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28.05.2014
Unternehmensteuer

BFH: Kein nachträglicher Schuldzinsenabzug nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht

Das BMF hat mit Schreiben vom 27.07.2015 die Grundsätze des BFH-Urteils vom 21.01.2014 übernommen, mehr siehe unter Anmerkungen.
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Fällt die Einkünfteerzielungsabsicht bereits vor der Veräußerung des Immobilienobjekts weg, kommt ein Abzug nachträglicher Schuldzinsen nicht mehr in Betracht. Ob eine Einkünfteerzielungsabsicht (noch/erneut) vorliegt, ist objektbezogen für jeden (einzeln) vermieteten Gebäudeteil und nicht in Bezug auf das gesamte Grundstück, auf dem sich die Gebäudeteile befinden, zu prüfen.

Sachverhalt
Der Kläger erwarb 1999 ein vermietetes Grundstück, das mit einer Gaststätte, einer Pächterwohnung sowie sieben Ferienwohnungen bebaut war. Das Mietverhältnis bestand für das gesamte Objekt. Die Anschaffungskosten finanzierte der Kläger durch ein Darlehen. Im März 2003 kündigte der Kläger das Mietverhältnis, da der Mieter wegen Insolvenz die Mietzinszahlungen eingestellt hatte, anschließend wurde die Gaststätte in eine Wohnung umgebaut und anderweitig – zu einem geringeren Preis – vermietet. Die Ferienwohnungen wurden nun separat vermietet. Im Jahr 2008 veräußerte der Kläger das Grundstück an seine Tochter.

In den Streitjahren 2003 bis 2006 erzielte der Kläger aufgrund geringer Mieteinahmen hohe Werbungskostenüberschüsse, die das Finanzamt nicht anerkannte, weil der Kläger ab 2003 keine ernsthaften und nachhaltigen Vermietungsbemühungen hinsichtlich der Ferienwohnungen entfaltet habe. Ein nachträglicher Schuldzinsenabzug sei beim Übergang von der Vermietungstätigkeit zur Liebhaberei nicht möglich.

Das nach erfolglosem Einspruch angerufene FG ging zwar auch davon aus, dass der Kläger seine Einkünfteerzielungsabsicht schon 2003 aufgegeben habe, berücksichtigte aber dennoch die in den Streitjahren vom Kläger gezahlten „nachträglichen Schuldzinsen“ nach den Grundsätzen der BFH-Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 20.06.2012) zum nachträglichen Schuldzinsenabzug nach Immobilienveräußerung als Werbungskosten einkünftemindernd.

Entscheidung
Ein nachträglicher Schuldzinsenabzug hänge davon ab, ob der Kläger seine Einkünfteerzielungsabsicht bereits vor der Veräußerung aufgegeben und nicht wieder aufgenommen habe. Das FG habe die Einkünfteerzielungsabsicht zu Unrecht auf das gesamte Grundstück bezogen.

Den objektiven Tatbestand der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.S. des § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG verwirklicht, wer unbewegliches Vermögen vermietet. Vermiete der Steuerpflichtige – wie vorliegend – mehrere Objekte auf der Grundlage verschiedener Rechtsverhältnisse, so sei jede Tätigkeit grundsätzlich je für sich zu beurteilen. Dies gelte auch dann, wenn sich die Objekte auf einem Grundstück befänden (vgl. BFH-Urteil vom 01.04.2009).

So sei auch die Einkünfteerzielungsabsicht objektbezogen. Sofern der Steuerpflichtige verschiedene auf einem Grundstück gelegene Gebäudeteile einzeln vermiete, beziehe sich die Einkünfteerzielungsabsicht auch jeweils nur auf das entsprechende Objekt (vgl. BFH-Urteil vom 12.05.2009).

Zwar sei das FG zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger den objektiven Tatbestand zunächst in Bezug auf das einheitlich vermietete Grundstück erfüllt habe und, dass die Vermietungsabsicht des Klägers indiziell fortbestehe, bis festgestellt werden könne, dass er sie endgültig aufgegeben habe (vgl. BFH-Urteil vom 11.12.2012). Allerdings habe das FG – nachdem es den (zwischenzeitlichen) Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht bejaht hatte – die Frage, ob der Kläger zu einem späteren Zeitpunkt seine Einkünfteerzielungsabsicht erneut aufgenommen habe, wiederum auf das gesamte Grundstück bezogen, obwohl einzelne Grundstücksteile unter unterschiedlichen rechtlichen Voraussetzungen (Abschluss eines auf Dauer ausgerichteten Mietvertrages, Abschluss von Mietverträgen über befristete Ferienaufenthalte) an verschiedene Personen vermietet worden seien. Dies wiederspreche dem Grundsatz, dass eine Einkünfteerzielungsabsicht objektbezogenen zu prüfen sei.

Das FG müsse im zweiten Rechtsgang der Frage nachgehen, ob und bezogen auf welche Objekte der Kläger hinsichtlich der auf dem Grundstück befindlichen Gebäudeteile mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt habe. Sollte die Einkünfteerzielungsabsicht bereits vor der Veräußerung der Immobilienobjekte aufgegeben und nicht wieder aufgenommen worden sein, sei ein fortdauernder Veranlassungszusammenhang von nachträglichen Schuldzinsen mit früheren Einkünften i.S.d. § 21 EStG nicht mehr anzunehmen (BFH-Urteil vom 20.06.2012). Habe der Kläger seine Einkünfteerzielungsabsicht jedoch hinsichtlich einzelner Objekt auf dem Grundstück wieder aufgenommen, seien die Schuldzinsen anteilig zu berücksichtigen.

Betroffene Norm
§ 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG
Streitjahre 2003-2006

Anmerkung

BMF-Schreiben vom 27.07.2015
Mit Schreiben vom 27.07.2015 hat das BMF zu Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach Veräußerung des Mietobjekts oder nach Wegfall der Einkünfteerzielungsabsichtwie folgt Stellung genommen: Schuldzinsen, die auf Verbindlichkeiten entfallen, welche der Finanzierung von Anschaffungskosten oder Herstellungskosten einer zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Immobilie dienten, können nach deren Veräußerung weiter als nachträgliche Werbungskosten abgezogen werden, wenn und soweit die Verbindlichkeiten nicht durch den Veräußerungserlös hätten getilgt werden können (BFH-Urteil vom 20.06.2012, siehe Deloitte Tax-News). Voraussetzung ist, dass die Absicht, (weitere) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, nicht bereits vor der Veräußerung der Immobilie aus anderen Gründen weggefallen ist (siehe vorliegendes BFH-Urteil vom 21.01.2014). Es ist für den Werbungskostenabzug unmaßgeblich, ob die Veräußerung innerhalb der zehnjährigen Veräußerungsfrist erfolgt und steuerbar ist (BFH-Urteil vom 08.04.2014, siehe Deloitte Tax-News).

Vorinstanz
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 04.07.2012, 9 K 4673/08 E

Fundstelle
BFH, Urteil vom 21.01.2014, IX R 37/12
Pressemitteilung Nr. 38/14 vom 21.05.2014

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 08.04.2014, IX R 45/13, siehe Deloitte Tax-News
BFH, Urteil vom 20.06.2012, IX R 67/10, siehe Deloitte Tax-News 
BFH, Urteil vom 11.12.2012, IX R 15/12, nicht amtlich veröffentlicht, siehe Deloitte Tax-News 
BFH, Urteil vom 01.04.2009, IX R 39/08, BStBl II 2009, S. 776
BFH, Urteil vom 12.05.2009, IX R 18/08, nicht amtlich veröffentlicht

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