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20.05.2021
Unternehmensteuer

BFH: Grenzüberschreitende Betriebsaufspaltung

Der BFH kommt übereinstimmend mit dem FG und entgegen der überwiegenden Auffassung im Schrifttum zu dem Schluss, dass die Grundsätze der Betriebsaufspaltung auch dann zur Anwendung kommen, wenn ein inländisches Besitzunternehmen ein im Ausland belegenes Grundstück an eine ausländische Betriebskapitalgesellschaft verpachtet. 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine gemeinnützige rechtsfähige Stiftung mit Sitz im Inland, ist Alleingesellschafterin einer niederländischen Kapitalgesellschaft (B .B.V.). Die Klägerin verpachtet ein in den Niederlanden belegendes Grundstück an die B .B.V, welches diese zur Ausübung ihrer operativen Geschäftstätigkeit als Betriebsgrundstück nutzt. Im Jahr 2012 schüttete die B .B.V. eine Dividende an die Klägerin aus.

Finanzamt und FG waren der Meinung, dass aufgrund der Verpachtung des Grundstücks an die B B.V. eine Betriebsaufspaltung über die Grenze vorliege. Die aus der Nutzungsüberlassung des Grundstücks an die BV erzielten Verpachtungseinkünfte stellten aufgrund der Betriebsaufspaltung gewerbliche Einkünfte dar, welche in Deutschland jedoch abkommensrechtlich von der Besteuerung freigestellt seien. Die Gewinnausschüttung der B B.V. sei nach § 8b Abs. 1, Abs. 5 KStG steuerfrei, wobei allerdings 5 % pauschal als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben zu berücksichtigen seien.

Entscheidung

Auch der BFH kommt zu dem Ergebnis, dass für die Dividendeneinkünfte eine außerbilanzielle Hinzurechnung von 5% nach § 8b Abs. 5 KStG zu erfolgen hat.

Dividendenbezug im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs

Das FG habe im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Dividendenzahlung im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes i. S. d. § 14 AO erfolgt und die Klägerin insoweit nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreit ist.

Vorliegen einer Betriebsaufspaltung

Im Streitfall liegt die für die Annahme einer Betriebsaufspaltung erforderliche personelle und sachliche Verflechtung aufgrund der Beteiligung von 100% der Klägerin an der B B.V. sowie der Verpachtung des der B B.V. als Geschäftslokal dienenden Grundstücks durch die Klägerin vor. Etwas anderes ergibt sich nach Ansicht des BFH auch nicht für die hier vorliegenden Outboundfall, d.h. inländisches Besitzunternehmen und ausländische Betriebsgesellschaft. Somit liege eine originär gewerbliche Tätigkeit der Klägerin i.S. des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG vor.

Grenzüberschreitende Betriebsaufspaltung bislang umstritten

In der Literatur ist umstritten, ob die Grundsätze der Betriebsaufspaltung in Outboundfällen überhaupt anzuwenden sind. Überwiegend wird zwar nach Meinung des Schrifttums eine grenzüberschreitende Betriebsabspaltung abgelehnt, weil es den Regelungen der Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung widerspräche, wenn ausländische Vermietungseinkünfte zu gewerblichen Einkünften umqualifiziert würden.

Teilweise wird auch gefordert, dass die Betriebsgesellschaft im Inland eine Betriebsstätte haben muss, weil andernfalls inländische Gewerbesteuer überhaupt nicht anfallen könne.

Dagegen sollen nach Teilen der Literatur auch in der vorliegenden Konstellation die Grundsätze der Betriebsaufspaltung – zur Vermeidung steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten – uneingeschränkt zur Anwendung kommen (vgl. dazu auch FG Hessen, Urteil vom 26.03.2015, 10 K 2347/09). Dieser Mindermeinung schließt sich nun der BFH an.

Einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille ist maßgeblich

Im Streitfall gelangte der BFH zu der Überzeugung, dass allein der „einheitliche geschäftliche Betätigungswille“ der hinter den beiden Unternehmen stehenden Personen maßgeblich sei. Dieser hebt die Vermietungstätigkeit des Besitzunternehmens deutlich von einer „normalen“ Vermietung mit der Folge ab, dass hinsichtlich der Tätigkeit des Besitzunternehmens von einer originär gewerblichen i.S. des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG auszugehen ist (vgl. BFH-Urteil vom 20.08.2015, IV R 26/13; BFH-Urteil vom 17.04.2019, IV R 12/16). Auf dieser Grundlage gebe es keinen sachlichen Grund, bei der Qualifikation der Einkünfte des Besitzunternehmens danach zu differenzieren, ob sich das im Streitfall überlassene Geschäftsgrundstück – aus Sicht des Besitzunternehmens – vor oder hinter der Landesgrenze befindet. Der Begründung eines Gewerbebetriebs der Klägerin durch Verpachtung des Grundstücks stehe es nicht entgegen, dass die B B.V. in Deutschland nicht der Gewerbesteuer unterliegt und sich auch ansonsten keine Auswirkungen auf das deutsche (Ertrag-)Steueraufkommen ergeben.

Besteuerung als Dividendeneinkünfte

Gemäß Art. 13 Abs. 1 DBA-Niederlande 1959 (aktuell ebenso nach Art. 13 Abs. 1 DBA-Niederlande 2012) hat der Wohnsitzstaat das Besteuerungsrecht für Dividendeneinkünfte. Denn bei den Ausschüttungen der B B.V. handelt es sich nach Überzeugung des BFH um Dividenden i.S. des Art. 13 Abs. 1 DBA-Niederlande 1959 und nicht um Unternehmensgewinne. Denn letztere setzen voraus, dass die Klägerin (aktive) Unternehmensgewinne erwirtschaftet. Hieran fehle es jedoch im Streitfall. Denn die Einkünfte der Klägerin resultierten aus der Vermietung des Betriebsgrundstücks an die B B.V. sowie aus Ausschüttungen von der B B.V. Unerheblich sei, dass die Einkünfte aus deutscher Sicht nach den Grundsätzen der Betriebsaufspaltung als gewerblich anzusehen sind. 

Schließlich ist das Besteuerungsrecht Deutschlands nicht gemäß Art. 13 Abs. 5 DBA-Niederlande 1959/2012 ausgeschlossen, wonach (nur) "der andere Staat" (hier: Niederlande) das Besteuerungsrecht hat, wenn eine Person mit Wohnsitz in einem der Vertragsstaaten eine Betriebsstätte in dem anderen Staat hat und die Einkünfte durch diese Betriebsstätte erzielt. Nach der BFH-Rechtsprechung macht die Vermietung eines im Ausland belegenen Grundstücks das Grundstück nicht zu einer Betriebsstätte des im Inland ansässigen Vermieters.

Anwendung des abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs ist nicht erheblich

Der BFH konnte offen lassen, ob – was zwischen den Beteiligten streitig ist – die Voraussetzungen des sog. abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs erfüllt wären. Denn der BFH hat bereits mit Beschluss vom 22.09.2016, I R 29/15 entschieden, dass die Hinzurechnung nach § 8b Abs. 5 KStG auch dann zu erfolgen hat, wenn von ausländischen Kapitalgesellschaften gezahlte Dividenden (auch) nach dem abkommensrechtlichen Schachtelprivileg von der Besteuerung auszunehmen sind.

Keine GewSt-Kürzung

Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags war keine Kürzung um den auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfallenden Teil vorzunehmen (§ 9 Nr. 3 GewStG), da eine solche wie oben ausgeführt nicht gegeben war.

Betroffene Normen

§ 8b Abs. 5 KStG

Streitjahr ​2012​

Vorinstanz

Finanzgericht Köln, Urteil vom 31.08.2016, 10K 3550/14, siehe Deloitte Tax-News

Fundstelle

BFH, Urteil vom 17.11.2020, I R 72/16, BStBl. II 2021, S.484

Weitere Fundstellen

​FG Hessen, Urteil vom 26.03.2015, 10 K 2347/09, EFG 2015, S. 1454

BFH, Urteil vom 20.08.2015, IV R 26/13, BFHE 251, 53, BStBl II 2016, S. 408

BFH, Urteil vom 17.04.2019, IV R 12/16, BFHE 264, 306, BStBl II 2019, S. 745

BFH, Beschluss vom 22.09.2016, I R 29/15, BFH/NV 2017, S. 324

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