Zurück zur Übersicht
URL: http://www.deloitte-tax-news.de/steuern/unternehmensteuer/bfh-nichtberuecksichtigung-urspruenglicher-anschaffungskosten-nach-formwechsel.html
07.09.2012
Unternehmensteuer

BFH: Nichtberücksichtigung ursprünglicher Anschaffungskosten nach Formwechsel

Werden Anteile an einer Personengesellschaft, die durch eine formwechselnde Umwandlung einer GmbH entstanden ist, veräußert, so sind die ursprünglichen Anschaffungskosten der nicht wesentlich beteiligten GmbH-Gesellschafter bei einer späteren Veräußerung der Kommanditanteile nicht zu berücksichtigen. Dieses Ergebnis ist vom Gesetzgeber gewollt und auch verfassungsrechtlich unbedenklich, da der nicht wesentlich beteiligte Gesellschafter zivilrechtlich die Möglichkeit hatte, dem Formwechsel zu widersprechen und die Anteile vor dem Formwechsel steuerfrei zu veräußern.

Sachverhalt
Im Jahr 1998 erwarben R, S und W Gesellschaftsanteile der X GmbH von jeweils 3.000 DM zu Kaufpreisen in Höhe von je 100.000 DM. Sie hielten die Gesellschaftsanteile im Privatvermögen und waren nicht wesentlich i.S. § 17 EStG beteiligt. Mit Beschluss vom 22.08.2000 wurde die GmbH rückwirkend zum 01.01.1999 zu Buchwerten in eine Personengesellschaft, die X GmbH & Co. KG, die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), umgewandelt. R, S und W wurden Kommanditisten; ihre (Haft-)Einlagen entsprachen betragsmäßig ihren Stammeinlagen an der GmbH. R, S und W veräußerten ihre Kommanditbeteiligungen mit Wirkung zum 01.01.2004. In dem Gewinnfeststellungsbescheid für 2004 (Streitjahr) der Klägerin stellte das Finanzamt für die zum 01.01.2004 ausgeschiedenen Gesellschafter Veräußerungsgewinne fest, indem es von dem für die Veräußerung des Kommanditanteils vereinnahmten Kaufpreis die nominelle Beteiligung (3.000 DM) abzog. Hiergegen wandte sich die Klägerin und begehrte, dass die von R, S und W getragenen Anschaffungskosten der GmbH-Anteile (100.000 DM) bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns bzw. des Veräußerungsverlustes zu berücksichtigen seien. Die Klage hatte keinen Erfolg.  

Entscheidung
Die Revision ist zurückzuweisen. Das Finanzamt hat zu Recht die ursprünglichen Anschaffungskosten für den Erwerb der Gesellschaftsanteile an der GmbH bei der Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung der Mitunternehmeranteile (Kommanditanteile) an der Klägerin nicht abgezogen. Diese Anschaffungskosten haben keinen Eingang in das anteilige Kapitalkonto bei der Personengesellschaft gefunden. Sie können auch nicht durch die Aufstellung einer positiven Ergänzungsbilanz berücksichtigt und bei der Veräußerung der Mitunternehmeranteile (Kommanditanteile) in Abzug gebracht werden.

Der nicht wesentlich beteiligte Gesellschafter, der seine Beteiligung an der umgewandelten Kapitalgesellschaft im Privatvermögen hält, nimmt nicht an der Ermittlung des Übernahmeergebnisses der Personengesellschaft teil (§ 4 Abs. 4 S. 3 UmwStG 1995). Der Wert seines Anteils an den Wirtschaftsgütern bleibt bei der Ermittlung des Übernahmegewinns oder des Übernahmeverlustes außer Ansatz. Ein vormals nicht wesentlich beteiligter Gesellschafter hat bei der Veräußerung seines Mitunternehmeranteils auch die vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag entstandenen stillen Reserven zu versteuern, die er, soweit sie auf den Zeitraum vor der Anschaffung der Gesellschaftsanteile (hier: an der GmbH) entfallen, möglicherweise bereits im Rahmen dieser Anschaffung dem Veräußerer der Gesellschaftsanteile vergütet hatte. Gleichwohl können die ursprünglichen Anschaffungskosten für die nicht wesentliche Beteiligung an der GmbH nicht durch die Bildung einer Ergänzungsbilanz berücksichtigt und bei der Veräußerung des Mitunternehmeranteils abgezogen werden. Eine Ergänzungsbilanz ist sowohl nach dem Wortlaut als auch nach der Systematik und dem Zweck der Regelung der §§ 3 ff. UmwStG 1995 i.V.m. § 14 UmwStG 1995 ausgeschlossen.

Die ursprünglichen Anschaffungskosten für die GmbH-Beteiligung können auch nicht als Einlage berücksichtigt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG), da die nicht wesentlich an der GmbH Beteiligten ihre Kapitalbeteiligung nicht in das Gesellschaftsvermögen der Klägerin eingelegt haben. Sie sind vielmehr kraft Gesetzes an dem neuen Rechtsträger, hier der Klägerin, beteiligt (§ 202 Abs. 1 Nr. 2 UmwG). Eine analoge Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG scheidet aus, weil es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt. Der Gesetzgeber geht im Zusammenhang mit der formwechselnden Umwandlung grundsätzlich nicht von einer Einlage der Anteile an der übertragenden Kapitalgesellschaft aus und wollte die Annahme einer "fiktiven" Einlage nur auf die bisher steuerverstrickte Kapitalbeteiligung und nicht auch auf die bisher nicht steuerverstrickte Kapitalbeteiligung der nicht wesentlich beteiligten Anteilseigner erstrecken.

Die Nichtberücksichtigung der ursprünglichen Anschaffungskosten eines nicht wesentlich beteiligten Gesellschafters begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zwar liegt hier eine Ungleichbehandlung vor, da die Anschaffungskosten der Anteilseigner, deren Kapitalbeteiligung steuerverstrickt war, durch den Ansatz des Buchwerts bzw. der Einlagefiktion bei der Ermittlung des Übernahmegewinns bzw. -verlustes berücksichtigt werden. Diese unterschiedliche Behandlung ist jedoch gerechtfertigt, da die Beteiligungen bereits vor dem Formwechsel steuerverstrickt waren und nur für diese Gesellschafter ein Übernahmegewinn gemäß § 4 Abs. 4 UmwStG 1995 festgestellt werden kann. Die Gesellschafter der formwechselnden Kapitalgesellschaft (so auch R, S und W) haben dem Buchwertansatz zugestimmt. Den mit dem Formwechsel verbundenen steuerlichen Rechtsfolgen hätten sie aber ausweichen können, indem sie dem Umwandlungsbeschluss gemäß § 207 UmwG widersprochen und gegen eine angemessene Abfindung ihre Kapitalbeteiligung vor dem erfolgten Formwechsel an den formwechselnden Rechtsträger, hier die GmbH, hätten veräußern können. In diesem Fall hätten sie die in den Kapitalanteilen enthaltenen stillen Reserven steuerfrei realisieren können. Alternativ hätten sie auch die Möglichkeit gehabt, die Anteile an der GmbH vor deren Umwandlung "freihändig" zu veräußern und sodann die Mitunternehmeranteile an der formwechselnd errichteten KG zurück zu erwerben (vgl. BFH-Urteile vom 25.08.2009 und 07.12.2010).

Betroffene Norm
§ 4 Abs. 4 UmwStG 1995
Streitjahr 2004

Vorinstanz
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 05.06.2008, 10 K 426/05

Fundstelle
BFH, Urteil vom 12.07.2012, IV R 39/09, BStBl II 2012, S. 728 
inhaltsgleich: BFH, Urteil vom 12.07.2012, IV R 12/11, nicht amtlich veröffentlicht 

Weitere Fundstellen
BFH, Urteil vom 25.08.2009, IX R 60/07, BStBl II 2009, S. 999, siehe Deloitte Tax-News 
BFH, Urteil vom 07.12.2010, IX R 40/09, BStBl II 2011, S. 427, siehe Deloitte Tax-News

www.deloitte-tax-news.de Diese Mandanteninformation enthält ausschließlich allgemeine Informationen, die nicht geeignet sind, den besonderen Umständen eines Einzelfalles gerecht zu werden. Sie hat nicht den Sinn, Grundlage für wirtschaftliche oder sonstige Entscheidungen jedweder Art zu sein. Sie stellt keine Beratung, Auskunft oder ein rechtsverbindliches Angebot dar und ist auch nicht geeignet, eine persönliche Beratung zu ersetzen. Sollte jemand Entscheidungen jedweder Art auf Inhalte dieser Mandanteninformation oder Teile davon stützen, handelt dieser ausschließlich auf eigenes Risiko. Deloitte GmbH übernimmt keinerlei Garantie oder Gewährleistung noch haftet sie in irgendeiner anderen Weise für den Inhalt dieser Mandanteninformation. Aus diesem Grunde empfehlen wir stets, eine persönliche Beratung einzuholen.

This client information exclusively contains general information not suitable for addressing the particular circumstances of any individual case. Its purpose is not to be used as a basis for commercial decisions or decisions of any other kind. This client information does neither constitute any advice nor any legally binding information or offer and shall not be deemed suitable for substituting personal advice under any circumstances. Should you base decisions of any kind on the contents of this client information or extracts therefrom, you act solely at your own risk. Deloitte GmbH will not assume any guarantee nor warranty and will not be liable in any other form for the content of this client information. Therefore, we always recommend to obtain personal advice.