicht in Betracht kommt (BFH, Urteil vom 23.05.1979, I R 163/77) oder das wirtschaftliche Eigentum an dem Recht auf den Berechtigten übergeht, weil es sich während der vereinbarten Nutzungsdauer in seinem wirtschaftlichen Wert erschöpft (sog. "verbrauchende" Rechtsüberlassung, BFH-Urteil vom 16.05.2001, I R 64/99).

Rückausnahme des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG

§ 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG enthält eine Rückausnahme für Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen. Diese Rückausnahme wird als gegeben angenommen bei sog. Vertriebslizenzen oder Durchleitungsrechten, bei denen nur das Recht zum Absatz und Vertrieb bestimmter Produkte oder Dienstleistungen an den Lizenznehmer übertragen wird. Eine solche Vertriebslizenz sei nur dann gegeben, wenn der Lizenznehmer die eingeräumten Rechte nicht selbst nutzt (z.B. in Form der Herstellung oder Produktion) oder verändert oder bearbeitet und er stattdessen die Rechte unverändert weitergibt. Denn nur in diesen Fällen sei der Lizenznehmer einem Handelsvertreter gleichzustellen.

Hinzurechnungsvoraussetzungen sind im Streitfall erfüllt

Aus der vertraglichen Gestaltung im Streitfall, wonach die Rechte und Pflichten aus dem Vertrag nicht auf andere übertragbar sind, schließt der BFH, dass keine endgültige Rechteübertragung, sondern vielmehr eine zeitlich befristete Überlassung anzunehmen ist. Denn eine solche Einschränkung der Übertragbarkeit auf Dritte wäre bei einem dinglichen Vollerwerb des Sortenschutzrechts durch die Y-GmbH nicht möglich. Auch die in der Lizenzvereinbarung vorgesehenen Konstellationen, in denen die eingeräumten exklusiven Nutzungsrechte an die X-GmbH zurückfallen, stünden im Widerspruch zur endgültigen Übertragung des Vollrechts. So entfallen die eingeräumten exklusiven Nutzungsrechte der Y-GmbH z.B. nach Kündigung des Vertrags, woraus folgt, dass die X-GmbH jederzeit das Vollrecht selbst innehatte. Auch eine verbrauchende Rechteüberlassung lehnt der BFH ab, da der Vertrag nur eine Mindestlaufzeit von fünf Jahren vorsieht und von beiden Seiten kündbar ist.

Im vorliegenden Fall hat die Y-GmbH das ihr eingeräumte Recht zur Produktion des Vermehrungsmaterials ausgeübt, indem sie durch Einschaltung von Dienstleistern und Vermehrern das Vermehrungsmaterial für sich zum Verkauf produzierte. Durch diese Nutzung der Produktionslizenz zur Erzeugung des Vermehrungsmaterials ist die V-GmbH nicht als Handelsvertreterin, sondern selbst als Produzentin des Vermehrungsmaterials anzusehen. Schon dies schließt nach Ansicht des BFH die Rückausnahme für Vertriebslizenzen in § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG aus. 

Betroffene Norm

§ 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG

Streitjahre 2009 bis 2013

Vorinstanz

Finanzgericht Münster, Urteil vom 13.10.2017, 13 K 2554/15 G,F, EFG 2018, S. 144 

Fundstelle

BFH, Urteil vom 19.12.2019, III R 39/17, lt. Mitteilung des BMF zur Veröffentlichung im BStBl. II vorgesehen

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 26.04.2018, III R 25/16, BFHE 261, S. 549, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 23.05.1979, I R 163/77, BStBl II 1979, S. 757

BFH, Beschluss vom 01.12.1982, I B 11/82, BStBl II 1983, S. 367

BFH, Urteil vom 16.05.2001, I R 64/99, BStBl II 2003, S. 641

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