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07.05.2015
Unternehmensteuer

BFH: GewSt-Kürzung um Hinzurechnungsbetrag nach AStG

Aktuell:

Mit den Ländererlassen vom 04.02.2021 hebt die Finanzverwaltung ihren Erlass vom 14.12.2015 (Nichtanwendung des BFH-Urteils vom 11.03.2015 (I R 10/14), siehe Deloitte Tax News) auf. Folglich sind die Grundsätze des BFH-Urteils vom 11.03.2015 (I R 10/14) (d.h. die gewerbesteuerliche Kürzung des AStG-Hinzurechnungsbetrags) in allen offenen Fällen für Erhebungszeiträume bis einschließlich 2016 allgemein anzuwenden. Für Erhebungszeiträume ab 2017 ordnet § 7 S. 7 GewStG den Einbezug des Hinzurechnungsbetrags in den Gewerbeertrag an und schließt eine Kürzung nach § 9 Nr. 3 S. 1 1. HS GewStG aus (vgl. § 36 Abs. 3 S. 3 u. § 36 Abs. 5 S. 1 GewStG).

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BFH-Urteil vom 11.03.2015:

Wurde der Gewinn eines inländischen Unternehmens durch einen Hinzurechnungsbetrag nach § 10 Abs. 1 S. 1 AStG erhöht, ist er für gewerbesteuerliche Zwecke um diesen Betrag zu kürzen. Das gilt deshalb, weil dieser Teil des Gewinns auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte gem. § 9 Nr. 3 GewStG entfällt.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, war alleinige Gesellschafterin einer in Singapur belegenen Kapitalgesellschaft A (hier: Zwischengesellschaft). A erzielte im Streitjahr 2009 Einkünfte aus sog. passiver Tätigkeit i.S.v. § 10 Abs. 2 AStG. Die Einkünfte wurden erklärungsgemäß dem körperschaftsteuerlichen Einkommen der Klägerin zugerechnet. Für Zwecke der Gewerbesteuer hingegen kürzte die Klägerin ihren Gewinn um den hinzugerechneten Betrag nach § 9 Nr. 3 GewStG 2002. Das Finanzamt und das Finanzgericht folgten dem nicht.

Einspruch sowie Klage blieben ohne Erfolg.

Entscheidung

Die gewerbesteuerliche Kürzung des Hinzurechnungsbetrages sei zu Unrecht abgelehnt wurden.

Einschlägig sei hierbei – wie von der Klägerin zutreffend angenommen – die Regelung des § 9 Nr. 3 S. 1 GewStG. Danach wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen gekürzt um den Teil des Gewerbeertrags eines inländischen Unternehmens, der auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfällt. Die Tatsache, dass es sich im Streitfall bei der die Hinzurechnungsbesteuerung auslösenden Betriebsstätte um eine Betriebsstätte der Zwischengesellschaft A und nicht der Klägerin handle, sei nicht erheblich.

Der Regelungswortlaut des § 9 Nr. 3 S. 1 GewStG sei allgemein gehalten und spezifiziere die Betriebsstätte insbesondere bzgl. ihrer Zuordnung nicht weitergehend.

Darüber hinaus sei – obwohl die Hinzurechnungsbesteuerung grundsätzlich rechtstechnisch nicht die Einkünftezurechnung verändere – ein erweitertes Regelungsverständnis hinsichtlich der Betriebsstätte erforderlich, da das AStG die Einkünfte der Zwischengesellschaft A in solche der Klägerin umforme. Die betreffenden Einkünfte seien beim Gesellschafter nicht als "betriebsstättenlose" Auslandseinkünfte " anzusehen, sondern vielmehr einer Auslandsbetriebsstätte zuzuordnen, die die Anforderungen des § 9 Nr. 3 S. 1 GewStG erfülle.
Auch die Bestimmung des § 10 Abs. 2 S. 1 AStG, wonach der Hinzurechnungsbetrag zu den Kapitaleinkünften gehöre, führe zu keiner anderen Auffassung, da diese Regelung lediglich die fiktive Zuordnung zu einer Einkunftsart bewirke und keine Auswirkungen auf die Zuordnung des zugrundeliegenden Gewerbeertrags zu der Betriebsstätte der Zwischengesellschaft A habe.

Jede andere Ansicht zöge unsachgemäße systematische Verwerfungen nach sich. Würde der anteilige Gewinn (i.H. des Hinzurechnungsbetrags) der Gewerbesteuer unterworfen, obwohl es sich um einen ausländischen Gewinn handele, widerspräche dies dem strukturellen Inlandsbezug der Gewerbesteuer. Zudem würde eine unsystematische Doppelbesteuerung ausgelöst, weil die ausländischen Steuern, welche zu Lasten der Zwischengesellschaft von den dem Hinzurechnungsbetrag zugrundeliegenden Einkünften erhoben worden seien, nur auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer, nicht aber auf die Gewerbesteuer angerechnet werden könnten. Überdies würden ausländische Tochtergesellschaften und Betriebsstätten andernfalls ungleich behandelt, was für die außensteuerrechtliche Hinzurechnungsbesteuerung aber vermieden werden solle.

Ein anderweitiges Regelungsverständnis des § 9 Nr. 3 GewStG 2002 sei nach der herrschenden Auffassung in der Literatur nicht vertretbar, aber auch nicht notwendig, da der Regelungswortlaut bereits ein sachangemessenes Verständnis ermögliche (vgl. z.B.: Fuhrmann in Mössner/Fuhrmann, AStG, 2. Aufl., § 10 Rz.105). So vertritt z.B. Fuhrmann die Auffassung, dass vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber das Vorhandensein einer ausländischen Betriebsstätte für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung nicht negiere, die gewerbesteuerliche Kürzungsvorschrift anwendbar sein könne. Die Vorgabe im AStG, dass das GewStG auf den Hinzurechnungsbetrag anwendbar sei (§ 21 Abs. 7 S. 4 Nr. 2 i.V.m. § 10 Abs. 2, 3 AStG), solle implizieren, dass auch die Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 3 GewStG zu beachten sei.

Nach Ansicht des BFH werde die Auslegung von § 9 Nr. 3 S. 1 GewStG nicht durch die Kürzungsmöglichkeit nach § 9 Nr. 7 S.2 GewStG beeinflusst. Denn die der Inlandsgesellschaft über den Hinzurechnungsbetrag zugerechneten Einkünfte der ausländischen Zwischengesellschaft seien als solche eben keine (bloßen) Gewinnanteile (Dividenden), sondern seien unmittelbar aus der Einkunftsermittlung der Zwischengesellschaft entstanden. Dieser Unterschied rechtfertige es, sie als Teil des auf die Auslandsbetriebsstätte entfallenden Gewerbeertrags i.S. von § 9 Nr. 3 GewStG anzusehen und von den Gewinnanteilen i.S. von § 9 Nr. 7 GewStG abzugrenzen.

Die Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 8 S. 1 GewStG sei ebenfalls nicht einschlägig, zum einen weil das im Streitfall anzuwendende DBA Deutschland-Singapur 2004 für die aus einer Hinzurechnung hergeleiteten fiktiven Gewinnanteile mangels hinreichender Aktivität der zugrundeliegenden Tätigkeiten der Zwischengesellschaft keine Steuerfreistellung als Grundvoraussetzung für jene Kürzung zulasse. Zum anderen, weil die Hinzurechnungsbesteuerung sich nach § 20 Abs. 1 AStG über etwaige anderweitige Besteuerungszuordnungen eines DBAs allemal hinwegsetze, und das auch die Gewerbesteuer betreffe.

Betroffene Norm

§ 9 Nr. 3 GewStG, § 10 AStG

Streitjahr 2009

Vorinstanz

FG Düsseldorf, Urteil vom 28.11.2013, 16 K 2513/12 G, EFG 2014, S. 304, siehe Deloitte Tax-News

Fundstellen

Oberste Finanzbehörden der Länder, Gleich lautende Erlasse vom 04.02.2021

Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 14.12.2015

BFH, Urteil vom 11.03.2015, I R 10/14

Weitere Fundstelle

Fuhrmann in Mössner/Fuhrmann, AStG-Kommentar, 2. Aufl., § 10 Rz.105

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