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06.10.2014
Unternehmensteuer

BFH: Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen verfassungsgemäß

Das BVerfG hat die eingelegte Verfassungsbeschwerde (gegen I R 70/12) nicht zur Entscheidung angenommen.
BVerfG, Beschluss vom 26.02.2016, 1 BvR 2836/14,  siehe Deloitte Tax-News 
                                                                                                         

BFH vom 04.04.2014 (Vorinstanz):
Die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen (§ 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG) ist verfassungsgemäß. Auch die Mieten und Pachten für weitervermietete oder -verpachtete Immobilien sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen. Ein Erlass der Gewerbesteuer aus Billigkeitsgründen kommt hier grundsätzlich nicht in Betracht.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, hatte Geschäftsräume innerhalb der Unternehmensgruppe verpachtet und hierfür ihrerseits die entsprechenden Räumlichkeiten selbst angemietet. Das Finanzamt nahm wegen der Anmietung der Immobilien eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG 2002 n.F. vor. Die Klägerin hielt dies für verfassungswidrig. Einspruch und Klage blieben jedoch ohne Erfolg.

Entscheidung

Das FG sei zutreffend davon ausgegangen, dass die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen auch in Weitervermietungsfällen greife und die Vorschrift verfassungsmäßig sei.

Nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG 2002 n.F. werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb ein Viertel der Summen aus dreizehn Zwanzigstel (65 %, 50 % ab Erhebungszeitraum 2010) der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, wieder hinzugerechnet.

Der BFH stützt sich im Wesentlichen auf den Gesetzeswortlaut. Für die Hinzurechnung sei allein darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsgüter Anlagevermögen des Mieters oder Pächters wären, wenn er ihr Eigentümer wäre. Wäre die Klägerin Eigentümerin der Immobilien, so gehörten diese auch zu ihrem Anlagevermögen, denn im Streitfall dienten die Immobilien auf Dauer der betrieblichen Tätigkeit der Klägerin. Die Tatsache der „Durchleitung“ der Immobilien stehe der Hinzurechnung nicht entgegen. Es sei nur auf die Anmietung und Benutzung beim (Erst-)Mieter abzustellen, das weitere Schicksal des angemieteten Wirtschaftsguts sei nicht relevant.

Auch hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Bedenken wies der BFH die Einwendungen zurück und verwies auf die Grundsätze in seinem Beschluss vom 16.10.2012. Hier hatte der BFH bereits in einem AdV-Verfahren es nicht als ernstlich zweifelhaft angesehen, dass die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungsvorschriften (§ 8 Nr. 1 Buchst. a, d, e und f GewStG 2002 n.F.) verfassungsmäßig sind. Aufgrund der nach Ansicht des BFH fehlenden Erfolgsaussicht des Normenkontrollverfahrens, sah es der BFH als geboten an, das vorliegende Verfahren nicht bis zur Entscheidung des BVerfG über die Vorlage des FG Hamburg (Beschluss vom 29.02.2012) auszusetzen.

Nach der Rechtsprechung des BVerfG seien die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen als solche nicht zu beanstanden, sie bildeten zusammen mit dem nach ertragsteuerlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinn und den Kürzungen die Grundstruktur der Gewerbesteuer als vornehmlich auf den Ertrag des Gewerbebetriebs gerichtete Objektsteuer. Eine Gewerbesteuer ohne Hinzurechnungen entspräche dem Bild der herkömmlichen Gewerbesteuer nicht mehr.

Dass Betriebe, die mit hohem Fremdkapitaleinsatz arbeiten und nur geringe Gewinne oder gar Verluste erzielen, wegen der Hinzurechnungen mit der Folge einer Substanzbesteuerung zur Gewerbesteuer herangezogen werden, läge in der Natur einer ertragsorientierten Objektsteuer.

Bei der näheren Ausgestaltung des Hinzurechnungstatbestands, insbesondere bei der Bestimmung der Höhe des Hinzurechnungsbetrages, seien die Grenzen weit zu ziehen. Dass der Gesetzgeber den Finanzierungsanteil schließlich mit 65 % angesetzt hat, sei angesichts der erheblichen Unsicherheiten, des großen Typisierungs- und Pauschalisierungsspielraums und der ohnehin nur im Umfang von einem Viertel des Finanzierungsanteils erfolgten Hinzurechnung deshalb hinzunehmen.

Betroffene Norm

§ 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG 2002 i.d.F. des UntStRefG 2008
Streitjahr 2008

Anmerkungen

BVerfG vom 15.02.2016
Mit Beschluss vom 15.02.2016 (1 BvL 8/12, siehe Deloitte Tax-News) hat das BVerfG die Vorlage des FG Hamburg vom 29.02.2012 zur möglichen Verfassungswidrigkeit der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Entgelten für Schulden sowie Miet- und Pachtzinsen als unzulässig abgewiesen.

BFH-Urteil vom 18.08.2015
Mit Urteil vom 18.08.2015, I R 43/14 hat der BFH das hier dargestellte Urteil vom 04.06.2014, I R 70/12, bestätigt und erneut bekräftigt, dass er nicht von der Verfassungswidrigkeit der gesetzlich gebotenen Hinzurechnung der Grundstücksmieten und -pachten überzeugt sei.

BFH-Urteil vom 04.06.2014
In einem weiteren Urteil vom 04.06.2014 (I R 31/13) hat der BFH entschieden, dass die Besteuerungsfolgen, die aus der Hinzurechnung der Mieten und Pachten für weitervermietete oder -verpachtete Immobilien zum Gewinn aus Gewerbebetrieb gem. § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG resultieren, im Regelfall den gesetzgeberischen Wertungen entsprechen und daher grundsätzlich keinen Gewerbesteuererlass rechtfertigen.

Vorinstanz

Finanzgericht Münster vom 22.08.2012, 10 K 4664/10 G, EFG 2012, S. 2231

Fundstellen

BVerfG, Beschluss vom 26.02.2016, 1 BvR 2836/14, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 04.06.2014, I R 70/12

Weitere Fundstellen

BVerfG, Beschluss vom 15.02.2016, 1 BvL 8/12, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 18.08.2015, I R 43/14, BFH/NV 2016, S. 232
BFH: Keine Verfassungszweifel an der Gewerbesteuer; siehe Deloitte Tax-News
FG Hamburg: Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zins-, Miet- und Pachtaufwendungen verfassungswidrig? siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 04.06.2014, I R 21/13

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