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06.01.2017
Unternehmensteuer

BFH: Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Mietzinsen bei Überlassung von Ausstellungsflächen in Messehallen

Die Hinzurechnung von Mietzinsen zur Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 8 Nr. 1 lit. e GewStG ist an die Tatbestandvoraussetzung der fiktionalen Annahme von Anlagevermögen geknüpft. Angemietete Messeflächen erfüllen diese im Falle einer Durchführungsgesellschaft nicht.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH die im Streitjahr 2008 als Durchführungsgesellschaft für Auslandsmessebeteiligungen der Bundesrepublik Deutschland sowie des Freistaats Bayern tätig war und in deren Auftrag die Messebeteiligungen organisierte. Die Beauftragung umfasste die Durchführungsleistung sowie Leistungen, für deren Erfüllung die Klägerin Verträge mit Dritten abschloss. Die durch die GmbH geschlossenen Verträge mit Dritten dienten zur Anmeldung der Messen (inkl. vom Messeveranstalter angebotener Service Leistungen wie „Buchung“ von Hallenflächen und wahlweise weiterer Leistungen) und zur Zulassung teilnehmender Unternehmen zum Gemeinschaftsstand. In ihrer gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes ermittelte die Klägerin den Gewerbeertrag, indem sie die von ihr für die Zurverfügungstellung der Messeflächen an die Messeveranstalter zu zahlenden Entgelte als Betriebsausgaben gewinnmindern und die Zahlung des Bundes bzw. des Freistaates Bayern aufgrund des Auftragsverhältnisses sowie der am Gemeinschaftsstand teilnehmenden Firmen gewinnerhöhend ansetzte. Die Beklagte (FA) hingegen rechnete die Aufwendungen der Klägerin für die entgeltliche Überlassung der Ausstellungsflächen auf den Auslandsmessen gemäß § 8 Nr. 1 lit. e GewStG dem Gewinn hinzu. Durch den eingelegten Einspruch änderte das FA den Bescheid dahingehend, dass der Hinzurechnungsbetrag um Aufwendungen gekürzt wurde, die dem Grunde nach nicht als Mietzinsen zu qualifizieren sind.

Entscheidung

Das Finanzgericht München und das Finanzamt seien zu Unrecht von einer Erfüllung der Hinzurechnungsvoraussetzungen des § 8 Nr. 1 lit. e GewStG für die von der Klägerin an die ausländischen Messeunternehmen geleisteten Entgelte ausgegangen.

Gemäß § 8 Nr. 1 lit. e GewStG sind zur Ermittlung des Gewerbeertrages dem Gewinn aus Gewerbebetrieb ein Viertel der Summe aus dreizehn Zwanzigstel der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, wieder hinzuzurechnen, sofern sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. Gegenstand dieser Hinzurechnung seien Miet- und Pachtzinsen im Sinne des bürgerlichen Rechts, weshalb der Nutzungsvertrag seinem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach ein Miet – oder Pachtverhältnis sein müsse. Das FG München habe die von der Klägerin an die (ausländischen) Messeunternehmen geleisteten Entgelte zu Recht als Miete angesehen und die vertragliche Hauptpflicht der Messeunternehmen auf die Gewährung des Gebrauchs einer Fläche im Rahmen der Ausstellung festgelegt. Dabei spiele der Ort der Belegenheit der unbeweglichen Wirtschaftsgüter (Ausland/Inland) keine Rolle.

Falsch sei hingegen, dass sich die Entgelte auf die Benutzung solcher unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens beziehe, die im Eigentum eines anderen stünden. Anlagevermögen seien die Gegenstände, die dazu bestimmt sind, auf Dauer dem Betrieb zu dienen (zum Gebrauch im Betrieb und nicht zum Verbrauch oder Verkauf bestimmte Wirtschaftsgüter). § 8 Nr. 1 lit. e GewStG diene zweckmäßig dazu, durch die Hinzurechnung im Sinne einer Finanzierungsneutralität einen objektivierten Ertrag des Gewerbebetriebs zu ermitteln, weshalb für die Hinzurechnung nach § 8 GewStG darauf abzustellen sei, ob die Wirtschaftsgüter Anlagevermögen des Mieters oder Pächters wären, wenn er ihr Eigentümer wäre. Die von der Klägerin angemieteten Flächen hätten zwar im Eigentum Dritter gestanden, wäre jedoch die Klägerin Eigentümerin der Ausstellungsflächen, würden diese nicht zu ihrem Anlagevermögen gehören, da sie diese nicht ständig für den Gebrauch in ihrem Betrieb vorhalten hätte müssen.

Die Annahme von Anlagevermögen müsse aber auch im Rahmen der gebotenen Fiktion den Geschäftsgegenstand des Unternehmens berücksichtigen und sich, soweit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen orientieren. Nach diesem Maßstab sei von ausschlaggebender Bedeutung, dass die Klägerin als sog. Durchführungsgesellschaft nur aufgrund auftragsbezogener Weisung über die Teilnahme an einer konkreten Messe gegenüber dem dortigen Messeveranstalter tätig wurde, indem sie die dortige Fläche anmietete und wiederum anderen Unternehmen zur Nutzung anbot. Aufgrund der Zufälligkeit der konkreten Auswahlentscheidung des Auftraggebers sei nicht davon auszugehen, dass die Klägerin entsprechende Flächen ständig für den Gebrauch in ihrem Betrieb vorgehalten hätte. Demnach sei die Geschäftsbetätigung der Klägerin als Durchführungsgesellschaft nach den konkreten vertraglichen Abreden mit der Annahme (fiktionalem) Anlagevermögens an den Flächen unvereinbar.

Betroffene Norm

§ 8 Nr. 1 lit. e GewStG

Streitjahr 2008

Anmerkungen

BFH-Urteil vom 25.07.2019, III R 22/16 zur Überlassung von Hotelzimmern an Reiseveranstalter

Der BFH kommt mit Urteil vom 25.07.2019 (III R 22/16, siehe Deloitte Tax-News) im Einklang mit der hier dargestellten Entscheidung des BFH zu dem Ergebnis, dass die von einer Reiseveranstalterin entrichteten Entgelte für die Überlassung von Hotelzimmern und -einrichtungen nicht der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung unterliegen. Der BFH stellt auch hier maßgebend darauf ab, dass das Geschäftsmodell eines Reiseveranstalters typischerweise keine langfristige Nutzung der von den Hoteliers überlassenen Wirtschaftsgüter erfordere. Vielmehr diene die nur zeitlich begrenzte Nutzung der Wirtschaftsgüter dem Bedürfnis des Reiseveranstalters, sich ständig dem Wandel unterliegenden Markterfordernissen (wie z.B. veränderte Kundenwünsche oder veränderte Verhältnisse am Zielort der Reise) anpassen zu können. Daher könne nicht davon ausgegangen werden, dass die überlassenen Wirtschaftsgüter Anlagevermögen der GmbH wären, wenn sie in deren Eigentum stünden. Es handele sich vielmehr um Umlaufvermögen.

Finanzgerichtliche Rechtsprechung zur Anmietung von Messeflächen durch Aussteller

Das FG Düsseldorf kommt in seinem Urteil vom 29.01.2019 (10 K 2717/17 G, Zerl; BFH-anhängig: III R 15/19) zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Entgelt für die gelegentliche Anmietung von Messestandflächen nicht um Miet-/Pachtzinsen i.S.d. § 8 Nr. 1 Buchst. d bzw. Nr. 1 Buchstabe e GewStG handelt. Die angemietete Fläche gehörte nicht zum fiktiven Anlagevermögen, da es der Gegenstand des Unternehmens nicht gebot, ein derartiges Wirtschaftsgut ständig für den Gebrauch im Betrieb vorzuhalten. Während dem BFH-Urteil vom 25.10.2016 eine Durchführungsgesellschaft für Auslandsmessebeteiligungen zugrunde lag, betrifft das Urteil des FG Düsseldorf jetzt die Beurteilung der anmietenden Gesellschaft (Aussteller), also auf letzter Stufe. Anders als das FG Düsseldorf entschied das FG Niedersachsen in einem Urteil vom 06.12.2018 (10 K 188/17, rechtskräftig), dass es sich bei den Kosten eines Ausstellers für die Anmietung von Messeflächen um Mietaufwendungen handelt, die gem. § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet werden. Es bleibt als abzuwarten, wie der BFH in dem anhängigen Verfahren III R 15/19 entscheiden wird.

Verfassungsmäßigkeit der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen

Bislang hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) noch nicht endgültig über die Verfassungsmäßigkeit der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen gemäß § 8 Nr. 1 GewStG entschieden.

Vorinstanz

FG München, Urteil vom 08.06.2015, 7 K 3250/12

Fundstelle

BFH, Urteil vom 25.10.2016, I R 57/15

Weitere Fundstellen

BFH-Urteil vom 25.07.2019, III R 22/16, siehe Deloitte Tax-News 

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 29.01.2019, 10 K 2717/17 G, Zerl, BFH-anhängig: III R 15/19

Finanzgericht Niedersachsen, Urteil vom 06.12.2018, 10 K 188/17

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