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URL: http://www.deloitte-tax-news.de/steuern/unternehmensteuer/bfh-gewerbesteuerrechtliche-hinzurechnung-von-aufwendungen-fuer-out-of-home-werbung.html
30.01.2025
Unternehmensteuer

BFH: Gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Aufwendungen für Out-of-Home-Werbung

Besteht bei Verträgen, die Werbung mit digitalen oder analogen Werbeträgern zum Gegenstand haben, die Hauptleistungspflicht in einem zu erzielenden Arbeitsergebnis, liegt kein Mietvertrag, sondern ein Werkvertrag vor. Aufwendungen für die Überlassung von Werbeträgern, die im Rahmen eines Werkvertrags angefallen sind, unterliegen nicht der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG.

BFH, Urteil vom 17.10.2024, III R 33/22

Sachverhalt

Die A-GmbH (Klägerin) ist eine Spezialagentur, die im Bereich der Beratung für Außenwerbung und Vermittlung von Werbeträgern im Außenbereich (Out of Home-Werbung) tätig ist. Nach einer Abstimmung mit dem jeweiligen Kunden buchte die A-GmbH als Teil ihrer Dienstleistung bei verschiedenen Werbeträgeranbietern unterschiedliche Werbeträgerflächen für einen begrenzten Zeitraum. Nur in einzelnen Fällen wurde der Standort eines Werbeträgers durch die A-GmbH bzw. deren Kunden konkret bestimmt (sog. Premiumstandort). Zum Aufgabenbereich der Werbeträgeranbieter gehörte regelmäßig das Anbringen der Außenwerbung, die Pflege, das Ausbessern und Erneuern bei Beschädigungen während der vereinbarten Aushangzeit und ggfs. die Dokumentation des Leistungserfolges. Die A-GmbH berechnete die von den Werbeträgeranbietern in Rechnung gestellten Kosten ohne Aufschlag an ihre Kunden weiter.

Die Außenprüfung vertrat die Auffassung, dass ein Teil der an die Werbeträgeranbieter entrichteten Entgelte Mietaufwendungen darstellen und folglich der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG unterliegen. Das FG lehnte, hingegen, eine (anteilige) gewerbesteuerliche Hinzurechnungen der Aufwendungen für die Buchung von Werbeträgern ab.

Entscheidung

Auch der BFH kommt zu dem Ergebnis, dass weder die Voraussetzungen für eine gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung der Aufwendungen für die Überlassung der Werbeträger nach § 8 Nr. 1 Buchst. f (befristete Rechteüberlassung) noch nach Buchst. d GewStG (Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern) vorliegen.

Grundlagen

Der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung unterliegen u.a. Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten, insbesondere Konzessionen und Lizenzen, mit Ausnahme von Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen (§ 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG); als auch Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen (§ 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG).

Keine befristete Rechteüberlassung

Nach dem BFH scheidet eine Hinzurechnung der von der A-GmbH an die Werbeträgeranbieter geleisteten Zahlungen nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG im Streitfall aus.

Rechte im Sinne des § 8 Nr. 1 Buchst. f S. 1 GewStG sind Immaterialgüterrechte, das heißt subjektive Rechte an unkörperlichen Gütern mit selbständigem Vermögenswert, die eine Nutzungsbefugnis enthalten und an denen eine geschützte Rechtsposition - ein Abwehrrecht- besteht, so der BFH (vgl. BFH-Urteil vom 19.12.2019, III R 39/17). Erfasst sind danach insbesondere gewerbliche Schutzrechte, wie Urheberrechte oder Rechte nach dem Sortenschutzgesetz.

Durch die Vereinbarungen über die Werbung auf Werbeträgern erwarb die A-GmbH lediglich den Anspruch, dass die Werbeträgeranbieter gegen Entgelt Werbung auf Werbeträgern sichtbar machten. Einen Ausschluss von Wettbewerbern der Kunden der A-GmbH sicherten die Werbeträgeranbieter allerdings nicht zu. Folglich liegt nach dem BFH im Streitfall auch kein Immaterialgüterrecht bzw. keine Rechteüberlassung im Sinne des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG vor.

Keine Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern

Nach dem BFH ist ebenfalls keine Hinzurechnung der Aufwendungen für die Werbeträger nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG vorzunehmen.

Entgelte für digitale Werbung: Der BFH beruft sich auf seine Rechtsprechung zu Sponsoringverträge (vgl. BFH-Urteil vom 23.03.2023, III R 5/22), bei denen nicht die Benutzung der digitalen Fläche, sondern eine zu erbringende Werbeleistung im Vordergrund steht und die Vertragsparteien ein bestimmtes Arbeitsergebnis vereinbart haben. Aufwendungen für Leistungen im Rahmen eines solchen Sponsoringvertrages unterliegen nicht der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG. Auch die Verträge im Streitfall, die die A-GmbH mit den Werbeträgeranbietern über die Werbung digitaler Werbeträger abgeschlossen hat, seien nicht als Mietverträge einzuordnen. Die Werbeträger hätten sich verpflichtet elektronischen Content auf den von ihnen vorgehaltenen digitalen Werbeflächen wiederzugeben. Es handele sich im Wesentlichen um eine Werkleistung (und nicht um die Gebrauchsüberlassung bestimmter Flächen). Folglich sind die von der A-GmbH an die Werbeträgeranbieter für die digitale Werbung gezahlten Entgelte nicht als Miet- oder Pachtzinsen im Sinne des § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG einzuordnen.

Entgelte für Werbung auf analogen Werbeträgerflächen an Standorten außerhalb sog. Premiumstandorte: Nach dem BFH sind auch die von der A-GmbH mit den Werbeträgeranbietern abgeschlossenen Verträge über Werbung an herkömmlichen (analogen) Werbeträgern außerhalb sog. Premiumstandorte als Werkverträge einzuordnen. Die vertraglichen Pflichten seien auf einen Erfolg (Werbewirkung) gerichtet. Der Umstand, dass die A-GmbH beim Vertragsschluss den einzelnen Werbeträger weder bestimmt hat, noch bestimmen konnte, spreche außerdem auch dafür, dass es ihr bei den Verträgen mit den Werbeträgeranbietern nicht auf den bloßen Gebrauch von Werbeflächen ankam.


Entgelte für Werbung an sog. Premiumstandorten: Auch die an die Werbeträgeranbieter gezahlten Entgelte für die Werbung an sog. Premiumstandorten sind nicht nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG hinzuzurechnen, weil die Werbeträger an diesen Standorten nicht zum fiktiven Anlagevermögen der A-GmbH gehörten. Der BFH lässt im Streitfall offen, ob die Einordnung der zugrunde liegenden Verträge als Mietverträge in Betracht kommt.

Die Werbeflächen auf Werbeträgern an Premiumstandorten seien nicht dauerhaft dazu bestimmt dem Betrieb der A-GmbH zu dienen. Wegen der vorgelagerten Entscheidung der Kunden der A-GmbH über den Ort der Werbung (Premiumstandort) seien die Flächen nicht austauschbar und lediglich der Art nach bestimmt. Der BFH beruft sich in seiner Begründung auf seine bisherige Rechtsprechung im Fall einer Messedurchführungsgesellschaft (vgl. BFH-Urteil vom 25.10.2016, I R 57/15). Im damaligen Streitfall wurde fiktives Anlagevermögen ebenfalls (und damit eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung der entsprechenden Aufwendungen) verneint, da die Klägerin als sog. Durchführungsgesellschaft nur aufgrund auftragsbezogener Weisung über die Teilnahme an einer konkreten Messe gegenüber dem dortigen Messeveranstaltung tätig wurde, indem sie die dortige Fläche anmietete. Aufgrund der Zufälligkeit der konkreten Auswahlentscheidung des Auftraggebers sei nicht davon auszugehen, dass die Durchführungsgesellschaft entsprechende Flächen ständig für den Gebrauch in ihrem Betrieb vorgehalten hätte.

Betroffene Normen

§ 8 Nr. 1 Buchst. f und Buchst. d GewStG

Streitjahre 2010 und 2011

Anmerkung

Einordnung in die bisherige Rechtsprechung

Das o.g. Urteil reiht sich gut in die bisherige, mittlerweile schon umfangreiche Rechtsprechung zu dem Themenkomplex der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen ein. So setzt die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Entgelten, die (zumindest zum Teil) für die Überlassung von Wirtschaftsgütern geleistet werden, voraus dass die den Aufwand verursachenden Verträge nach ihrem wesentlichen rechtlichen Gehalt als Miet- oder Pachtverträge einzuordnen sind oder jedenfalls trennbare miet- oder pachtrechtliche Hauptleistungspflichten enthalten. Liegen Werkverträge bzw. gemischte Verträge eigner Art vor, unterliegen die zugrundliegenden Aufwendungen nicht der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung (z.B. Aufwendungen im Rahmen eines Sponsoringvertrags (vgl. BFH-Urteil vom 23.03.2023, III R 5/22, siehe Deloitte Tax-News) oder Mieten für Mehrwegbehältnisse im Rahmen eines Voll-Logistik-Konzepts (mit umfangreichen Werk-, Dienstleistungs- und Transportvertragselementen) (vgl. BFH-Urteil vom 01.06.2022, III R 56/20, siehe Deloitte Tax News).

Liegen Mietverträge vor, setzt die gewerbesteuerliche Hinzurechnung weiter voraus, dass die überlassenen Wirtschaftsgüter sog. fiktives Anlagevermögen des anmietenden Unternehmens darstellen. Dazu muss der Geschäftszweck bzw. die spezifischen betrieblichen Verhältnisse das dauerhafte Vorhandensein gleichartiger angemieteter Wirtschaftsgüter voraussetzen (vgl. zu Werbeaufwendungen auch BFH-Urteil vom 16.09.2024, III R 36/22, siehe Deloitte Tax-News). Bejaht wurde fiktives Anlagevermögen, wenn Anmietungen ggfs. nur für kurze Zeit, aber regelmäßig erfolgt sind, beispielsweise bei angemieteten Standflächen bei einem Imbissbetrieb im Reisegewerbe (vgl. BFH-Urteil vom 12.10.2023, III R 39/21, siehe Deloitte Tax-News) oder bei kurzfristiger Anmietung von häufig wechselnden Immobilien im Fall eines Konzertveranstalters (vgl. BFH-Urteil vom 08.12.2016, IV R 24/11, siehe Deloitte Tax-News). Fiktives Anlagevermögen hatte der BFH verneint, beispielsweise für die Anmietung von Messestandflächen im Fall eines Produktionsunternehmens ohne Direktvertrieb (vgl. BFH-Urteil vom 23.03.2022, III R 14/21, siehe Deloitte Tax-News), für angemietete Hotelzimmer eines Reiseveranstalters (vgl. BFH-Urteil vom 25.07.2019, III R 22/16, siehe Deloitte Tax-News) sowie für angemietete Messeflächen im Fall einer Durchführungsgesellschaft (vgl. BFH-Urteil vom 25.10.2016, I R 57/15, siehe Deloitte Tax-News).

Vorinstanz

Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 11.05.2022, 8 K 365/17

Fundstelle

BFH, Urteil vom 17.10.2024, III R 33/22

Weitere Fundstellen

BFH, Urteil vom 19.12.2019, III R 39/17, BStBl. II 2020, S. 397, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 23.03.2023, III R 5/22, BStBl. II 2023, S. 923, siehe Deloitte Tax-News

BFH-Urteil vom 25.10.2016, I R 57/15, BStBl. II 2022, S. 273, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 01.06.2022, III R 56/20, BStBl. II 2023, S. 875, siehe Deloitte Tax News

BFH, Urteil vom 16.09.2024, III R 36/22, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 12.10.2023, III R 39/21, BStBl. II 2024, S. 67, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 08.12.2016, IV R 24/11, BStBl. II 2022, S. 276, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 23.03.2022, III R 14/21, BStBl. II 2022, S. 559, siehe Deloitte Tax-News

BFH, Urteil vom 25.07.2019, III R 22/16, BStBl. II 2020, S. 51, siehe Deloitte Tax-News

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Denise Käshammer
Senior Manager

dkaeshammer@deloitte.de
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